Domenico Tedesco und Schalke 04: Zurück zu neuer Stärke
Deutschland 13.Oktober.2017 Lorenz Bildstein 0
Seit Beginn dieser Saison ist der Deutsch-Italiener Domenico Tedesco Cheftrainer beim Bundesligisten FC Schalke 04. Der Jahrgangsbeste an der Hennes-Weisweiler-Akademie für Fußballlehrer 2016, rettete in der letztjährigen Rückrunde den abstiegsbedrohten Zweitligisten Erzgebirge Aue. In der Branche gilt Tedesco spätestens seit diesem Erfolg als sehr flexibel und taktisch raffiniert.
Dem neuen Trainer in Gelsenkirchen wurde eine Mannschaft hinterlassen, die unter seinem geschassten Vorgänger Markus Weinzierl nicht so richtig zusammenfinden wollte. Gegenüber denen in letzter Zeit häufig geplagten Fans, zeigte sich der ehemalige Jugendtrainer des VfB Stuttgart von Anfang an als kommunikativ und zielstrebig. Mit dem Abgang der Vereinsikone Benedikt Höwedes in der abgelaufenen Transferperiode, moderierte Tedesco bereits zu Beginn seiner Amtszeit eine konsequente Entscheidung.
Defensive Marschroute für die Zukunft
„Ein Co-Trainer ist bei mir kein Hütchenaufsteller.“ Mit dieser Aussage in der Sommerpause untermauerte der in Esslingen aufgewachsene Coach früh die Ansprüche an seinen künftigen Assistenten Peter Perchtold. Ein wichtiges Element dieser aktuellen Mannschaftsführung ist Belastungssteuerung und das ständige Anbieten von Lösungsmöglichkeiten in sämtlichen Spielsituationen mithilfe modernster Videoanalyse.
Schon während des Sommer-Trainingslagers in Mittersill kristallisierte sich die Spielidee des begabten Trainers heraus. Im Leitfaden der Knappen gelten kluges Verschieben und Kompaktheit in allen Zonen als Schlagwörter. Das System wurde auf ein 3-4-3 beziehungsweise 5-3-2 umgeändert. Im Vergleich zu einer Formation mit vier Verteidigern, bieten sich in diesem Gebilde mehr Möglichkeiten für die beiden Wingbacks um im offensiven Drittel Überzahl herzustellen.
Insbesondere für die rechte Flügelposition der Abwehrreihe ist der lange verletzte Nationalspieler Alessandro Schöpf eine wertvolle Option. Er wird sich mit dem Abwehr-und Mittelfeld Hybridspieler Daniel Caligiuri um einen Platz in der Startelf duellieren. Mit durchschnittlich über 12 Kilometern pro Partie ist Schöpf der laufstärkste Spieler der deutschen Bundesliga. Auf der linken Seite im Abwehrverbund ist der agile aber bisher meist unauffällige Bastian Oczipka gesetzt.
Junge Hoffnungsträger
In der Innenverteidigung ist Thilo Kehrer ein absoluter Fixpunkt. Die Endverteidigung zählt zu seinen größten Stärken. Der deutsche U21-Auswahlspieler ist zudem auch im defensiven Mittelfeld einsetzbar, durchsetzungsstark und präsent in Luftzweikämpfen.
Eine große Rolle in den Plänen Tedescos, spielt überraschend der talentierte Weston McKennie. Die größten Stärken des US-Boys sind Übersicht und genaues Stellungsspiel. Diese Qualitätsmerkmale wurden bereits mit einigen Bundesliga-Einsätzen in dieser Spielzeit belohnt.
Im zentralen Mittelfeld ist der vom FC Barcelona und Bayern München umworbene Leon Goretzka, zusammen mit dem trickreichen Nabil Nentaleb, bei Domenico Tedesco ein absoluter Fixpunkt. Die beiden Jungstars unterstützen die pendelnde Viererkette je nach Bedarf und initiieren Schnellangriffe nach Umschaltsituationen.
Im Angriffstrio ist der französische Neuzugang Amine Harit auf der rechten Seite gesetzt. Mit flinken Tempowechseln wirbelt er die gegnerischen Abwehrreihen durcheinander und reißt Lücken für seinen ukrainischen Partner Yevhen Konoplyanka. Das Manko des Dribblers ist allerdings die Effizienz. Seine Abschlüsse generieren bisher keine Torgefahr.
Breel Embolo bringt ganz andere Stärken in die offensive Strategie der Schalker ein. Der Schweizer ist nach seinem Comeback wieder als bulliger Keilstürmer gefragt, dessen Qualitäten unbestritten sind. Vor allem seine Abschlussstärke wird dem Trainerstab gut zu Gesicht stehen.
Spielverhaltensweisen gegen starke Gegner
Bisher kann sich die Punkteausbeute in der Veltins-Arena und auch auswärts durchaus sehen lassen. Die Mannschaft agiert kollektiv sehr geschlossen – was auf ein Merkmal der neuen Impulse hinweist. Probleme treten gegen Gegner auf, die das Spiel der Schalker auf eigene Art und Weise kopieren. Bei der Auswärtsniederlage am zweiten Spieltag gegen Hannover 96, agierten die 96er ebenfalls mit einer Fünferkette. Waldemar Anton, der freie Mann in der hannoveranischen Innenverteidigung an jenem Nachmittag, verteidigte äußerst geschickt und war nicht vom Ball zu trennen.
Spiele wie diese demonstrieren, dass es Matches gibt bei denen man den ursprünglichen Plan wieder ändern muss wenn es offensichtlich nicht funktioniert. Eine Möglichkeit wäre es wieder zur Viererkette zurückzukehren, um damit wieder über einen Spieler mehr im offensiven Zentrum zu verfügen. Mit einem Mittelstürmer kann man das Ablagenspiel forcieren und variabel über die Flügel kombinieren. Gegen diese Variante spricht aber die Dreierkette die sich bisher bewährt hat – und mit guter Raumaufteilung glänzt. Der Kader ist nicht überdimensioniert und insgesamt gesehen, ist Tedesco mit seinem Team ein Sprung auf einen Europa-League-Qualifikationsplatz zuzutrauen.
Lorenz Bildstein, abseits.at
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