Leistungscheck-Zwischenfazit (1) – David Alaba
Deutschland 27.Dezember.2012 Stefan Karger 0
In dieser Serie betrachten wir die Leistungen und Statistiken der österreichischen Legionäre in der deutschen Bundesliga, wobei wir in erster Linie jene Spieler analysieren, die beim österreichischen Teamchef Marcel Koller gute Karten haben. Wir wollen die Winterpause nutzen, um ein Zwischenfazit zu ziehen und die Leistungen der einzelnen Legionäre noch einmal im Detail zu analysieren. Den Anfang machen wir mit David Alaba, für den die Saison aufgrund einer Verletzung zunächst alles andere als ideal begann.
Operation statt Bundesliga-Auftakt
Der FC Bayern München bestritt zum Abschluss des Italien-Trainingslagers am 20. Juli 2012 ein Testspiel gegen den SSC Neapel. In der 16. Minute erzielte der im linken Mittelfeld aufgestellte David Alaba den Führungstreffer seiner Mannschaft, doch die Freude über dieses Tor währte nicht lange. Der österreichische Nationalspieler musste nach einem Schlag auf den linken Fuß in der 39. Minute ausgewechselt werden und sollte danach fast drei Monate auf sein nächstes Pflichtspiel warten müssen. Die Ärzte stellten einen Ermüdungsbruch fest und nur einige Tage später musste sich der 20-Jährige einer Operation unterziehen, die zum Glück perfekt verlief. Statt mit der Mannschaft und dem Ball zu trainieren musste Alaba eine Physiotherapie absolvieren und konnte erst am achten Spieltag in die deutsche Bundesliga einsteigen.
Erfolgreiches Comeback gegen Kasachstan
Die österreichische Nationalmannschaft tut sich wohl schwerer als der FC Bayern München einen Ausnahmespieler wie Alaba zu ersetzen, weshalb die ganze Nation hoffte, dass der 20-Jährige zum WM-Qualifikationsspiel am 12. Oktober 2012 auswärts gegen Kasachstan fit werden würde. Diese Partie, bei der keine Tore fallen sollten, kam für Alaba ein paar Tage zu früh, sodass er erst beim “Rückspiel“ in Wien sein Comeback geben sollte. Der Bayern-Legionär betonte vor dem Spiel, dass er kein Heilsbringer sei, strafte dann aber seine eigenen Worte Lügen, als er beim 4:0-Heimsieg gegen die Kasachen zwei Assists und einen Treffer beisteuerte. Während er bei seinem Verein vorwiegend als linker Außenverteidiger zum Einsatz kommt, darf er im Nationalteam auf seiner eigentlichen Lieblingsposition spielen, nämlich als “Box-to-Box“-Mittelfeldspieler“. David Alaba begann im zentralen Mittelfeld neben Veli Kavlak, hatte einen enorm großen Aktionsradius und bewies in diesem Spiel seine hervorragende Übersicht. Dank seiner langen Pässe auf die Flügel sorgte er für schnelle Spielverlagerungen und setzte dabei besonders den linken Flügel immer wieder gut ein – jene Seite, über die wenige Tage zuvor in Astana kaum Druck erzeugt werden konnte.
Als wäre er nie weg gewesen
Auch in der deutschen Bundesliga brauchte David Alaba keine große Anlaufzeit um nach seiner Verletzung wieder in Form zu kommen. Sein Debüt gab er beim 5:0-Heimsieg gegen Fortuna Düsseldorf, als er in der 77. Minute eingewechselt wurde und dabei gleich einen Assist beisteuerte. Bei der anschließenden 1:2-Heimniederlage gegen Bayer Leverkusen stand er bereits 90 Minuten am Spielfeld. Alaba begann in der ersten Halbzeit im linken Mittelfeld und rückte anschließend auf seine Stammposition in der Außenverteidigung zurück. Viele Fans waren überrascht, dass er in dieser intensiven Partie 90 Minuten lang durchhielt und sein Einsatz zeigte, dass er wieder vollkommen fit war. Er lief 11,56 Kilometer, gewann 56% seiner Zweikämpfe und hatte eine erfolgreiche Passquote von 90%. Der einzige Schönheitsfehler in dieser Partie war, dass er keine zwingenden Aktionen kreieren konnte und so wie die gesamte Bayern-Mannschaft kaum ein Mittel gegen die tief- und gutstehende Bayer-Defensive hatte. Nach dieser Niederlage sollte der FC Bayern kein Pflichtspiel mehr verlieren und auch Alaba legte einen Gang zu. In den beiden nächsten Spielen, beim 3:0-Auswärtssieg gegen den Hamburger SV und beim 2:0-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt, zählte er zu den besten Akteuren seiner Mannschaft und schaffte es beide Male ins kicker-Team der Runde – eine fantastische Leistung so kurz nach seiner Verletzung. Gegen Eintracht Frankfurt erzielte er den zweiten Treffer per Strafstoß selbst, ein wichtiges Tor, da die starken Gäste viel Druck machten und auf den Ausgleich drängten. Vor dem Spiel wurde Alaba als erster Elfmeterschütze festgelegt, da Thomas Müller zunächst auf der Bank Platz nehmen musste. Zum Zeitpunkt des Strafstoßes stand der eingewechselte Müller jedoch am Platz und hätte eigentlich selbst den Elfmeter ausführen sollen. Alaba ging aber so selbstbewusst zum Punkt, dass Müller zurücksteckte um Diskussionen vor dem Strafstoß zu vermeiden. Alaba verwandelte den Elfmeter souverän und erzielte so seinen bisher einzigen Treffer in der aktuellen Saison. In den letzten Runden zeigte Alaba stets solide Leistungen, leistete sich in der Defensive keine Schnitzer, glänzte jedoch nur selten bei Offensivaktionen. Der Österreicher zeigte auch in der Champions League gegen OSC Lille, Valencia und BATE Borisov sein Talent und erzielte im letzten Spieltag der Gruppenphase gegen die Weißrussen sogar einen Treffer.
Seine bisherigen Statistiken in der aktuellen Meisterschaftssaison
Aufgrund seiner Verletzung zu Saisonbeginn versäumte er die ersten sieben Meisterschaftsrunden, kam danach jedoch in jeder Runde zum Einsatz. Bis auf die späte Einwechslung bei seinem Comeback gegen Fortuna Düsseldorf stand er bei allen Meisterschaftsspielen in der Startaufstellung seiner Mannschaft und wurde kein einziges Mal vorzeitig ausgewechselt. Insgesamt kommt der österreichische Nationalspieler auf 823 Spielminuten, in denen er einen Treffer und einen Assist beisteuerte. Alaba hatte 727 Ballkontakte, was 79,5 Berührungen pro 90 Minuten entspricht. Er spielte 506 Pässe (55 pro 90 Minuten) und darf sich über eine sehr hohe Passgenauigkeit freuen. Obwohl er oft den direkten Weg nach vorne, vorwiegend zu seinem Kompagnon Franck Ribery, suchte, landeten 89,9% seiner Zuspiele bei einem Mitspieler. David Alaba gelingt es auch bei hohem Druck immer wieder geschickt schwierige Situationen ohne Ballverlust zu lösen. Ebenfalls erfreulich ist seine Zweikampfquote, die gut verdeutlicht, dass er in den letzten Jahren effizient an seiner Körperstärke arbeitete. Er entschied 59,2% der Duelle für sich, wobei er am Boden mit (60,7%) stärker war, als in der Luft (54,3%). Diese Werte unterscheiden sich stark von Christian Fuchs´ Leistungsdaten: der Schalke-Außenverteidiger gewann insgesamt 52% seiner Duelle, entschied jedoch 62% seiner Zweikämpfe in der Luft für sich und gewann am Boden bloß 49% der Duelle. Alaba schoss elfmal aufs gegnerische Tor (1,2 Mal pro 90 Minuten), beging nur fünf Fouls (0,54 pro 90 Minuten) und sah weder eine gelbe, noch eine rote Karte. Pro Partie fing er im Schnitt 1,7 Bälle ab, machte 2,4 Tacklings, blockte 0,4 Schüsse ab und klärte 1,1 Mal den Ball aus der Gefahrenzone.
Alabas kicker-Notendurchschnitt beträgt genau 3,00, womit er gleichauf mit Zlatko Junuzovic und knapp vor Marko Arnautovic (3,03) der bestplatzierte ÖFB-Legionär in Deutschland ist. Nur 26 Bundesligaspieler kommen auf einen besseren Notenschnitt, unter diesen befindet sich jedoch kein einziger linker Außenverteidiger! Lediglich sein Mannschaftskollege Philipp Lahm, der auf der rechten Abwehrseite zum Einsatz kommt, erhielt mit 2,96 einen knapp besseren Notenschnitt. Ansonsten lässt Alaba die übrigen renommierten Außenverteidiger zum Teil deutlich hinter sich: Die Dortmunder Lukasz Piszczek und Marcel Schmelzer kommen auf eine durchschnittliche Bewertung von 3,22 und 3,23, der auffälligste Bayer-Leverkusen-Außenverteidiger Daniel Carvajal erhielt einen Schnitt von 3,27. Diese Statistik führt uns zum nächsten Punkt.
Weltklasse als Außenverteidiger| Einer unter vielen im Mittelfeld
Marcel Koller und die Fans des österreichischen Nationalteams würden es gerne sehen, wenn David Alaba beim FC Bayern, wie in der österreichischen Nationalmannschaft, im zentralen Mittelfeld auflaufen würde. Da Marcel Koller in der Zentrale nicht über Stars wie Bastian Schweinsteiger, Javi Martinez und Toni Kroos verfügt, ist er gut daran beraten Alaba als zentralen Ideengeber im Mittelfeld aufzustellen – noch dazu da mit Christian Fuchs eine starke Alternative auf der linken Abwehrseite vorhanden ist. David Alaba kann sich jedoch als glücklich schätzen, dass die Bayern unter Trainer Louis van Gaal sein Potential auf der linken Abwehrseite erkannten. Der ehemalige Bayern-Coach sagte über seinen damaligen Schützling:“ Dieser Junge ist Linksverteidiger, er weiß es nur noch nicht.“ Der Niederländer sollte Recht behalten haben, denn Alaba zählt schon jetzt als Außenverteidiger zur absoluten Weltspitze und hat das Potential zu den allergrößten Spielern auf dieser Position zu avancieren. Als zentraler Mittelfeldspieler hätte er ein weitaus schwierigeres Standing im Verein, was einfach daran liegt, dass es im Moment auf dem Markt nur sehr wenige Außenverteidiger gibt, die das Prädikat Weltklasse verdienen. Alabas Position ist von großer Wichtigkeit, aber dennoch so etwas wie eine kleine Nische – zumindest verglichen mit dem zentralen Mittelfeld.
Fazit
Wenn man der Verletzung David Alabas etwas Positives abzugewinnen versucht, dann könnte man die Tatsache anführen, dass es dem FC Bayern München nicht gelang den österreichischen Nationalspieler gleichwertig zu ersetzen. Linksverteidiger Diego Contento war einerseits auch einige Zeit verletzt und erreicht auch im gesunden Zustand nicht annähernd Alabas Klasse. Innenverteidiger Holger Badstuber musste seinen Stammplatz im Abwehrzentrum verlassen und machte in Alabas Abwesenheit einen ordentlichen Job – aber nur was die Defensivleistung angeht. Mit dem österreichischen Nationalspieler kam wieder neues Leben auf den linken Flügel der Bayern, denn das Zusammenspiel mit dem enorm formstarken Franck Ribery klappt mittlerweile blind. Alaba zeigte in seinen Einsätzen ein hohes Spielverständnis, große Ballsicherheit, sowie Lauf- und Zweikampfstärke. Ein wenig kritisieren muss man allerdings, dass er im Verein zu selten zwingende Aktionen herausspielt und in dieser Hinsicht noch effizienter werden darf. Während es in der Meisterschaft nur schwer vorstellbar ist, dass der FC Bayern München in dieser Form einen Vorsprung von neun Punkten aus der Hand gibt, wartet im Champions-League-Achtelfinale mit dem Arsenal FC schon die erste große Aufgabe auf den Vorjahrsfinalisten.
Stefan Karger, www.abseits.at
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