Martin Harnik erlebt zum ersten Mal in seiner Karriere ein richtiges lange andauerndes Hoch. Beim VfB Stuttgart ist der Flügelstürmer sowieso gesetzt, im Nationalteam... Martin Harnik – Ein Lauf, der langsam unheimlich wird!

Martin Harnik erlebt zum ersten Mal in seiner Karriere ein richtiges lange andauerndes Hoch. Beim VfB Stuttgart ist der Flügelstürmer sowieso gesetzt, im Nationalteam baut Marcel Koller ebenfalls auf den 24-Jährigen. Doch warum blüht Harnik plötzlich so auf?

Lange Anlaufzeit

Harniks Werdegang liest sich wie aus dem Bilderbuch. Bei Werder Bremen im Nachwuchs ausgebildet, schaffte er den Sprung von den Amateuren zu den Profis und durfte bereits mit 20 Jahren in der Champions League debütieren. Sogar beim 3:2-Sieg gegen Real Madrid wirkte Harnik eine Viertelstunde lang mit. Doch so richtig glücklich wurde der Deutsch-Österreicher im Norden Deutschlands nie wirklich. Unter anderem, weil Thomas Schaaf, gezwungen durch die große Dichte im Kader, Harnik immer wieder als rechten Verteidiger aufbot. Dort brachte Harnik zwar immer wieder passable Leistungen, anfreunden konnte er sich mit der neuen Aufgabe aber nicht. Trotzdem jubelte er bereits in der Saison 2007/08 über seinen ersten Bundesligatreffer. Im Auswärtsspiel gegen den 1. FC Nürnberg sorgte er für den 0:1-Endstand. Obwohl dies bereits am dritten Spieltag der Saison passierte, blieb Harniks Torkonto bis zum Ende der Spielzeit auf eins. Es folgte ein Jahr ganz ohne Bundesligator.

Mit Umwegen zum Erfolg

Die Saison 2009/10 sollte sich dann aber zum Wendepunkt in Harniks Karriere entwickeln. Zu Beginn der Saison erklärte ihm Thomas Schaaf, dass er auch weiterhin keinen Platz für den Nationalspieler im Sturm von Werder Bremen vorgesehen hat und Harnik höchstens mit Kurzeinsätzen im Sturm oder in der Verteidigung rechnen könne. Mittlerweile 22, wollte der Stürmer hauptsächlich eines: spielen, egal wo. So kam das Leihgeschäft zustande, Fortuna Düsseldorf, Aufstiegsaspirant in der 2. Liga, war ab nun Harniks neuer Arbeitgeber. Viele Experten schüttelten damals den Kopf. Harnik renne ja nur vor dem Konkurrenzkampf davon, ein kleiner Bundesligaklub hätte es auch getan, in der 2. Liga versauere er ja nur. Doch der Debüt-Spezialist (traf bei seinen Debüts in Österreichs U-21, Österreichs Nationalteam und in Werders Kampfmannschaft) belehrte die Kritiker eines besseren. 13 Tore und vier Vorlagen später jagte ihn die halbe Bundesliga. Zugegeben, das lag nicht nur an den Leistungen Harniks in der zweiten Liga, sondern auch am Schnäppchenpreis, den die Klubs für ihn bezahlen mussten. Da Düsseldorf nicht aufgestiegen war, war Harnik um rund 500.000 Euro zu haben.

Ein Transfer mit Folgen

Schalke, Wolfsburg, Leverkusen – einige Medien brachten sogar die großen Bayern als Interessenten für den Zweitligabomber ins Spiel. Was wirklich stimmte, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben, Harnik unterschrieb jedenfalls einen Vertrag beim VfB Stuttgart. Ein idealer Klub für einen jungen Stürmer, wie sich später herausstellen sollte. Harnik fühlte sich im Schwabenland auf Anhieb wohl und erzielte bis zum Ende seiner ersten Saison beim VfB je neun Tore und Assists. Dazu kamen fünf Treffer in der Europa League, drei im DFB-Pokal und vier Tore in der Nationalmannschaft – darunter das legendäre 4:4 in der 94. Minute im Auswärtsspiel gegen Belgien. Durch die häufigen Torerfolge machte sich der Leistungsträger auch international zum Gesprächsthema. Erste Gerüchte, nach denen Klubs aus England und Italien ein Auge auf Harnik geworfen haben sollen, machten die Runde. Das Objekt der Begierde blieb den Schwaben aber treu, und sollte dafür auch in der heurigen Saison reich belohnt werden.

Was für eine Saison

Vorweg die unglaublichen Daten der bisherigen Saison des Martin Harnik: in 24 Bundesligaspielen weist er 21 Scorerpunkte (14 Tore, 7 Assists) auf, dazu kommt das Tor im freundschaftlichen Länderspiel Österreichs gegen Finnland. Zwei Dinge fallen dabei besonders auf. Erstens: Harnik erzielte 12 seiner 14 Tore mit seinem starken rechten Fuß, nur jeweils eines mit dem Kopf und dem linken Fuß. Und zweitens: Harnik trifft lieber gegen die Kleinen. Nur drei seiner 14 Treffer erzielte er gegen Klubs aus der oberen Tabellenhälfte. Was allerdings viel für die nächsten Wochen verspricht. Die nächsten Gegner der Stuttgarter kommen nämlich allesamt aus der unteren Tabellenregion. Die nächsten Gegner heißen Lautern (18.), Hoffenheim (10.) und Nürnberg (9.). Das Restprogramm des VfB scheint allgemein lösbar. In den letzten zehn Partien warten auf die Stuttgarter mit Dortmund, Bayern und Bremen nur noch drei Teams aus der Spitzengruppe.

„Ich denke nicht nach“

Fällt also sogar die 20-Tore-Marke bei Harnik? Kann er womöglich sogar noch in den Kampf um die Torjäger-Krone eingreifen? Zugegeben, sehr realistisch klingt ein Torschützenkönig namens Harnik nicht, und bis es soweit ist, läuft noch viel Wasser die Donau hinunter. Was aber bereits jetzt feststeht, ist, dass Harnik eine Bombensaison spielt. Doch warum ging gerade jetzt der Knopf beim 24-Jährigen auf? „Ich weiß es nicht, ich beschäftige mich aber auch nicht allzu viel damit. Derzeit läuft es ganz gut, das versuche ich einfach zu genießen und mir keinen unnötigen Druck zu machen.“ Das ist wohl auch besser so.

Gründe?

Auf der Suche nach Gründen für Harniks Höhenflug wird man schnell fündig. Das Verhältnis zwischen ihm und Bruno Labbadia scheint unglaublich gut. Ein Beispiel gefällig? Als Stammspieler Harnik am 20. Spieltag gegen Leverkusen plötzlich auf der Bank Platz nehmen musste, murrte er nicht, sondern nahm die Entscheidung des Trainers einfach hin. Schon im DFB-Pokal gegen die Bayern musste Harnik von Beginn an zuschauen. Doch da gab‘s kein Jammern, sondern nur noch mehr Einsatz. Der wurde belohnt, gegen Leverkusen stach der Joker Harnik und rettete noch einen Punkt, ab da startete er seine Wahnsinns-Serie von fünf Bundesligaspielen in Folge mit einem Torerfolg. Das System des VfB scheint Harnik auch auf den Leib geschneidert. Auf der rechten Außenbahn kann er immer wieder in die Mitte ziehen, bekommt viele Bälle und macht immensen Druck über die Seite. Defensiv ist der Flügelflitzer zwar auch immer wieder eingeteilt, offensiv hat er im Zusammenspiel mit Solo-Spitze Ibisevic aber alle Freiheiten. Ein weiterer Grund für die Treffsicherheit des Österreichers ist die Wertschätzung von Verein und Fans. Erst kürzlich bezeichnete Sportdirektor Fredi Bobic Harnik als das „Symbol des neuen Stuttgarter Wegs“. Den verbalen Ritterschlag nahm Harnik auf seine Weise auf und verlängerte prompt seinen Vertrag bis 2016. Und nicht zuletzt das Selbstvertrauen: immer wieder kann man das Phänomen beobachten, das mit einem so simplen Satz erklärt werden kann: „Wenns laaft, dann laaft‘s.“ Auf Harnik trifft das derzeit zu 100% zu. Bleibt zu hoffen, dass es so weiter geht.

(Archimedes)

Archimedes

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