Katerstimmung statt Partylaune am Oktoberfest. Für den FC Bayern läuft es derzeit in der Liga nicht nach Plan. Nach dem 7. Spieltag stehen die... Katerstimmung am Oktoberfest: Was ist mit den Bayern los?

Katerstimmung statt Partylaune am Oktoberfest. Für den FC Bayern läuft es derzeit in der Liga nicht nach Plan. Nach dem 7. Spieltag stehen die Münchner mit drei Siegen, drei Unentschieden und einer Niederlage nur auf Tabellenrang 5, der Rückstand auf die Spitze beträgt fünf Punkte. Von den letzten vier Spielen konnte kein einziges gewonnen werden. Die Hintergründe.

Fulminanter Start der Bayern in die Saison

5:3 im Supercup gegen Leipzig, 6:1 gegen Frankfurt, 2:0 gegen Wolfsburg und 7:0 gegen Bochum. Ein Schützenfest folgte auf das andere und bereits früh in der Saison war von einem Durchmarsch des FC Bayern München die Rede. Die Münchner zeigten schnellen Angriffsfußball, setzten ihre Gegner mittels Offensivpressing früh unter Druck, erzwangen Ballverluste und setzten die pfeilschnellen Mané, Musiala, Gnabry, Sané und Müller gekonnt ein.

Wendepunkt Gladbach

Das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach sollte den Wendepunkt in der bisherigen Saison markieren. Mehr Ballbesitz (69% zu 31%), mehr Torschüsse (20 zu 3), am Ende reichte es dennoch nur zu einem 1:1 gegen den Angstgegner. Marcus Thuram nutzte einen Patzer von Dayot Upamecano zur zwischenzeitigen Führung der Fohlen, die sich bis zur 83. Minute erfolgreich gegen feldüberlegene Bayern stemmten. Es war Leroy Sané, dem zumindest Schadensbegrenzung gelang und der das 1:1-Endergebnis fixierte. Zuvor waren die Münchner mehrmals am überragenden Schlussmann der Gladbacher, Yann Sommer, gescheitert. Sommer sollte schlussendlich zum „Man of the Match“ avancieren.

Gegen Mönchengladbach waren die Bayern drückend überlegen, wie die Live-Statistiken von Overlyzer zeigen.

Letzter Sieg in der Liga am 21.8.

Nach dem Unentschieden gegen Gladbach folgten weitere Unentschieden gegen Union Berlin (1:1), VfB Stuttgart (2:2) und am letzten Wochenende die überraschende Niederlage gegen den FC Augsburg (0:1). Dies markiert eine vier Spiele und damit einen Monat andauernde Durststrecke des FC Bayern, der letzte Sieg datiert vom 20.8. Es handelt sich um die schwärzeste Serie der Bayern seit 20 Jahren. Vier Spiele ohne Sieg in Folge gab es zuletzt 2001/2002 unter Ottmar Hitzfeld. Am Ende belegten die Bayern Platz 3, Hitzfeld blieb im Amt.

Die letzten Spiele zeichnen allesamt das gleiche Muster: Überlegene Bayern, mehr Ballbesitz, mehr Torchancen, eine mangelhafte Chancenverwertung und in der Defensive ist man trotz des Königstransfers von Matthijs de Ligt nach wie vor anfällig für Gegentreffer. Die Kaltschnäuzigkeit, die die Münchner noch zu Beginn der Saison ausgezeichnet hat, ist weg.

Trimmel mit Union Berlin Sensationsspitzenreiter

Nahezu makellos verläuft bisher die Saison für Union Berlin. Das Team um Kapitän Christopher Trimmel belegt nach sieben absolvierten Partien ungeschlagen Rang 1 in der Tabelle. Lediglich von Mainz 05 und dem FC Bayern trennte man sich unentschieden, gegen Schalke 04; Hertha BSC Berlin, 1. FC Köln, VFL Wolfsburg und RB Leipzig wurden hingegen Siege eingefahren. Die Elf um Urs Fischer knüpft damit nahtlos an die guten Leistungen der letzten Saison an und hat in diesem Jahr ein weiteren großen Schritt nach vorne gemacht, auch wenn man in der Europa League zwei Niederlagen hinnehmen musste.

Auf Platz 2 liegt derzeit Dortmund, gefolgt vom Überraschungsdritten SC Freiburg rund um die Leistungsträger Michael Gregoritsch und Philipp Lienhart. Erst hinter der TSG Hoffenheim folgt der FC Bayern auf Platz 5.

5 Punkte Rückstand auf die Spitze

Der Rückstand der Bayern auf die Spitze beträgt gegenwärtig fünf Punkte. Das nächste Ligaspiel bestreiten die Münchner am 30.9. gegen Bayer Leverkusen. Ein Spiel, in dem es für die Bayern bereits verlieren verboten heißt, will man verhindern, dass der Rückstand auf Spitzenreiter Union Berlin noch größer wird. Die Werkself aus Leverkusen ist denkbar schlecht in die Saison gestartet, liegt derzeit nur auf Rang 15.

Wackelt Nagelsmann?

Julian Nagelsmann war auf die Ergebnisse seiner Mannschaft zuletzt nicht gut zu sprechen. Verliert er in Leverkusen, so können die Treueschwüre von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic schnell der Vergangenheit angehören. Eine schnelle Trennung vom Meistermacher der letzten Saison ist aber jedenfalls bei einer Niederlage gegen Leverkusen noch nicht zu erwarten. Noch ist man in München, Aussagen von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic zufolge, überzeugt von Julian Nagelsmann. Bei einer erneuten Niederlage im darauf folgenden Spiel gegen Borussia Dortmund, wäre aber wohl Schluss für Nagelsmann, denn dann könnte der Rückstand auf die Spitze hypothetisch bereits 11 Punkte betragen. Mit Thomas Tuchel stünde ein Nachfolger, der das Anforderungsprofil der Bayern erfüllen würde, bereits ante portas. Nach dem gebürtigen Krumbacher soll bereits Juventus Turin die Fühler ausgestreckt haben. In Turin sieht sich Massimiliano Allegri nach der Talfahrt der letzten Wochen enormer Kritik ausgesetzt. Für Tuchel wäre der deutsche Rekordmeister aber wohl die attraktivere Adresse. Dass Tuchel gut zu den Bayern passen würde, steht außer Frage: Ein Trainer von Weltklasseformat, der als Trainer bereits in der deutschen Bundesliga für Furore gesorgt und mit Top-Klubs wie Paris Saint Germain und dem FC Chelsea Titel gewonnen hat.

Lewandowski-Drama als Ausgangspunkt für Vakuum im Sturm

Dass Robert Lewandowski den FC Bayern München im Sommer Richtung Barcelona verlassen würde, war spätestens mit Beginn der Saisonvorbereitung klar, in der der Pole mehrfach seinen Wechselwunsch geäußert hatte. Kahn und Salihamidzic erteilten dem Werben der Katalanen zwar medienwirksam eine Absage, hinter den Kulissen war der Abgang jedoch beschlossene Sache. Am Ende überwiesen die Katalanen 50 Millionen Euro für einen 33-jährigen, den sie ein Jahr später ablösefrei erhalten hätten und den die Bayern ohnedies nicht hätten halten können ohne das Mannschaftsgefüge zu zerstören. Auch wenn der Lewandowski-Wechsel alternativlos war und die Bayern finanziell noch ein gutes Geschäft gemacht haben, so ist die Torjägerqualität des Polen in München nur schwer zu ersetzen.

344 Tore-Mann schwer zu ersetzen

Robert Lewandowski sorgte in seiner Zeit beim FC Bayern in 375 Spielen für 344 Tore. Seine Nachfolger: Leroy Sane, Sadio Mané, Thomas Müller, Serge Gnabry, Jamal Musiala – klingende Namen mit großer Qualität. Sie alle verbindet aber, dass sie Flügelspieler oder hängende Spitzen sind aber keine klassischen Mittelstürmer wie Lewandowski. Und genau dieser klassische Mittelstürmer fehlt den Bayern. Ein Spieler mit Torjägerinstinkt, ein echter Knipser. Sadio Mané, der sich zuletzt in der Sturmspitze versucht hatte, konnte den Polen zu keiner Zeit ersetzen. Mathys Tel ist zwar hoch veranlagt aber das Erbe von Lewandowski anzutreten, kommt für ihn noch zu früh.

Bayern-Bosse unvorbereitet auf Lewandowski-Wechsel

Der Wechselwunsch von Robert Lewandowski hat die Bayern-Bosse im Sommer wohl auf dem falschen Fuß erwischt und kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Ungünstig deswegen, weil Erling Haaland kurze Zeit zuvor seinen Wechsel zu Manchester City verkündet hatte. Ansonsten hätten die Bayern wohl versucht den Norweger nach München zu holen. Die heimische Bundesliga konnte ebenso keine Abhilfe schaffen. Leverkusens Toptorjäger Patrik Schick ist zu inkonstant und die Werkself hätte für den Tschechen wohl jenseits der 40 Millionen Euro Ablöse verlangt. Christopher Nkunku von RB Leipzig ist zwar torgefährlich, mit seinen 1,75m Körpergröße ist der Franzose aber kein Mittelstürmer. So gab es viele Gerücht und einen Überraschungstransfer. Neben dem Österreicher Sasa Kalajdzic waren auch Stars wie Cristiano Ronaldo und Harry Kane im Gespräch, ein Transfer konnte jedoch nicht realisiert werden und so sicherte man sich kurz vor Ende der Transferzeit die Dienste des Franzosen Mathys Tel um satte 20 Millionen Euro. Ein für die Bayern untypischer Wechsel, wenn man bedenkt wie akribisch an der Säbener Straße Transfers geplant werden. Ein Stürmer nach britischem Format wie etwa der Serbe Aleksandar Mitrovic hätte den Bayern wohl sofort Abhilfe schaffen können.

Darüber, dass Harry Kane in München ab der kommenden Saison auf Torejagd gehen soll, wird derzeit spekuliert. Klar ist, dass alle europäischen Top-Klubs den Engländer jagen werden, sollte er sich zu einem Abschied von den Tottenham Hotspurs entscheiden. Ob die Bayern bzw die Bundesliga dann seine erste Adresse ist, bleibt fraglich, kann aber bezweifelt werden.

Patrick Stummer, abseits.at

Patrick Stummer