Gute Leistung trotz eines limitierten Systems: Florian Kleins Arbeitstag gegen den FC St. Pauli
Deutschland 10.August.2016 David Goigitzer 0
Beim 2:1-Sieg der Stuttgarter gegen St. Pauli spielte Florian Klein durch. Wir haben uns seine Leistung näher angesehen und sie für euch analysiert.
Zu simple Rolle im 4-4-2
Florian Klein startete in seiner angestammten Position als Rechtsverteidiger im 4-4-2 des VFB Stuttgart. Im Aufbau positionierte sich Klein nicht allzu hoch, dies scheint vor allem aus Absicherungsgründen vorgegeben zu sein, Trainer Jos Luhukay setzt auf defensive Stabilität.
Dennoch war es Klein nicht verboten sich etwas höher am Spielfeld an Angriffen zu beteiligen, was er in den ersten zehn Minuten bereits zwei, drei Mal tat. Durch seine etwas tiefere Position konnte er auch mehr Tempo aufnehmen und war außerhalb der Wahrnehmung des Gegners, sodass er meist recht frei an den Ball kam.
Im frühen Spielaufbau wurde Klein wie bereits erwähnt verhältnismäßig tief eingebunden, der Passwinkel zu seinen Mitspielern war immer recht stumpf. Seine primären Anspielstationen waren neben Verteidigungspartner Sunjic vor allem der tiefere Sechser Hosogai, zu dem er einige simple Pässe in die Mitte spielte. Diese waren jedoch meist horizontal, ohne wirklich Gegner zu überspielen. St. Pauli agierte im Pressing recht tief, sodass Klein meist erst ungefähr ab der Mittellinie Gegenwehr bekam.
Das Stuttgarter Positionsspiel gehört nicht unbedingt zum Besten was die 2. Liga in Deutschland zu bieten hat, weshalb neben diesen simplen Pässen auch meist nur der “Long-Line-Pass“ zu Vordermann Jean Zimmer möglich war. Im Anschluss versuchte Klein in Halbzeit eins einige Male durch Vorderlaufen seinem Mitspieler Räume für diagonale Dribblings zu schaffen, dieser wusste diese Hilfe jedoch nicht zu nutzen. Diagonalität ist prinzipiell im Spiel der Stuttgarter kaum anzutreffen, was die Rolle Kleins sehr einseitig und vorhersehbar macht.
Klein macht hier noch das Beste aus der Situation und schafft es, einen Pass auf Özcan im Sturm zu spielen. Hier sieht man gut, wie leicht die Stuttgarter Flügelspieler zu isolieren sind.
Negativ fiel sein Fehlpass in Minute 37 auf, als er von der Rechtsverteidigerposition zum linken Innenverteidiger Sama spielen wollte, die strukturellen Umstände dazu jedoch nicht gegeben waren. Bouhaddouz konnte den Ball nach einer kurze Hereingabe schlussendlich nur an die Stange setzen, auch weil Klein seinen Fehler ausbessern wollte und ihn entscheidend bedrängen konnte.
Kurz vor der Pause hatte Klein eine Torchance, als er nach einer Verlagerung in den Halbraum weit aufgerückt war. Nach einem Haken und einem Doppelpass mit klugem Lauf von Klein in den Strafraum fehlte ihm jedoch die passende Mitnahme, um einen platzierten Schuss anzubringen.
Stuttgarter Manndeckung
Jos Luhukay ist bekannter Vertreter der Manndeckung, der Gegner wird meist recht lange und eng verfolgt. Vor allem auf den Flügeln gibt es hier selten Übergabemechanismen, weshalb es Klein meist fast ausschließlich mit Kalla zu tun bekam, mit dem er sich einige Laufduelle lieferte. Leichte Zuteilungsprobleme gab es bei Überladungen der linken Pauli-Seite, wenn Bouhaddouz auf dem Flügel unterstützte und Sunjic sich oft zu weit mitziehen ließ.
Vor allem bei hohen Bällen auf den Hamburger Stürmer rückte er mit auf den Flügel, weshalb Klein reagieren musste und weit hinter Sunjic absichern und das Loch stopfen, gleichzeitig jedoch auf seinen zugeteilten Gegenspieler achten musste. Die Gäste aus Hamburg konnten diese prinzipiellen Probleme der Mannorientierung jedoch nicht bewusst ausnutzen, weshalb dies unbestraft blieb. Bis zum 0:1 in Minute 28, als Klein im Strafraum weggezogen wurde, da er seinen Gegenspieler verfolgen musste. Sunjic konnte Bouhaddouz, der hinter seinem Rücken in den Fünferraum gelaufen war, nicht sehen und richtig abdecken, weshalb der Hamburger Stürmer die Führung für die Gäste erzielen konnte.
Antizipation kommt nicht zum Tragen
Teilweise sah man die Umtriebigkeit, die Klein vor allem in der Defensive hat. In einigen Situationen zeigte er ein gutes Gefühl für mögliche lokale Kompaktheiten und Gegenpressing-Situationen. Dies könnte ein kleines Überbleibsel seiner von seiner Zeit bei Red Bull Salzburg sein. Zu seinem Nachteil ist das System des VFB Stuttgart ein anderes, deutlich simpleres. Deswegen sehen diese Situationen teilweise unglücklich aus, als ob Klein seine Position willkürlich verlassen würde. Die Erfolglosigkeit dieser Aktionen liegt jedoch meist daran, dass seine Mitspieler nicht genügend Druck ausüben und ihre Deckungsschatten schwach verwenden, sodass dann der Gegner gleich mehrere Stuttgarter überspielen kann. Jedoch könnte er seine Entscheidungen auch klüger treffen und nur in diese Situationen gehen, wenn er weiß, dass er auch individuell genug Einfluss besitzt um beim Ballgewinn mitzuhelfen.
Hier verlässt Klein seine Position um ins Gegenpressing zu gehen. Er macht dies mit gutem Timing und gewinnt den Ball.
Die zweite Halbzeit
Recht früh nach Anpfiff zeigte Klein zwei gute Diagonalpässe in die Spitze, deren Anschlussaktionen leider immer recht schwach waren. Schnelle Kombinationen fand man beim VfB an diesem Tag kaum, Kleins Aktionen hatten jedoch einige davon initiiert. Stürmer Özcan wich nun öfter auf den Flügel und die Halbräume aus, da in Halbzeit eins Klein schon gute Pässe in diese Räume gespielt hatte. Dies wurde im zweiten Durchgang nun bewusster durchgeführt.
Hier gewinnt Klein den Ball und findet Terodde mit einem guten Diagonalpass, der Stürmer kontrolliert den Ball jedoch anschließend nicht ideal.
Defensiv änderte sich von den Aufgaben Kleins nur wenig, St. Pauli spielte weiterhin vor allem hohe Bälle auf die Stürmer und der 30-jährige Linzer hatte seine Seite nun voll im Griff, sodass kaum Angriffe der Gäste über rechts liefen.
Fazit
Das Stuttgarter System ist limitiert. Das lässt vor allem Außenverteidiger, die keine herausragenden Dribbler oder Sprinter sind, ebenfalls limitiert und spielerisch simpel wirken. Selbst wenn Klein nicht unbedingt der kreativste Spieler ist, gab es jedoch immer wieder Ideen von ihm hinsichtlich eines diagonalen Spiels, die jedoch kaum eingebunden wurde. Hinzu kommen Kleins manchmal vorkommende technische Unsauberkeiten, die sein Können begrenzt wirken lassen. Jedoch spielte der Nationalspieler eine gute Partie, spielte mehrere gute Diagonalpässe auf die Stürmer im Zwischenlinienraum und trug maßgeblich zum Sieg der Schwaben bei.
David Goigitzer, abseits.at
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David Goigitzer
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