Fragt man einen jungen Spieler, bei welchem Klub er später gerne einmal auflaufen würde, fallen immer die gleichen Sätze. „Ich will zu Barcelona“, „Mein... Die Schattenseite der Talenteschmiede

Fragt man einen jungen Spieler, bei welchem Klub er später gerne einmal auflaufen würde, fallen immer die gleichen Sätze. „Ich will zu Barcelona“, „Mein Traumklub ist Manchester United“ oder „Real Madrid wäre super“ bekommt man da zu hören. Ebenfalls sehr beliebt bei österreichischen Jungkickern ist der FC Bayern. Glücklich werden dort allerdings die wenigsten.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Im Laufe der letzten Jahre stieg die Zahl der Nachwuchs-Österreicher beim deutschen Rekordmeister kontinuierlich an. Die gute Nachwuchsarbeit der Bayern hat sich mittlerweile bis nach Österreich durchgesprochen, nachdem Superstars wie Franck Ribery oder Arjen Robben verpflichtet wurden, pflegte der Klub ein noch glanzvolleres Image. Doch oft ist nicht alles Gold, was glänzt. Im Fernsehen sehen junge Talente die kleine  Auslese an Spielern, die den Sprung in den Profikader geschafft und sich in der ersten Mannschaft etabliert haben. Daraus leiten viele ab, dass es nur ein kleiner Schritt vom Nachwuchsbayer zum deutschen Meister ist. Dabei wird vergessen, dass die Quote an Spielern, die niemals den Sprung in die Höhen des internationalen Profifußballs schaffen um ein Vielfaches höher ist, als jene der späteren Superstars. Leider zeigt sich dieses Phänomen in letzter Zeit auch immer häufiger bei österreichischen Nachwuchskickern. Mit dem großen Vorbild David Alaba, der bei den rot-weiß-roten Talenten schon beinahe Heldenstatus genießt, schwärmen sie aus zum großen FC Bayern, um dort an ihrer Weltkarriere zu basteln. Leider endet die hoffnungsvolle Laufbahn aber immer öfter auf irgendwelchen Landesligaplätzen.

Viele abschreckende Beispiele

Beispiele gefällig? Christoph Knasmüllner wurde bei den Bayern jahrelang als neuer Toni Kroos gefeiert. Sämtliche Jugendtrainer des Spielmachers prophezeiten ihm eine große Zukunft und trauten ihm durchaus auch den Sprung in Bayerns erste Mannschaft zu. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann Knasmüllner erstmals Bundesligaluft schnuppern würde. Die Realität sieht Jahre später leider anders aus. Knasmüllner wurde derart mit Lob überhäuft, dass er irgendwann davon ausging, seine Entwicklung zum Klassemann würde früher oder später ohnehin automatisch erfolgen. Dem war nicht so, nachdem Herman Gerland als Amateure-Coach Knasmüllner endlich die Augen öffnen wollte, fühlte sich der sensible Mittelfeldspieler in seiner Ehre gekränkt und suchte das Weite anstatt wie von Gerland empfohlen an seinen Defiziten zu arbeiten. Wie groß die Unterschiede zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Selbst- und Fremdbild waren, zeigt die Tatsache, dass sich Knasmüllner bei seinem Wechsel zu Inter Mailand von einigen Managern einreden ließ, er würde garantiert schon im ersten Halbjahr bei den Nerazzuri in der ersten Mannschaft spielen und dort eine tragende Rolle einnehmen. Mittlerweile sieht der 19-Jährige seinen Kollegen beim FC Ingolstadt in der zweiten deutschen Liga dabei zu, wie sie sich tapfer gegen den Abstieg stemmen. Er selbst darf dabei kaum mithelfen. Vier Mal spielte er für Ingolstadts erste, vier Mal für die zweite Mannschaft. Statt Allianz-Arena oder San Siro heißt die Realität also Ingolstadts Tribüne.

Es lebe das Leistungsprinzip

Doch Knasmüllner stellt kein Einzelschicksal dar. Erst vor wenigen Tagen verließ Stürmer Deniz Mujic Bayerns Amateure nach drei Jahren in Richtung Pasching. Mit 21 spielt der Doppelstaatsbürger nun in der Regionalliga Mitte. Noch kein Alter, an dem die gesamte Karriere verbaut ist, im modernen Fußball sollte man mit 21 allerdings bereits über eine gewisse Perspektive verfügen.  Als Mujic 2007 nach München kam, sprachen die Verantwortlichen von einem hoffnungsvollen Talent, das man schnell in die zweite und langfristig in die erste Mannschaft integrieren wolle. Doch hoffnungsvoll sind sie alle, den Sprung schaffen die wenigsten. Es stellt sich die Frage, ob es nicht vernünftiger wäre, die Ausbildung bei einem etwas kleineren Klub zu absolvieren, um dann leichter den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen. Von dort aus kann man immer noch den Verein wechseln. Mujic hätte dieser Weg vermutlich besser getan – wie vielen anderen auch. Immer wieder hört man von Nachwuchsspielern, wie gnadenlos der Konkurrenzkampf bereits in den Nachwuchsauswahlen der Spitzenvereine ist. Jährlich teilen die Trainer einigen Spielern mit, dass nicht mehr mit ihnen geplant wird, weil die Leistung nicht stimmt – und neue, hoffnungsvolle Talente kommen nach. In seinem Buch beschreibt auch Sebastian Deisler die schweren Umstände in den „Talentefabriken“ Deutschlands. Nur die Besten der Besten setzen sich durch, was zählt, ist alleine das Leistungsprinzip. Viele kommen damit nicht klar und verschwinden in der Versenkung.

Viel Potential, hohes Risiko

Derzeit befinden sich allein in der U-19-Mannschaft von Bayern München sieben Österreicher. Sie alle träumen von der großen Karriere – und gehen dabei das Risiko eines tiefen Falls ein. Bleibt zu hoffen, dass die nächste Generation aus den Fällen von Mujic, Knasmüllner & Co. gelernt hat. Allen wird von den Bayern-Verantwortlichen großes Potential attestiert – was allerdings noch nichts heißen muss, wie man schon zu oft im Nachhinein feststellen musste. Dass man es aus Bayerns Nachwuchsschule auch in anderen Ländern durchaus zu großen Ehren bringen kann, zeigten zwei dicke Freunde. Steffen Hofmann geigte einst an der Säbener Straße gemeinsam mit Phillip Lahm oder Piotr Trochowski. Owen Hargreaves kann immerhin bereits auf Manchester United und Manchester City in seiner Vita verweisen. Und da gibt’s für die Österreicher ja immer noch das Paradebeispiel der perfekten Entwicklung – hoffentlich bleibt David Alaba nicht das einzige positive rot-weiß-rote Beispiel beim deutschen Rekordmeister.

Archimedes, www.abseits.at

Archimedes

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