In dieser Serie betrachten wir die Leistungen und Statistiken der österreichischen Legionäre in der deutschen Bundesliga, wobei wir in erster Linie jene Spieler analysieren, die beim österreichischen Teamchef Marcel Koller gute Karten haben. Heute widmen wir uns dem erst 19-jährigen Mittelfeldspieler Raphael Holzhauser, der in der Hinrunde der deutschen Bundesliga immerhin 730 Minuten lang wertvolle Erfahrungen sammeln durfte.
Der junge Österreicher, der in Stuttgarts 4-1-4-1-System als offensiver Achter zum Einsatz kam, rechnete vor Beginn der Saison wohl nicht einmal selbst mit so vielen Einsatzminuten. In den ersten 17 Spielrunden stand er immerhin neunmal in der Startelf und wurde zusätzlich zweimal eingewechselt. Es kam allerdings selten vor, dass Holzhauser durchspielen durfte, meistens wurde er zwischen der 60. und 80. Minute ausgewechselt – lediglich in der sechsten Runde, beim 2:0-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg, stand er während der gesamten Spielzeit am Platz.
Der ungeschliffene Diamant
Selten passte die Bezeichnung “ungeschliffener Diamant“ besser als bei Raphael Holzhauser. Der offensive Mittelfeldspieler zeigte in vielen Szenen sein großes Talent, insbesondere seine Spielübersicht und seine starke Technik. Am besten gefiel den VfB-Fans, dass er recht unbekümmert agierte und oftmals den Abschluss suchte. Dank seiner guten Schusstechnik kann Holzhauser auch aus weiter Distanz die Torhüter testen und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis einer seiner gefährlichen Weitschüsse den Weg ins gegnerische Tor findet, denn einige Male scheiterte er nur ganz knapp. Seine stärkste Szene hatte er am achten Spieltag gegen den Hamburger SV, als er in einer 1-gegen-1-Situation Verteidiger Michael Mancienne spektakulär aussteigen ließ. Der ehemalige Chelsea-Spieler wusste danach nicht mehr wo links und rechts ist. Leider setzte Holzhauser den nachfolgenden Schuss knapp am Tor vorbei. Es lag in erster Linie an seinem Nervenkostüm, dass er bis jetzt noch keinen Treffer in der höchsten deutschen Spielklasse für sich verbuchen konnte. So scheiterte er auch beim vorletzten Einsatz, in der 16. Runde gegen den FC Schalke 04, bei einem 1-gegen-1-Duell an Timo Hildebrand. In diesen Szenen fehlt es ihm noch an Erfahrung und Abgebrühtheit. Im nachfolgendem Video könnt ihr euch seine besten Momente in der Offensive ansehen. Wir entschuldigen uns für die furchtbare Musik!
Licht und Schatten
Raphael Holzhauser verfügt über eine hohe Spielintelligenz und zeigte am Platz immer wieder gute Ideen. In der siebenten, elften und sechzehnten Runde gelang ihm jeweils ein Assist. Trotz 19 Schussversuchen wartet er selbst noch auf seinen ersten Treffer. Im Schnitt schoss der Österreicher alle 90 Minuten etwa 2,3 Mal aufs gegnerische Tor. Für einen jungen Spieler, der gerade seine ersten Erfahrungen in der höchsten Spielklasse sammelt, ein erstaunlich hoher Wert. Holzhauser kam pro 90 Minuten auf 57 Ballkontakte und spielte 32,3 Pässe, von denen 74,8% ankamen. Besonders in diesem Bereich zeigte er große Schwankungen, denn einerseits tätigte er technisch anspruchsvolle Zuspiele, die man einem 1,93m großen Fußballspieler nur selten zutraut, andererseits zeigte er leider auch Konzentrationsschwächen und beging zum Teil haarsträubende Abspielfehler. Der offensive Mittelfeldspieler gewann 42,5% seiner Zweikämpfe, eine Statistik, die er in den kommenden Jahren ein wenig nach oben schrauben wird müssen. Insbesondere in der Luft hatte er in den Zweikämpfen große Schwierigkeiten und gewann nur 28,1% seiner Duelle, was angesichts seiner Statur sehr schwach ist. Am Boden gewann er immerhin 45,8% seiner Zweikämpfe. Pro Partie machte Holzhauser 1,7, Tacklings, fing 0,5 gegnerische Pässe ab und machte 1,2 erfolgreiche Dribblings, während er 1,8 Mal nach Einzelaktionen den Ball verlor. Seine Foulstatistik ist ausgeglichen, denn er foulte 15 Mal einen Gegenspieler und wurde selbst ebenso oft mit unsauberen Mitteln gestoppt.
Fazit
Angesichts der Tatsache, dass wohl nicht einmal Raphael Holzhauser selbst mit so vielen Spielminuten gerechnet haben wird, kann das Zwischenfazit nur positiv ausfallen. Der junge Österreicher setzte sich im Mittelfeld gegen namhafte interne Konkurrenz wie Tamás Hajnal durch und zeigte einige Male, weshalb ihm Trainer Bruno Labbadia das Vertrauen schenkte. Schon in den ersten Einsätzen agierte er mit viel Selbstvertrauen, was sich in zahlreichen Distanzschüssen und einigen schönen Dribblings wiederspiegelte. Er bewegte sich meist sehr gut zwischen den gegnerischen Linien, fand immer wieder freie Räume und sorgte einige Male für überraschende Aktionen, die man von einem Spieler seiner Körpergröße nicht erwartet. Es war jedoch nicht alles positiv, denn Holzhauser konnte seine starken Leistungen nur selten konstant bringen und es schlichen sich immer wieder Fehlpässe und andere Fehler ein, die teilweise auch auf mangelnde Konzentration zurückzuführen waren. Weiters hatte der Mittelfeldspieler mit dem hohen Tempo und der harten Zweikampfführung noch Probleme.
Bei aller Kritik darf man nicht vergessen, dass Raphael Holzhauser erst 19 Jahre alt ist und seine erste volle Saison als Profi absolviert. Wie wir erst vor wenigen Tagen feststellten, hatte auch Julian Baumgartlinger in seiner ersten Saison bei Mainz große Anpassungsschwierigkeiten. Bruno Labbadia wird Geduld mit seinem jungen Schützling zeigen müssen und ihn weiter behutsam ins Team einbauen. Die Konkurrenz innerhalb der Mannschaft wird jedoch nicht kleiner werden, denn Daniel Didavi kehrt nach seiner langen Verletzungspause zurück und wird den Kampf um einen Stammplatz aufnehmen. Holzhauser weiß, dass er sich nicht ausruhen darf und wird in der Vorbereitung alles geben, damit er auch im Frühjahr eine Rolle in Labbadias Plänen spielen wird. Wir wünschen Raphael Holzhauser weiterhin eine positive Entwicklung und hoffen, dass er bald auch in der österreichischen Nationalmannschaft sein Talent zeigen darf.
Stefan Karger, www.abseits.at
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