Gegen Schalke war es bereits zu sehen, gegen Ingolstadt wurde Bayerns Problem in der aktuellen Saison deutlich. Nicht nur kassierte der Rekordmeister sein erstes... Noch nicht ausgereift: Bayerns Probleme im Gegenpressing

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Gegen Schalke war es bereits zu sehen, gegen Ingolstadt wurde Bayerns Problem in der aktuellen Saison deutlich. Nicht nur kassierte der Rekordmeister sein erstes Gegentor in der laufenden Saison, sondern auch die Torschussstatistik sprach bei für Ingolstadt. Zwar gewann der FC Bayern am Ende mit 3:1, jedoch wurde Bayerns mangelndes Gegenpressing und die darauf hohe Anfälligkeit gegen Ingolstadt deutlich.

Gegenpressing und Positionsspiel

In der letzten Saison praktizierte Bayern ein aggressives Gegenpressing unter Pep Guardiola, um – wie er sagte – die Konter zu kontrollieren. Durch das schnelle Gegenpressing sollte der Ball zurückerobert und gleichzeitig der Konter des Gegners verhindert werden. Wichtig für das meist erfolgreiche Gegenpressing waren das genaue Positionsspiel und die damit verbundene Überzahl in Ballnähe. Die vielen Dreiecke und Verbindungen, die die Bayern bei eigenem Ballbesitz herstellten, sorgten für schnelles und gut abgesichertes Nachsetzen nach Ballverlust.

Seit Carlo Ancelotti übernahm, leidet Bayerns Positionsspiel etwas. Die Verbindungen zwischen den Spielern sind meist weniger gegeben, es werden weniger Dreiecke gebildet und die Feldaufteilung stimmt nicht immer hundertprozentig. Dadurch fällt es den Bayern schwerer, nach Ballverlust umzuschalten. Es fehlt ballnah an der Masse der Spieler, die den Ballführenden attackieren können und ebenso an den Spielern die das Attackieren absichern. Dies führt dazu, das Ancelottis Team sehr anfällig für Konter ist, zu schnell wird das Mittelfeld überspielt und der Gegner befindet sich vor der Abwehr. An diesem Punkt ist es schwierig immer sauber und sicher zu verteidigen, da die Stürmer mit Tempo auf die Abwehrkette zulaufen, besonders in der Bundesliga sind die Teams in der Lage sich aus solchen Kontermöglichkeiten Torchancen zu erspielen.

Fehlende Dreiecke und offene Räume

Wie bereits erwähnt bildet der FC Bayern zu wenig Dreiecke und hat zu wenig Spieler in der Nähe des Balles.

Bild 1

Dies ist in diesem Beispiel klar zu erkennen. Thiago versucht durch ein Dribbling die Aktion seines Mitspielers Douglas Costa zu retten, der bereits kurz zuvor mit einem Dribbling in die Ingolstädter hinein kurz vor einem Ballverlust stand. Jedoch verliert Thiago hier den Ball, da er kaum Anspielstationen hat und schnell unter Druck gesetzt wurde. Der Ball landet beim Sechser der Ingolstädter, da Bayerns Positionsspiel unsauber ist, ist ein effektives Gegenpressing nicht möglich. Der Ingolstädter hat im blauen Raum sehr viel Platz. Zwar versuchen Costa und Thiago ihn zu attackieren, sind aber deutlich zu weit weg. Mit einem langen Ball können die Schanzer in den freien Raum (gelb markiert) verlagern. Die Situation kann zwar von Bayern noch geklärt werden, allerdings schaffen es die Ingolstädter häufiger sich aus solchen Situationen Chancen zu erspielen.

Wenn die Bayern weiterhin so hoch stehen wollen – in dieser Szene rückt rechts der Außenverteidiger weit auf, und auch die Innenverteidiger stehen an der Mittellinie – müssen sich das Umschalten nach Ballverlust und das Spiel in eigenem Ballbesitz verbessern. Sonst werden sie gegen viele Bundesligateams noch größere Probleme haben als gegen Ingolstadt.

Schlechte Staffelung in der Tiefe

Neben dem schlechten Zugriff direkt nach Ballverlust, ist Bayern auch in der Tiefe manches Mal schlecht abgesichert. Ein Problem war dabei vor allem, dass wenn sich der Gegner aus dem schwachen Gegenpressing befreien konnte, es große Räume zwischen dem Mittelfeld und der Abwehr der Münchner gab. Die Innenverteidiger der Bayern rücken nicht mehr so weit auf wie unter Guardiola, dies führt dazu, dass zwischen den angreifenden Spielern und den Innenverteidigern ein großes Loch entsteht. Häufig befindet sich dort nur noch Xabi Alonso, der allerdings nicht in der Lage ist große Räume alleine zu sichern.

Dieses Beispiel steht exemplarisch für die schlechte Tiefenstaffelung der Bayern. Nach einem Ballverlust von Rafinha, sind Costa und Sanches zu weit weg und können keinen Druck erzeugen. Ingolstadt spielt einen langen Ball in den sehr großen freien Raum, dort setzt sich Hartmann gegen Alonso durch und es entwickelt sich eine gute Kontermöglichkeit für Ingolstadt.

Bild 2

Was muss passieren?                                                                                                     

Die Struktur des Teams in Ballbesitz muss wieder besser werden. Ancelotti versucht einen vertikaleren Stil einzuführen, allerdings ist dies oft noch zu hektisch und es wird zu schnell in die Tiefe gespielt. Wichtig ist, dass die Absicherung und die Überzahl in Ballnähe wieder vorhanden sind, um fehlgeschlagene vertikale Pässe durch ein gutes Gegenpressing aufzufangen und so Kontermöglichkeiten schon frühzeitig zu verhindern.

Bild 3

Wie hier bei einer Szene aus der letzten Saison zu beobachten. Bayern hat ballnahe Überzahl, Alaba werden genug Anspielstationen angeboten und auch bei einem Ballverlust des Linksverteidigers, könnte der Gegner aus allen Richtungen attackiert werden und so vom Konter abgehalten werden. Wichtig ist auch hier die Position von Alonso, der Boateng absichert und eine weitere Absicherungslinie bildet.

Fazit

Ancelotti steht erst am Anfang seiner Zeit bei Bayern. Allerdings sollte er neben seinen Überzeugungen auch versuchen die Strukturen, die Pep Guardiola ihm hinterlassen hat aufrechtzuhalten. Der Katalane hinterließ Ancelotti ein Team mit guter Struktur bei eigenem Ballbesitz und einem schnellen Umschalten nach Ballverlust, was essenziell gegen die meisten Bundesligaclubs, die ihre Stärken im Konterspiel haben, ist. Ohne gute Absicherung wird Ancelotti eine schwierige Bundesligasaison bevorstehen.

Tobias Hahn, abseits.at

Tobias Hahn

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