Kommentar: Håland zum BVB – macht das Sinn?
Deutschland 31.Dezember.2019 Ral
Mit der Verpflichtung von Erling Braut Håland ist Borussia Dortmund ein echter Coup gelungen. Doch macht der Transfer auch Sinn?
Auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung von Borussia Dortmund machte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke etwas, das auf dieser Ebene des Profifußballs eher selten ist: er gab einen Fehler zu. Man hätte es in der vorangegangenen Transferperiode verpasst, einen Stürmer zu verpflichten, sagte er dort.
Diesen Fehler hat der BVB nun korrigiert – und erneut ein echtes Ausrufezeichen gesetzt: mit Erling Braut Håland wechselt einer der begehrtesten Torjäger im Winter zu den Westfalen. Angeblich zahlt der aktuell Tabellen-Vierte der deutsche Bundesliga 20 Millionen Euro für den jungen Norweger an Red Bull Salzburg. Håland unterzeichnete einen Vertrag bis 2024.
Håland machte in der vergangenen Halbserie vor allem durch seine acht Treffer in der Champions League auf sich aufmerksam. „Trotz vieler Angebote absoluter Top-Klubs aus ganz Europa hat sich Erling Håland für die sportliche Aufgabe beim BVB und die Perspektive, die wir ihm aufgezeigt haben, entschieden. Unsere Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt“, gab Watzke nach dem Abschluss des Transfers zu Protokoll. Glaubt man den Gerüchten, bemühten sich auch Juventus Turin und RB Leipzig um die Dienste des 19-Jährigen.
Viele BVB-Fans hatten aufgrund der in der Hinrunde gezeigten Vorstellungen den Transfer eines neuen Stürmers gefordert. Trainer Lucien Favre hingegen hält angeblich nicht viel von einem echten Zielspieler im Angriff, wie es Håland einer ist. Zuletzt vertraute der Schweizer Mittelfeldspieler Marco Reus im Zentrum, in der Rückserie der letzten Saison bekleidete Mario Götze diese Position.
Mit Paco Alcacer steht daher auch nur ein „echter“ Stürmer im Kader der Dortmunder. Der kann zwar eine durchaus ordentliche Torquote vorweisen, ist aber verletzungsanfällig und spielte nicht immer konstant. Die Verpflichtung von Håland dürfte Borussia Dortmund in diesem Punkt also weiterhelfen.
Doch bei einem genaueren Blick auf die Spiele des BVB in der aktuellen Saison drängt sich der Eindruck auf, dass eben nicht die Offensive zu den dringlichsten Problemen der Mannschaft gehört. Die liegen eher in der Defensive, wo sich die Borussia nicht immer sattelfest zeigte, letztlich einer der Hauptgründe für die bis dato instabilen Leistungen.
Borussia Dortmund hat mit 41 Treffern die drittmeisten der Bundesliga erzielt, während auf der anderen Seite schon 24 kassiert wurden. Die Schwarzgelben stellen damit die schlechteste Abwehr unter den besten sechs Teams der Tabelle; selbst Freiburg und Wolfsburg mussten bislang weniger Tore hinnehmen.
Wäre eine Verstärkung in der Defensive daher nicht klüger gewesen? Vielleicht. Dennoch ergibt der Transfer von Håland allein schon dadurch Sinn, dass durch dessen Wucht in der Offensive nun eine Option zur Verfügung steht, die es vorher in dieser Form nicht gab. Und Spieler in diesem Alter, die bereits auf einem derartigen Niveau abliefern, deren Verpflichtung ist eigentlich selten ein Fehler.
Auch auf der Value-Ebene musste der BVB diesen Transfer praktisch vollziehen – Håland konnte wohl unter Marktwert verpflichtet werden, wird seinen Wert voraussichtlich noch steigern und den Dortmundern damit in naher Zukunft einen satten Gewinn bringen.
Bei diesem Aspekt liegt aber eine weitere Krux des Transfers. Håland möchte, und das ist ein offenes Geheimnis, bald einmal in der Premier League auflaufen. Dortmund ist für ihn auf diesem Weg nur eine – wenn auch ideale – Zwischenstation. Transfers dieser Art gehören zwar zum Geschäftsmodell von Borussia Dortmund – doch vielleicht mangelt es daher an Identifikation mancher Spieler mit dem Verein.
Wie dem auch sei: mit Håland ist dem BVB mal wieder ein echter Coup gelungen. Er wird das Offensivspiel der Mannschaft variabler machen. Und wenn Håland sein Talent auch in der Bundesliga abruft, wird er das Team verbessern. Das ist letztlich der entscheidende Punkt.
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