Das Duell zwischen den beiden Topteams Deutschlands hat in den letzten Jahren schon oft, mit sehr unterschiedlichen Ausgängen, stattgefunden. Dennoch war diese Partie ein... DFB-Pokalfinale: Bayern schlägt den BVB mit der Überraschungs-Dreierkette

Dortmund vs BayernDas Duell zwischen den beiden Topteams Deutschlands hat in den letzten Jahren schon oft, mit sehr unterschiedlichen Ausgängen, stattgefunden. Dennoch war diese Partie ein Novum, denn nie hatte der BVB vor Anpfiff als leichter Favorit gegolten. Doch Guardiola schüttelte die Krise mit einer Systemumstellung ab.

Bayerns Dreierkette

Die Aufstellung des FCB verursachten natürlich unter anderem einige Ausfälle. Schweinsteiger, Thiago und Alaba konnten nicht mitwirken, Ribery war nicht fit genug für die Startelf, des Weiteren ist Mandzukic suspendiert worden. Beim FCB, der am ehesten in einem 3-4-3 antrat, hütete Neuer das Tor, vor ihm besetzten Martinez in der Zentrale und neben dem Spanier Boateng sowie Dante die Abwehr. Højbjerg rechts und Rafinha links flankierten sie als Flügelverteidiger, das Mittelfeldzentrum bildeten Kroos und Lahm. Lahm nahm hierbei die tiefere Rolle ein. Müller und Götze fungierten als hängende Spitzen, während Robben die vorderste Position inne hatte. Interessant war hierbei Müllers Rolle. Im Spiel gegen den Ball positionierte er sich häufig tiefer, wodurch Bayern sich in einem 3-5-2 formierte. Nach Balleroberung konnte er dann ausschwärmen und mit Tempo aus der Tiefe starten.

Beim BVB bestand die Viererkette vor Weidenfeller aus Piszcek, Sokratis, Hummels und Schmelzer. Sahin und Jojic frequentierten das Mittelfeldzentrum, mit Mkhitaryan rechts und Großkreutz links bot Klopp laufstarke Flügel auf. Am erfolgreichen Sturmduo mit Reus hinter Lewandowski rüttelte er nicht.

Dortmund kopiert die erfolgreiche Liga-Taktik

Die Borussia wendete das Rezept an, mit dem sie die Münchener bereits beim 3:0-Auswärtssieg in der Bundesliga in die Schranken gewiesen hatten. Sie agierten in einem Angriffspressing, das zwischen einem 4-4-1-1, 4-4-2, 4-3-3 und 4-2-1-3 pendelte. Lewandowski bewegte sich linksseitig, um das Spiel auf die eigene rechte Seite zu lenken. Dort stellte Reus den ballnächsten Mittelfeldspieler zu, wobei er oft vorrückte, sofern er den Gegenspieler dabei im Deckungsschatten halten konnte. Jedoch tauschten beide Stürmer manchmal die Positionen und taktischen Aufgaben. Mkhitaryan, der rechte Flügel, bewegte sich höher und eingerückter als Großkreutz auf der gegenüberliegenden Flanke. Dadurch konnte er entweder das zentrale Mittelfeld der Bayern zusätzlich bedrängen oder ihren Innenverteidiger anlaufen. Im ersten Fall verengt Dortmund somit das Zentrum und lenkt das Spiel zur Seitenauslinie, im zweiten Szenario verschwindet der gegnerische Außenverteidiger in Mkhitaryans Deckungsschatten, so dass mit dem richtigen Timing sogar eine aussichtsreiche Balleroberung möglich ist. Auch Reus spielte eine variable Rolle, so dass er, wenn Bayern den Ball auf Außen kontrollierte, keinen klaren Gegenspieler deckte, sondern auf mehrere Passwege spekulierte.

Das besondere an Dortmunds Taktik war, dass sie, obwohl sie extrem hoch pressten, dabei meistens ziemlich passiv blieben. Meistens waren die Münchener Innenverteidiger im Spielaufbau frei, weil die Dortmunder sich darauf fokussierten, Pässe ins Mittelfeld zu unterbinden. Im Bundesliga-Spiel zwischen diesen beiden Kontrahenten ließ Dortmund Bayern den Ball ebenfalls in der Abwehrkette zirkulieren, um dann nach einem unsauberen Pass blitzschnell zwingend zu werden. Auch im Champions-League-Finale 2013 gingen sie ähnlich vor. Wenn zusätzlich noch ein zentraler Mittelfeldakteur des BVB aufgerückt war, tummelten sich phasenweise vier Spieler gleichzeitig im Raum von Kroos und Lahm. Doch mit dem neuen System hat Guardiola ein Mittel entworfen, die Stärken der Dortmunder zumindest teilweise zu umgehen.

Lange Ballzirkulation, vertikale Kombinationen und hohe Pässe

Bayern ließ sich wie gewohnt im Spielaufbau weit zurückfallen, um den Ball kontrollieren zu können. Auch Neuer wurde in den Aufbau einbezogen. Der Unterschied zum verheerenden 0:3 bestand darin, dass Bayern nun einen zusätzlichen Verteidiger besaß, der als Anspielstation diente. Somit war es für Dortmund schwieriger, alle Verteidiger zuzustellen, wenn sie ins Pressing übergingen. Zudem positionierten sich die Flügelläufer, Rafinha und Højbjerg, etwas höher als die Außenverteidiger gewöhnlich. So konnten sie manchmal durch angehobene Pässe hinter dem Deckungsschatten des Dortmunder Flügelstürmers eingesetzt werden.

Im Allgemeinen griff Bayern allerdings durch die Zentrale an. Sie besaßen dort kreative Akteure, die vertikaler und durch die höhere Absicherung taktisch freier agierten als sonst. Robben in der Spitze bot sich oft für Pässe hinter die Abwehrkette an. Wegen seiner Schnelligkeit funktionierte das auch, aber zu einer Großchance gelangten sie auf diese Weise nicht. Diese Läufe, die Götze ebenfalls manchmal unternahm, zogen außerdem die Abwehrkette in die Tiefe, womit sich Raum zwischen den Linien öffnete. Da Bayern sehr variabel spielte, konnte Robben sich stattdessen auch in den rechten Halbraum absetzen. Damit kreierte Bayern die erste Chance des Spiels in der vierten Minute. Robben hatte sich vor der Abwehrkette etwas Raum erschlichen, dann legte er schnell zum aus der Tiefe heranpreschenden Müller raus. Weidenfeller wehrte den Schuss mit dem Gesicht ab.

Obwohl der FCB mehrmals erfolgreich den Raum vor der Abwehrkette infiltrierte, blieb die Anzahl an hochkarätigen Torchancen gering. Das lag wesentlich an zwei Faktoren: Zum einen spielte Bayern diese Angriffe zwar dynamisch und vertikaler aus als gewohnt, doch Dortmunds überragendes defensives Umschalten sowie ihre Endverteidigung vereitelten die Chance. Dortmunds Mittelfeld eilte blitzschnell kollektiv abgestimmt zurück, während die Abwehrkette sich zusammenzog, um die Schnittstellen zu verkleinern. Zum anderen konnte Bayern die daraus resultierenden Räume auf dem Flügel nicht nutzen, da die defensiv eingestellten Flügelverteidiger nicht schnell genug vorne waren, zumal Rafinha als Rechtsfuß auf der linken Seite nicht der richtige war, um druckvolles Flügelspiel zu initiieren.

Bayern dominiert Dortmunds Konterspiel

Auch wenn sie Dortmunds Abwehr lange nicht überwanden, ging die Hauptintention des neuen Systems auf: Der FCB ließ deutlich weniger Torchancen zu. Bei Ballverlust von Kroos oder Lahm sicherten schließlich drei Verteidiger ab, einer mehr als sonst. Zudem presste Bayern etwas tiefer und schematischer. Normalerweise verschlossen Robben und Götze die Innenverteidiger, während Müller oder Lahm den zurückfallenden Jojic anlief. Højbjerg und Rafinha deckten die Außenverteidiger, versuchten aber, sich nicht zu weit von ihren Hintermännern zu distanzieren.

Auch das Gegenpressing praktizierten sie etwas konservativer. Es war nicht so extrem auf direkte Ballrückeroberung ausgelegt, sondern darauf, den Ball auf die Flügel zu lenken und somit potentielle Konter zu entschleunigen. Dort warteten dann die Flügelverteidiger, die den langen Ball erzwangen. Deswegen lag die Passerfolgsquote des BVB bloß bei mageren 70%. Das führte dazu, dass ihre erste Torchance sich erst am Ende der ersten Halbzeit ereignete. Sie entstand durch einen langen Pass mit schneller Ablage und Verlagerung auf die linke Seite, wo sich Lewandowski gegen Højbjerg durchsetzte. Des Weiteren dienten viele kleine taktische Fouls dazu, Konter im Ansatz zu ersticken. Kroos, der um Haaresbreite an der Schwelle zur roten Karte wandelte, übertrieb es dabei.

Dortmund wird ebenbürtig

Nach dreißig Minuten wurde Ribery für den verletzten Lahm eingewechselt. Folglich rückte Götze neben Kroos. Ribery ließ sich häufig etwas weiter zurückfallen als Götze vorher, weshalb sich Müller im Gegenzug in höhere Gefilde begab. Der Franzose erwies sich insgesamt als zweischneidiges Schwert. Einerseits war er bei schnellen Gegenstößen gefährlich, weshalb Klopp später Kirch für mehr Defensivstärke brachte. Anderseits vernachlässigte er gelegentlich das Gegenpressing oder spielte gefährliche Fehlpässe. Später agierte Ribery dann breiter, so dass er öfter ins 1-gegen-1 gehen konnte. Dort fand er jedoch in Piszczek und Sokratis seine Meister.

Nach einer Stunde erhöhte Dortmund die Intensität. Mkhitaryan lief jetzt konsequenter die Innenverteidiger an, während Piszczek aggressiv auf Rafinha nachschob. Damit erzeugten sie mehr Druck, der Neuer zu zwei waghalsigen Aktionen verleitete. Das Spiel wurde ausgeglichener. Bayern setzte nun noch mehr auf Schnellangriffe, die Borussia verbuchte ihre beste Gelegenheit nach einem Freistoß von Reus. Da beide Defensivreihen sich dennoch kompakt, mit exzellentem Gegenpressing ausgestattet und nicht zuletzt zweikampfstark zeigten, dauerte es bis zur Verlängerung, bis die entscheidenden Treffer fielen.

Sokratis und Javi Martinez haben daran einen großen Anteil, weil sie defensiv brillierten. Sokratis präsentierte sich schier unüberwindbar im Zweikampf, während Martinez tödliche Pässe abfing und allein den Luftraum beherrschte. Die Verlängerung stellte sich zerfahrener dar, Krämpfe und leichte Fehler prägten das Bild. Jenes wurde abgerundet, als sich Müller mit letzter Kraft zum Strafraum des BVB schleppte, um irgendwie das 0:2 zu erzielen. Das war kein spielerischer Glanz mehr, sondern ausschließlich eine Willensleistung. Vorher hatte Robben sich bereits verewigt. Weidenfeller warf unpräzise ab, wodurch Boateng den Ball erkämpfen konnte. Die Flanke kam und der Niederländer traf. In den letzten Minuten drängten die Schwarzgelben sie dann in die Defensive, Bayern behauptete jedoch mit dem frischen van Buyten sowie Dante, Martinez und Boateng die Lufthoheit.

Fazit

Die Partie trug sich auf höchstem taktischem Niveau zu. Beide Mannschaften lieferten sich ein Duell, in dem erneut besonders das Gegenpressing herausstach. Daher entstand eine hohe Intensität mit vielen Zweikämpfen und Schnellangriffen. Der FC Bayern siegt verdient, da sie ob ihrer Systemumstellung weniger Torchancen zuließen als der BVB. Dortmund war offenbar davon überrascht, auch wenn sie sich im Spielverlauf besser an das 3-4-3 anpassten. Zudem war Bayern flexibel in der Wahl der Mittel, man sah Spielverlagerungen, flache, scharfe Pässe aus der Abwehr in den Zwischenlinienraum oder lange Zuspiele auf Robben. Also wurde das Duell zweier taktisch hervorragender Teams durch Guardiolas überraschende Umstellung entschieden.

Leonard Dung, abseits.at

Leonard Dung

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