Mario Götze – Ein missverstandener Spielertypus
Deutschland 8.September.2015 Ivan Gotovac 2
Im Rahmen dieses Artikels beschäftigen wir uns mit einem Spieler, welcher seitens diverser Fan-Lager, Stammtischrunden und Fernseh-Analytiker bereits seit längerer Zeit kritisch beäugt wird: Mario Götze. Was zeichnet diesen Spieler aus? Wird er eventuell falsch eingesetzt – oder gar falsch eingeschätzt? Was darf man sich von ihm noch erwarten?
Das Fähigkeitenprofil
Bereits zu Beginn seiner Profi-Karriere konnte das blanke Auge erkennen, dass Götze über eine hervorragende Ballbehandlung verfügt. Er verarbeitet Zuspiele selbst in Engen unglaublich sauber und kann diese ebenfalls enorm präzise weiterleiten. Er verhält sich überaus geschickt in Dynamiken und kann selbst in höheren und kompakteren Zonen die Ballzirkulation innerhalb der gegnerischen Formation aufrechterhalten. Seine Entscheidungsfindung ist dabei überaus gut und generell sind seine strategischen Fähigkeiten für sein junges Alter sehr weit entwickelt. Er lässt sich oftmals auch passend in tiefere Zonen fallen und erhält sehr harmonisch die Ballzirkulation am Laufen. Darüber hinaus verhält sich der Bayern-Spieler sowohl im Pressing, als auch im Gegenpressing solide bis gut. Zusammenfassend kann man ihn als hervorragenden Verbindungsgeber in Engen sehen, mit einer sehr guten strategischen Entscheidungsfindung.
Kritische Stimmen
Trotz seiner unbestrittenen Fähigkeiten ist sich die mediale Landschaft allerdings anscheinend einig, dass Götze seit Jahren in seiner Entwicklung stagniert und er sein Potential nicht zu 100% abruft. Allerdings spiegelt dies nur einen kleinen Teil der Wahrheit wider und die grundlegende Diskussion sollte eine andere sein. Zunächst einmal sollte festgehalten werden: Ob ein Spieler gut spielt oder nicht liegt zu einem großen Teil an der Art und Weise wie man ihn einbindet. Besonders in der Saison 2014/15 wurde Götze bei seinem Verein oftmals als Linksaußen, als vermeintlicher Ribery-Ersatz, aufgestellt. Dabei kann er diese Position durchaus effektiv bekleiden, allerdings nicht in der gleichen Rolle wie eben Ribery. Nach seinen Einsätzen wurde ihm oftmals angekreidet, dass seine Dribblings ineffektiv seien und er unterdurchschnittliche Leistungen abrufe. Allerdings sollte man festhalten, dass er einfach kein durchbruchsstarker Dribbler wie Ribery ist und auch nie sein wird. Der Memminger ist vielmehr ein Nadeldribbler, Kombinationsspieler und Auflöser von Engen. Er konnte in dieser Rolle seine vielseitigen Stärken schlichtweg nicht so konstant einbringen. Deswegen geht die Debatte um die Person Götze etwas an der Realität vorbei und trotz anderweitiger Meinungen stellt er einen passenden Spielertypus für Guardiola darstellt. Bislang konnte er allerdings seine Fähigkeiten noch nicht in vollem Ausmaß konstant einbringen.
Zeige der Welt, dass du besser bist als Messi
Es sind wahrscheinlich derartige Schlagzeilen die ein falsches Bild von Götze zeichnen. Seit Beginn seiner Karriere haften ihm solche Spielervergleiche an, welche allerdings kaum passen. Die Fußball-Szene scheint seit Jahren darauf zu warten, dass der Golden Boy endlich sein volles Potential abruft und fußballerisch eine neue Sphäre erreicht. Eines allerdings vorneweg: Götze ist nicht Messi. Solche Erwartungen und Stammtisch-Diskussionen sind oftmals wenig sachdienlich und verfälschen das Bild eines prinzipiell hervorragenden Fußballers. Er hat zwar individuell herausragende Fähigkeiten, allerdings definiert sich sein Mehrwert für die Mannschaft eben nicht durch aktionistische Einzelaktionen. Aus diesem Grund wäre es ratsam, dass die Fußballgemeinde nicht ihre Zeit damit verschwendet, darauf zu warten, dass beim Ex-Dortmunder der Knoten endlich platzt, da dieser gar nicht existiert. Götze ist Götze. Punkt.
Was die Zukunft so bringt…
Seit Beginn dieser Saison wurde Götze vermehrt in der Zentrale eingesetzt. Dies liegt natürlich zu einem großen Teil daran, dass mit der Verpflichtung von Douglas Costa (und Kingsley Coman) und der Rückkehr von Arjen Robben die offensiven Außenpositionen wieder mit durchbruchs- und dribbelstarken Tempospielern besetzt wurden und Götze nicht mehr als Lückenbüßer herhalten muss. Im Idealfall wird er weiterhin in zentralen Bereichen fokussiert und regelmäßig als taktisches Mittel benutzt um kompakte Räume in gegnerischen Formationen zu bespielen und die Zirkulation in der Zentrale und in den Halbräumen aufrecht zu erhalten. Er wäre in seiner Paraderolle ein Spieler, welcher kompakte Zonen besetzt und Spieler beziehungsweise Mannschaftsteile miteinander verbindet. Generell könnte man die simplifizierte Annahme treffen: Je enger die Situation, desto effektiver Götze. Allerdings besteht auch in seiner dritten Bayern-Saison die Gefahr, dass Götze nicht die Rolle eines unumstrittenen Stammspielers einnimmt. Zwar kann man bei Guardiola ohnehin nicht unbedingt von Stammspielern sprechen, allerdings ist die Chance hoch, dass Götze zwar zu seinen Einsätzen kommt, allerdings weiter damit leben muss, dass das System weniger auf ihn sondern auf die durchbruchsstarken Flügelspieler zugeschnitten wird.
Götze ist in der Tat ein fantastischer Spieler, dessen Fähigkeitsprofil in dieser Art nicht allzu oft im internationalen Fußball anzutreffen ist. Er bewegt sich intelligent, trifft wertvolle Entscheidungen und spielt technisch ungemein sauber. Er sticht auf dem Feld weniger als Individualist heraus, sondern ist vielmehr ein auf das Kollektiv ausgelegter Nadelspieler. Wenn seine Fähigkeiten in Zukunft stärker fokussiert werden, dann dürfte Götze wohl wie kaum ein anderer in so dominante Ballbesitzmannschaften passen, wie zum FC Bayern München.
Ivan Gotovac, abseits.at
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Ivan Gotovac
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