Der zehnte Spieltag in Deutschland: Leipzig nun punktgleich mit Bayern
Deutschland 8.November.2016 Ral 0
Der zehnte Spieltag der deutschen Bundesliga in der Zusammenfassung.
Mea Culpa, Niko Kovac
Die Fähigkeiten des Trainers Niko Kovac wurden vor der Saison von den meisten, die sich mit der deutschen Bundesliga beschäftigen, mit dem Vermerk „zweifelhaft“ versehen. Es ging hier um konkrete Fragezeichen, die hinter dem Wirken des Kroaten standen. Würde die, bei Kovac teilweise ins esoterische abdriftende, Ansprache des Abstiegskampfs, auch über eine ganze Saison wirken? Kann man mit defensiv-orientiertem Kampffußball über 34 Spieltage reüssieren? Zwischenfazit nach zehn Spieltagen: die Hessen stehen nach dem 1:0-Erfolg über den 1. FC Köln derzeit mit 18 Punkten auf Platz sieben der Tabelle – mit Tendenz nach oben. Kovac hat in der Vorbereitung an einigen Stellschrauben gedreht und ein kluges, effizientes Defensivsystem implementiert, das auch die Kölner Offensive um Anthony Modeste zur Verzweiflung brachte. Dank starkem Gegenpressing und einer funktionierenden, stabilen Mannschaft, reichte das frühe Tor von Mijat Gacinovic zum nicht unverdienten Heimerfolg. Noch so eine Stärke der Eintracht unter Kovac: Von insgesamt zehn Pflichtspielsiegen, gewann das Team aus der deutschen Finanzmetropole acht mit einem Tor Vorsprung. Köln zeigte zwar in der zweiten Hälfte eine gute Leistung, die Hypothek der schwachen ersten Halbzeit wog letztendlich aber zu schwer.
Hoffenheim trotzt den Bayern – Leipzig zieht gleich
Der FC Bayern bleibt auch im 17. Aufeinandertreffen mit der TSG ohne Niederlage. Das ist zunächst die positive Nachricht für den deutschen Rekordmeister. Aber auch die Kraichgauer bleiben nach dem 1:1 in der Allianz Arena weiterhin ungeschlagen. Den Erhalt dieses Status verdiente sich das Team von Julian Nagelsmann aufgrund einer disziplinierten Defensivleistung, gesunder Aggressivität und hohem läuferischen Aufwand. Im Bezug auf Letzterem stellte man mit 123,2 gelaufenen Kilometern einen neuen Saisonrekord auf. Vor allem Kerem Demirbay zeichnete sich hier mit 12,7 km aus. Aber nicht nur in diesem Punkt bewies der Neuzugang seine derzeitige Unverzichtbarkeit für die TSG. Der Mittelfeldspieler erzielte das 1:0 und holte damit aus den letzten sechs Spielen, fünf Scorerpunkte. Die Bayern kamen, dank eines Eigentores von Hoffenheims Steven Zuber, zum verdienten Ausgleich, kassierten aber nun in acht der letzten neun Pflichtspielen mindestens ein Gegentor und erzielten in dieser Partie, trotz 21 Schüssen, nur einen Treffer. Die beste Chance zum Siegtreffer vergab Thomas Müller, der kurz vor Schluss nur den Pfosten traf. Das Remis war am Ende des Tages das gerechte Ergebnis.
Vom Remis der Bayern profitiert vor allem Aufsteiger und erster Verfolger RB Leipzig. Die Mannschaft von Trainer Ralph Hasenhüttl zog nach dem 3:1-Erfolg über Mainz 05 mit dem aktuellen Tabellenführer aus München nach Punkten gleich. Bereits in der dritten Minute gingen die Sachsen durch den überragenden Timo Werner in Führung. Der 10-Millionen-Neuzugang war von den Mainzern nie in den Griff zu bekommen und spielte immer wieder seine teils frappierenden Tempovorteile aus. Während Werner beim 2:0 noch Kollege Forsberg assistierte, sorge er noch in der ersten Halbzeit für das 3:0. Alle drei Treffer fielen nach der fast schon klassischen Leipziger Blaupause: Balleroberung im Mittelfeld, extrem schnelles Umschalten, mit Tempo aufs gegnerische Tor und treffen. Einfach, aber auch weiterhin effektiv. Für die in allen Belangen unterlegenen Rheinhessen reichte es in der zweiten Hälfte nur noch zum Anschlusstreffer durch Stefan Bell.
Der HSV und Ingolstadt stürmen ungebremst… auf den Abgrund zu
Das Positive zuerst: Hamburg gelang es gegen Dortmund, nach langer Durststrecke, mal wieder ins Tor zu treffen. Aufgrund haarsträubender individueller Fehler, Auflösungserscheinungen in der Defensive und der wohl stärksten Einzelperformance der bisherigen Saison, waren die zwei Tore von Nicolai Müller am Ende wertlos. Die sportliche Lage in Hamburg war bereits vor dem 2:5 – Heimniederlage, und das an Uwe Seelers 80. Geburtstag, überaus prekär. Viel hat sich nach dem geleisteten Offenbarungseid nicht geändert. Natürlich wird in Hamburg nun weiter krampfhaft nach Sündenböcken für die Misere gesucht, wobei mittlerweile auch dem verbohrtesten Nordlicht gewahr werden müsste, das die gesamte Struktur beim HSV, mit Verlaub, im Allerwertesten ist.
Natürlich muss an dieser Stelle, zumindest kurz, die Monsterleistung von Pierre-Emerick Aubameyang erwähnt werden. Zwar machte es die HSV-Defensive dem Gabuner auch allzu einfach, dennoch müssen vier Tore in einem Spiel erst einmal erzielt werden. Zudem lieferte der, unter der Woche wegen eines unerlaubten Trips nach Mailand noch suspendierte, Stürmer den Assist zum Treffer von Ousmane Dembele.
Während Hamburg zumindest Tore erzielte und so wenigstens ein offensives Lebenszeichen von sich gab, lieferte Ingolstadt bei der 2:0-Heimniederlage gegen den FC Augsburg (Tore: Raul Bobadilla und Halil Altintop) eine blutleere und ängstliche Vorstellung ab. Nach vorne verkörpern die Schanzer bereits über die gesamte bisherige Saison kein Bundesliganiveau. Auch der letztes Jahr noch so gerühmten Defensive, kann aktuell keine Bundesligatauglichkeits-Medaille verliehen werden. Noch nicht mal kämpferisch machten die Bayern den Eindruck, in irgendeiner Form für ihren angezählten Trainer Markus Kauczinski zu spielen. Nun wurde der 46-Jährige entlassen, ein Nachfolger steht noch nicht fest.
Beide Mannschaften haben weiterhin nur zwei Punkte auf dem Konto. Eine zeitnahe Besserung scheint nicht in Sicht. Beide Vereine stehen vor einer waschechten Herkulesaufgabe.
Shortnotes
Gladbacher Super-Gau: Vielmehr kann in einem Fußballspiel eigentlich nicht schieflaufen. Erst verletzte sich der bis dato beste Gladbacher Akteur Patrick Herrmann (siehe Tragödie des Tages) in der Partie gegen Berlin, dann reagierte man nicht schnell genug auf die Verletzung und war beim 0:1 durch Salomon Kalou nur zu Zehnt auf dem Platz. Eine dauerhafte Dezimierung erlitten die Borussen zu allem Überfluss durch den Platzverweis von Christoph Kramer kurz vor der Halbzeit und direkt nach dem 0:2, ebenfalls durch Kalou. Damit war das Spiel gelaufen. Kurz vor Schluss setzte der überragende Ivorer auch noch den Schlusspunkt zum verdienten 3:0-Erfolg der Hertha, die damit oben dran bleiben. Gladbach bleibt im Mittelfeld, muss sich aber nun eher nach unten orientieren.
Wolfsburger Befreiungsschlag: Sie können es also doch noch: bei den heimstarken Freiburgern gelang den Wölfen im Dauerregen ein 3:0-Erfolg. Eigentlich waren die Breisgauer die aktivere Mannschaft, Wolfsburg schaffte es aber diesmal, sich gute Gelegenheiten herauszuspielen und diese auch in Tore umzumünzen. Mario Gomez erzielte gleich zwei Treffer und findet immer mehr zu seiner Form. Kurz vor Schluss legte Christian Günter den durchgebrochenen Daniel Didavi im Strafraum. Folgerichtig kassierte der Freiburger die Rote Karte, den fälligen Elfmeter verwandelte Ricardo Rodriguez.
Zahlen und Fakten zu den restlichen Partien
Bayer Leverkusen 3:2 Darmstadt 98
Bayer Leverkusen hat nach zehn Spieltagen 16 Punkte auf dem Konto, bewegt sich damit im gewohnten Bereich unter Trainer Roger Schmidt; 2015/16 waren es 17 Zähler zu diesem Zeitpunkt und 2014/15 auch 16, am Ende qualifizierte sich Bayer jeweils für die Champions League.
Darmstadt ist das einzige Team ohne Auswärtspunkt, verlor alle fünf Gastspiele; fünf Auswärtsniederlagen in Folge bedeuten für die Lilien einen eingestellten Negativrekord in der Bundesliga-Historie.
Antonio Colak traf mit seiner ersten Aktion im Spiel, außerdem war auch Joker Mario Vrancic erfolgreich; fünf der zehn Saisontore der Lilien erzielten Einwechselspieler.
Hakan Calhanoglu erzielte 17 seiner 24 Bundesliga-Tore mit Weitschüssen. Julian Brandt erzielte sein erstes Saisontor, er war erstmals in der Bundesliga per Kopf erfolgreich. Das dritte Tor für Bayer steuerte der Chilene Charles Aranguiz bei.
FC Schalke 04 3:1 SV Werder Bremen
Schalke ist jetzt seit neun Pflichtspielen ohne Niederlage, sieben davon gewannen die Knappen.
Schalke gab 24 Torschüsse ab (Bremen acht); neuer Saisonrekord für die Königsblauen.
Alessandro Schöpf gelang sein erster Doppelpack für die Knappen und er legte auf dem Platz die größte Laufstrecke zurück (13,3 Kilometer). Nabil Bentaleb erzielte sein fünftes Tor in den letzten sechs Pflichtspielen, darunter vier Bundesliga-Tore in den letzten vier Partien; er ist der Top-Torschütze von Königsblau in dieser Saison.
Die aktuelle Bilanz von Werder ist die schlechteste seit 18 Jahren; nur 1998/99 und 1974/75 standen die Norddeutschen noch schlechter da als jetzt. Nur Bremen und der HSV holten aus den letzten drei Spielen keinen Punkt.
Tragödie des Spieltages
Patrick Herrmann: Nach mehreren schwerwiegenden Verletzungen in den letzten beiden Jahren, hatte sich Herrmann endlich wieder zurückgekämpft. Gegen Hertha sprühte er zunächst so vor Spielfreude. Nach einem Zweikampf mit Vedad Ibisevic dann die bittere Nachricht: Bänderriss im Sprunggelenk – wieder mehrere Wochen Pause.
Ral, abseits.at
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