Anthony Modeste hat sich in mit dem um ihn entstandenen Wechseltheater wenig Freunde gemacht. Eine der bislang längsten und kuriosesten Wechselpossen trug sich in... Die Akte Modeste

_1.FC Köln WappenAnthony Modeste hat sich in mit dem um ihn entstandenen Wechseltheater wenig Freunde gemacht.

Eine der bislang längsten und kuriosesten Wechselpossen trug sich in dieser Transferperiode nicht etwa in Madrid, Mailand oder München zu, sondern in… Köln! Im Mittelpunkt des eher unwürdigen Schauspiels stand der französische Stürmer Anthony Modeste. Dieser hatte seinen Verein, den 1. FC Köln, in der vergangenen Saison noch mit 25 Toren in die Europa League geschossen. Gleichzeitig die erste Qualifikation des „Effzeh“ für diesen Wettbewerb seit 25 Jahren. Unnötig zu sagen, dass der 29-Jährige wie ein Held gefeiert wurde.

Wie schnell sich das Blatt im Fußball aber wenden kann, zeigten die letzten Wochen. Das scheinbar ewige Hin und Her um Modeste, bleibt er oder geht er, hat nicht nur der Vereinsführung um Sportchef Jörg Schmadtke und Trainer Peter Stöger gründlich die Laune verhagelt, sondern dürfte auch den Anhängern sauer aufgestoßen sein. Nun stand Ende dieser Woche endgültig fest: Modeste wechselt nach China zu Tianjin Quanjian. Zunächst für zwei Jahre auf Leihbasis, danach jedoch verpflichtet sich der Klub vom ehemaligen Weltfußballer und Weltmeister Fabio Cannavaro – der Italiener fungiert in China als Trainer -, Modeste für kolportierte 29 Millionen Euro zu kaufen. Dieses etwas kompliziert anmutende Konstrukt hat seine Ursache in den strengen Transferregulierungen des chinesischen Verbandes. „Um irrationale Ausgaben für Spieler einzudämmen“, hatte dieser im Mai angekündigt, dass defizitäre Klubs einen Betrag in gleicher Höhe wie die Ablösesumme in den Fonds zur Entwicklung des chinesischen Fußballs zahlen müssen, um den heimischen Nachwuchs zu fördern. Liegt die Transfersumme für ausländische Spieler unter 45 Millionen Yuan (5,9 Mio Euro) und für chinesische unter 20 Millionen Yuan (2,6 Mio Euro), fließt das Geld zurück an den Klub, muss aber zusätzlich in die Jugendarbeit gesteckt werden.

Interesse an einer Verpflichtung von Modeste bekundete Tianjin Quanjian bereits zu Beginn des Jahres. Damals lehnten die Kölner im Hinblick auf ihre Ambitionen, sich für Europa zu qualifizieren, das Angebot noch ab. Doch zum Ende der Rückrunde zeichnete sich ein Verkauf des Toptorjägers immer deutlicher ab. Ein Transfer, der wohl auf beiderseitigem Interesse beruhte: Für Köln war es vermeintlich die letzte Chance, den eigentlich bis 2021 gebundenen Stürmer für eine Summe um die 30 Millionen Euro zu verkaufen, während Modeste in China ein Vermögen verdienen kann: ein Jahressalär von geschätzten zehn Millionen Euro steht dabei im Raum.

Dennoch gestaltete sich die Durchführung des Transfers zunächst als schwierig. Zwischendurch stand er gar komplett auf der Kippe, als die Kölner Verantwortlichen die Verhandlungen abbrachen. Dies lag wohl nicht an den chinesischen Verhandlungspartner, sondern eher an den zahlreichen Beratern Modestes, die alle etwas vom Kuchen abhaben wollten. Köln hatte da bereits für die vereinsinterne Rekordsumme von 15 Millionen Euro den Stürmer, und direkten Nachfolger von Modeste, Jhon Cordoba aus Mainz geholt. Zudem äußerste sich Modeste in der Öffentlichkeit dahingehend, dass er gar nicht wechseln wolle; vielmehr bestünden die Kölner auf einen Transfer. Sportchef Schmadtke verwies dies jedoch postwendend ins Reich der Fabeln.

Danach wurde es aber noch kurioser: Angeblich soll Modeste das Angebot nur als Druckmittel für andere europäische Vereine benutzt haben. Immer wieder wurde zuletzt der französische Traditionsklub Olympique Marseille als potentieller Interessent ins Spiel gebracht. Auch die Frau des Franzosen, Maeva Modeste, hatte scheinbar keine Lust mehr auf China. Die Kölner waren nun vollends bedient: Modeste wurde vom Training freigestellt. Er solle die Zeit nutzen, sich über seine Zukunftspläne klar zu werden, hieß es vonseiten des Vereins. Mehr wolle man zu diesem Thema nicht mehr sagen. Modeste hegte daraufhin die Absicht, vor dem Kölner Arbeitsgericht zu klagen. Mit dem Ziel, wieder am Training teilnehmen zu dürfen.

Dazu kam es aber nicht mehr, da nun feststehende Wechsel nach China wohl für die endgültige Volte in der Akte Modeste sorgte. In Köln wird man dem vor kurzem noch gefeierten Torjäger vermutlich keine Träne nachweinen. So äußerte sich  beispielsweise Vereinslegende Harald „Toni“ Schumacher zu dem Thema folgendermaßen: „Tony hat sich vieles kaputt gemacht und zumindest nicht die Wahrheit gesagt“, erklärte der frühere Nationaltorhüter dem Magazin „Fußball-Bild“. Der 63-Jährige kann das Verhalten des Torjägers nach eigenem Bekunden nicht begreifen: „So einen Transfer-Hickhack habe ich noch nie erlebt. Jeder hätte einen normalen Wechsel zu diesen Konditionen verstanden und ihm gegönnt. Ich weiß auch nicht, wer ihn am Ende falsch beraten hat.“

Ral, abseits.at

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