Deutsche Nationalmannschaft: Löw und das Leistungsprinzip
DeutschlandEuropameisterschaft 2021 21.Mai.2021 Ral
Der Kader der deutschen Nationalmannschaft für die kommende Europameisterschaft hat ein paar Überraschungen parat. Insgesamt betrachtet hat sich Bundestrainer Joachim Löw aber wohl für die bestmögliche Auswahl entschieden. Etwas, dass ihm so nicht immer nachgesagt wurde.
Die Kadernominierungen im Vorfeld eines großen Turnieres sorgen fast schon naturgemäß für einiges an Gesprächsstoff. Die großen Fragen bleiben dabei stets die gleichen: Wer darf mit? Und wer muss zuhause bleiben? Die Spieler, um die es sich drehte, waren da im Laufe der Jahre fast austauschbar.
Immer gleich bleiben wird wohl auch, dass jeder Fußballfan in Deutschland für sich ein anderes Aufgebot berufen hätte, als der jeweilige Bundestrainer. Joachim Löw, derzeit noch in Amt und Würden, bildet hier keine Ausnahme.
Der Kader der deutschen Nationalmannschaft für die anstehende Europameisterschaft wirkt dabei jedoch wie ein Versuch, einen möglichst großen Konsens zu schaffen. Nicht wenige Fans fordern seit Monaten – oder besser gesagt: Jahren – die Rückkehr von Thomas Müller und Mats Hummels in die Nationalmannschaft. Dies hängt vor allem wohl damit zusammen, dass der von Löw verkündete Neuaufbau ohne Müller und Hummels sportlich doch gehörig ins Stottern geraten ist.
Sowohl Müller als auch Hummels werden nun mit zur Euro 2021 fahren. Löw gab die Nominierung der beiden bis dato Aussortierten gestern bekannt. Darin ein Zugeständnis an die breite Masse zu sehen, wäre sicher nicht richtig. Vielmehr scheint Löw vor seinem letzten Turnier eine Eigenschaft an den Tag gelegt zu haben, die ihm in der Vergangenheit viele abgesprochen haben. Nämlich von den eigenen Prinzipien abrücken zu können, wenn es die sportliche Lage verlangt.
Das trifft ebenfalls bei Kevin Volland zu. Der spielte seit Ende 2016 in Löws Überlegungen eigentlich keine Rolle mehr. Nach einer starke Saison bei der AS Monaco, wurde Volland nun etwas überraschend doch für die Europameisterschaft nominiert. Angesichts der Vollstrecker-Probleme in der Offensive keine schlechte Idee.
Ein vermeintlicher Löw-Liebling wie Julian Draxler hingegen, muss die Europameisterschaft vom Sofa aus verfolgen. Für ihn hatte der Bundestrainer keinen Platz im Aufgebot. Nun aber auszurufen, dass unter Löw jetzt das Leistungsprinzip regieren würde, trägt einen gewissen Populismus in sich. Denn in seiner nun rund 15-jährigen Amtszeit, hat Löw dieses zuvor sicher nicht außer Acht gelassen. Etwas anderes zu behaupten, wäre blödsinnig.
Ein Fall, über den sich jedoch dennoch durchaus streiten lässt, ist der von Ridle Baku. Der Wolfsburger hat bislang eine starke Saison gespielt und kann die Rolle eines defensiven Außenbahnspielers auf hohem Niveau erfüllen. Von diesem Spielertyp gibt es in Deutschland aktuell nicht allzu viele.
Doch diese Diskussion um einzelne Spieler wird es immer geben. Insgesamt betrachtet hat Löw den Kader sinnvoll zusammengestellt. Ob die deutsche Nationalmannschaft mit diesem auch sportlich am Ende wieder ganz oben mit dabei ist, dass steht auf einem ganz anderen Blatt.
Ral, abseits.at
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