Hoibzeit is, wie die Bayern sagen. Die haben auch leicht reden, lachen sie doch mit neun Punkten Vorsprung von der Spitze der Tabelle. Pünktlich zum Rückrundenstart in der deutschen Bundesliga werfen wir einen Blick auf die Tabelle nach dem 17. Spieltag. Analog zur österreichischen Bundesliga betrachten wir Trends und Wahrscheinlichkeiten aus der Statistikecke und fragen uns unter anderem: Ist Bayern schon durch auf dem Weg zum Titel? Kann schon jemand für die 2. Liga planen? Welche neuen Halbzeitrekorde gibt es? Analysiert wurden die Heim-, Auswärts- und Gesamttabellenstände zur Saisonhälfte seit der Saison 2000/2001.
Im Tabellenvergleich: 6. Platz, wohin man schaut
153 Spiele wurden im Herbst in der wohl ausgeglichensten Spitzenliga Europas gespielt, mit 115 Siegen/Niederlagen und 38 Remis liegt man Mittelfeld der letzten 13 Saisonen auf Platz 6. Selbiges gilt für die 444 erzielten/erhaltenen Tore und die 421 vergebenen Punkte. Im Vergleich zu Österreich fällt auf, dass die Anzahl der geschossenen Tore viel stärker mit der Anzahl der Siege korreliert. Die Saisonhalbzeit mit den jeweils meisten Siegen, Toren, Punkten war 2010 (souveräner Meister Dortmund), jene mit den wenigsten 2006 (überraschender Meister Stuttgart). Einen solchen Gleichklang gibt es in Österreich nicht in diesem Ausmaß.
Differenzierter ist das Bild bei der Heim- und Auswärtstabelle. 47 Auswärtssiege bedeuten immerhin Platz 3, fünf Siege hinter dem Spitzenwert aus dem Jahr 2010. Entsprechend durchwachsen ist die Bilanz der Heimteams: 68 Siege bedeuten Platz 9 im Ranking, Spitzenreiter war hier das Jahr 2000 mit 85 Siegen. 200 geschossene Tore (Schnitt 1,31) auf fremden Plätzen sind ebenfalls ein beeindruckender Wert, Platz 2 hinter 212 Toren 2010 (Schnitt 1,39). Daheim hingegen wieder „nur“ 244 Tore (Schnitt 1,59), das bedeutet wieder Platz 9, auch hier Top das Jahr 2000 mit unglaublichen 291 Heimtoren (Schnitt 1,90).
Neue Halbzeitrekorde an der Spitze und im Keller
Als einzige Mannschaft und zum dritten Mal nach 2005 (Titelgewinn) und 2011 lacht Bayern München nicht nur gesamt, sondern auch von der Heim- und Auswärtstabelle vom ersten Platz. Im Gegensatz zu Österreich ist dies alleine noch kein statistischer Garant für den Titel. Die Bayern stellten auch eine Reihe von neuen Halbzeitrekorden auf oder ein: wenigste Gegentore (7, auch Stuttgart 2003), keine Auswärtsniederlage (auch Leverkusen 2010 und 2009, HSV 2009 und 2005, Stuttgart 2005 – keines dieser Teams wurde aber Meister!!!), nur ein Gegentor auswärts, beste Tordifferenz auswärts (+19). Mit keiner Heimniederlage schließt Leverkusen als bislang 25. Team ab. Nur 2004 und 2010 gelang es keiner Mannschaft, zu Hause ungeschlagen zu bleiben, Spitzenreiter ist das Jahr 2008, wo dies mit Hoffenheim, Meister Wolfsburg, dem HSV und Dortmund gleich vier Teams schafften.
Auch im Tabellenkeller gibt es Rekorde zu verzeichnen. Nur ein Sieg von Augsburg und Fürth ist negative Ligaspitze, das schafften zuvor auch Hertha 2009, Bochum 2008, HSV und Mainz 2006 und St. Pauli 2001. Interessant dabei: nur drei dieser fünf Mannschaften stiegen auch ab, die Chance ist also hoch, dass eine der beiden schlechtesten Mannschaften 2012 den rettenden 15. oder 16. (Relegation) Platz noch erreicht. Fürth stellt mit nur 11 erzielten Toren der Rekord von Mainz 2006 und Köln 2001 ein, beide stiegen damals ab. Keinen Heimsieg wie in Fürth gab es schon dreimal (Gladbach 2010, HSV 2006, Rostock 2004 (Abstieg)), vier erzielte Heimtore sind allerdings ein neuer Bundesligarekord und unterbieten unter anderem die fünf Tore von Rostock 2004, jener Mannschaft, die noch immer als schlechtestes Heimteam des Jahrtausends gilt (die Negativrekorde: 0 Heimsiege, 8 Niederlagen, 25 Gegentore, -20 Tordifferenz, nur 1 Punkt). Auch Augsburg als schlechtestes Auswärtsteam stellt mit null Auswärtssiegen den Rekord ein, dies gelang zuvor 17 (!!!) anderen Mannschaften, darunter auch Meister Wolfsburg 2008 – übrigens die einzige Saison, wo gleich 4 Teams keinen Auswärtssieg nach 17 Spieltagen verbuchen konnten. Nur 7 dieser 17 Teams stiegen auch ab. Fürth hat statistisch also die deutlich schlechteren Karten als Augsburg, obwohl beide punktgleich sind.
Prognose Meister
Die Bayern: nach zwei Saisonen ohne Titel liegt man scheinbar komfortable neun Punkte vor Leverkusen, gar zwölf vor Meister Dortmund, der Nemesis der beiden letzten Spielzeiten. Man stellte Rekorde auf und ein, was soll da noch schief gehen? Können die Roten aus der Hauptstadt des Freistaates das Weißbier schon kalt stellen? Jeder zweite Herbstmeister holte am Ende den Titel, das ist vergleichbar mit Österreich. War man vorne, betrug der durchschnittliche Vorsprung vier Punkte, den Rekord hält Dortmund 2010 mit zehn Punkten, damals vor Mainz und Leverkusen. Vier Punkte betrug im Jahr 2006 der Rückstand von Stuttgart auf Bremen und Schalke, die Schwaben stellten mit dem Aufholen dieses Rückstandes einen neuen Rekord im 3. Jahrtausend auf. Aber, liebe Bayern, da gibt es ja noch die Niedersachsen aus der VW-Stadt. 2008 unter Felix Magath lag Wolfsburg neun Punkte hinter Hoffenheim und Bayern auf Platz 9 der Herbsttabelle und schaffte mit einem unglaublichen Frühjahr das Unmögliche. Die großen Bayern haben also schon einmal einen solchen Vorsprung verspielt, sie werden entsprechend gewarnt sein.
Nur dreimal war der spätere Meister das beste Heimteam zur Halbzeit, aber fünfmal das beste Auswärtsteam, genau umgekehrt zur österreichischen Liga. Die Kombination schafften die Bayern bereits einmal, die Chance auf den Titel ist also entsprechend gegeben, vor allem, wenn sich die beeindruckende Auswärtsstärke vom Herbst fortsetzt.
Prognose Absteiger
In Österreich liegt die Chance, abzusteigen, wenn man zur Halbzeit auf einem Abstiegsplatz liegt, bei satten 83%, der durchschnittliche Rückstand betrug bereits sechs Punkte. Ganz anders das Bild in Deutschland, hier liegt die Wahrscheinlichkeit bei gerade mal 59% mit nur knapp über drei Punkten Rückstand. Diese erstaunliche Verbesserung könnte zum einen damit zu tun haben, dass es zwei bis drei Absteiger gibt. Zum anderen haben die deutschen Klubs wohl eine stärkere Finanzkraft als österreichische Abstiegskandidaten und können in der Winterpause kräftiger investieren, um ihre Tabellensituation zu verbessern. Vielleicht wird auch „intelligenter“ eingekauft, siehe etwa die Panikkäufe von Kapfenberg 2011 samt Trainerwechsel. Wenn man die Punkteausbeute damals ansieht, wäre es billiger gewesen, im Frühling mit der der U19 anzutreten und das Geld statt für schwache Legionäre in eine Rasenheizung zu investieren.
Der Tabellenletzte in Deutschland stieg am Ende zwar acht von zwölfmal ab, der kurzfristige Trend zeigt aber, dass in den letzten 4 Jahren nur Hertha 2009/2010 als Letzter den Gang in Liga 2 antreten musste. Frankfurt war 2010 sogar 7. (26 Punkte, auch als einziges Team mit +3 ein positives Torverhältnis) und stieg ab, das einzige Mal, dass dies eine Mannschaft aus der oberen Tabellenhälfte schaffte. Interessant der Blick auf Heim- und Auswärtsbilanz: von 34 Absteigern (zweimal wurde die Klasse in der Relegation gehalten) befanden sich gleich 19 (56%) unter dem 3 schlechtesten Heimteams (diesmal Augsburg, Wolfsburg, Fürth), aber nur 12 (35%) unter den drei schlechtesten Auswärtsteams (diesmal Fürth, Hoffenheim, Augsburg). Hier bestätigt sich die Erkenntnis aus Österreich, wo Absteiger vor allem zu Hause wertvolle Punkte liegenlassen. Die Kombination aus beiden gelang sieben Teams (diesmal Augsburg und Fürth), nur vier Teams (Augsburg und Freiburg 2011, Stuttgart 2010, Gladbach 2008) schafften den Klassenerhalt mit einer solchen Negativbilanz. Die Augsburger haben mit dieser Situation also schon Erfahrung und damit vielleicht einen psychologischen Vorteil, vor allem gegenüber Fürth.
Die beste Heimmannschaft nach der Hinrunde, die noch abstieg, war Bielefeld 2002 als 5., die beste Auswärtsmannschaft mit diesem Schicksal war Frankfurt 2010 als 4. Mit Ausnahme der Frankfurter stieg auch noch nie ein Team ab, das nach 17 Spielen mehr als 22 Punkte auf dem Konto hatte.
Christian Ditz, abseits.at
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