Ein turbulentes Montagabend-Spiel bildete den Abschluss des 32. Spieltages. Bei dem 6:2–Erfolg von Werder Bremen über den VfB Stuttgart demonstrierten beide Mannschaften, warum ihre Defensiven die schlechtesten der Liga sind. Eine Rückschau.
„I hate Mondays“ – Eine Pappfigur der Comicfigur Garfield in der Bremer Fankurve verdeutlichte die Haltung der Mehrheit der Fans gegenüber der Ansetzung des Spiels der DFL. Die Stuttgarter Ultras gaben schon vorher bekannt, das erste Montagsspiel seit 16 Jahren boykottieren zu wollen. Folglich fanden nur circa 700 Zuschauer Fans den Weg ins Weserstadion. An einem Montagabend eine Strecke von 600 Kilometer zu absolvieren, schreckt wohl auch den hartgesottesten Fan ab. Trotzdem war die Kulisse beeindruckend. Die Bremer Fans erzeugten einen echten „Roar“ und erweckten Erinnerungen an legendäre Bremer Europapokal-Abende zu neuem Leben. Über 90 Minuten peitschten sie ihre Mannschaft nach vorne und sorgten so dafür, dass die euphorisierte Stimmung auf ihre Mannschaft übersprang.
Bremer Orkan fegt über Stuttgart hinweg
Als wären die Ausfälle von Serey Die und Torjäger Daniel Ginczek bis Saisonende für den VfB nicht schon schwer genug zu verkraften, fehlte neben Kevin Großkreutz auch Kapitän Christian Gentner für das Spiel in Bremen. Werders Viktor Skripnik hingegen bot dieselbe Mannschaft, wie bei der Niederlage im Nordderby auf.
Werder begann sehr aggressiv und selbstbewusst. Die Norddeutschen gaben somit gleich zu Beginn die Marschroute für den Rest des Spiels vor. Folgerichtig erzielte Fin Bartels bereits in der 10. Minute die 1:0 –Führung für die Hanseaten. Die Stuttgarter zeigten aber zumindest in der ersten Halbzeit die Bereitschaft, sich nicht überrennen zu lassen und kamen durch Daniel Didavi in der 26. Minute zum nicht unverdienten Ausgleich.
Jedoch befindet sich der VfB derzeit in einem stattlichen Negativstrudel, was die erneute Bremer Führung verdeutlichte. Getreu nach dem wunderbaren Bonmot „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“, konnten sich VfB – Torhüter Tyton und Innenverteidiger Barba nicht einigen, wer von beiden nun zum Ball geht. Aus diesem Missverständnis resultierte in der 33. Minute das 2:1 für Werder – durch ein Eigentor vom Italiener Barba.
Die Hereingabe zum Führungstreffer gab Yatabare, was auch gleichzeitig dessen letzte Aktion war. Der Mann aus Mali verletzte sich und musste durch Levin Öztunali ersetzt werden. Der Enkel von Uwe Seeler zeigte nach seiner Auswechslung, warum er als eines der größten Talente im deutschen Fußball gilt und markierte nach Vorlage von Junuzovic in der 42. Minute den 3:1 – Halbzeit stand. Zu allem Überfluss für die Schwaben verletzte sich Didavi kurz vor dem Halbzeitpfiff, was das Ende für den Regisseur in diesem Spiel bedeutete.
Stuttgart fällt auseinander
Bereits in der ersten Hälfte zeichnete sich das Spiel der Stuttgarter durch eine hohe Zahl von individuellen Fehlern aus, wovon vor allem die Innenverteidigung um Georg Niedermeier und Federico Barba betroffen war. Letzterer konnte seinen Fehler beim 2:1 in der 53. Minute mit einem sehenswerten Hackentreffer zum 3:2–Anschluss wieder ausbügeln. Danach fiel die Abwehr der Stuttgarter aber komplett auseinander. Die Abstimmung in der Viererkette stimmten nun überhaupt nicht mehr. Es taten sich zwischen den einzelnen Spielen, sowie zwischen Abwehr und Mittelfeld Lücken im Grand-Canyon–Format auf. Von taktischer Disziplin konnte überhaupt keine Rede mehr sein, was Trainer Jürgen Kramny auf der Bank sichtlich zur Verzweiflung brachte. Auch Zweikämpfe standen ab sofort nicht mehr auf der Stuttgarter Tagesordnung. Man hatte auch in diesem Spiel den Eindruck, als wäre der VfB nicht in der Lage den Abstiegskampf anzunehmen. Scheinbar ist einigen Spielern immer noch nicht bewusst, in was für einer prekären Lage sich der Verein befindet.
Die Bremer nutzten die Zweikampfschwäche und Fehlpässe (112) der Stuttgarter immer wieder zu ihren Gunsten, wobei das Bremer Spiel selbst vor Fehlpässen (95) nicht gefeit war. Taktisch herrschte auch beim SV Werder zeitweise ein heilloses Durcheinander. Dieses Spiel war im Allgemeinen ein Paradebeispiel dafür, dass viele Tore noch lange keinen Indikator für ein fußballerisch hochklassiges Spiel darstellen. Die Partie lebte vor allem von dem Willen und der fast schon unwiderstehlichen Leidenschaft der Bremer. Die kann man auch dem VfB nicht absprechen, allein die Mittel fehlten. Ein Spieler wie Alexandru Maxim forderte im Mittelfeld immer wieder den Ball, konnte aber nichts Produktives damit anstellen. Die Stuttgarter hatten mit 61 Prozent zwar viel mehr Ballbesitz als Werder (nur 39 Prozent), war aber in Sachen gewonnener Zweikämpfen den Grün-Weißen deutlich unterlegen (VfB 41 Prozent, Werder 59 Prozent).
Obwohl es Werder in der zweiten Halbzeit offensiv sehr leicht gemacht wurde, überzeugte die hierfür zuständige Abteilung um Bartels, Öztunali und Pizarro. Der Letztgenannte sorgte mit seinem 14. Saisontreffer in der 64. Minute für das 4:2. Nach einem Luftloch von Niedermeier vollendete Bartels zum 5:2 in der 80. Minute. Die VfB-Abwehr war zu diesem Zeitpunkt zwar physisch anwesend, jedoch versuchte man diese Tatsache so gut es geht zu verschleiern. Den Schlusspunkt in dieser Stuttgarter Demontage setzte der eingewechselte Anthony Ujah in der 88. Minute.
Werder überholt Stuttgart
Der ausgewechselte Didavi bezeichnete das Spiel als „Schande“. Diese Darstellung scheint etwas übertrieben. Jedoch stürzt Stuttgart nach der vierten Niederlage in Folge, und nur 33 Punkten, auf einen direkten Abstiegplatz. Die Höhe der Niederlage war auch insofern unvorteilhaft, als dass der VfB mit nun -21 die zweitschlechteste Torbilanz der Liga ausweist. Für die Stuttgarter könnte dies noch verhängnisvoll werden. Mit 34 Punkten steht der SV Werder nun auf Platz 15 und konnte die Abstiegsränge damit verlassen.
Stuttgart muss am Wochenende gegen Mainz (H) ran, danach trifft man auf Wolfsburg (A). Bremen spielt noch in Köln und am letzten Spieltag kommt Eintracht Frankfurt zum Abstiegsendspiel ins Weserstadion.
Ral, abseits.at
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