Seit Mitte Jänner ist es offiziell: Josep Guardiola wird der Nachfolger von Josef Heynckes beim FC Bayern. Jupp wird gegen Pep getauscht – doch... Pep Guardiola beim FC Bayern (1): Was wird sich unter der Trainerlegende ändern

Bayern MünchenSeit Mitte Jänner ist es offiziell: Josep Guardiola wird der Nachfolger von Josef Heynckes beim FC Bayern. Jupp wird gegen Pep getauscht – doch welche Veränderungen bringt das mit sich?

Spielphilosophie

Unter Louis van Gaal wurde bereits die „Barcelona-Philosophie“, welche auf den Ansichten von Jimmy Hogan und Jack Reynolds, sowie deren Nachfolgern wie Rinus Michels basiert, eingeführt. Van Gaal wurde in der Saison 2009/10 Trainer bei den Münchner Bayern und installierte diese Spielweise. Hoher Ballbesitzfokus, Dominanz, Einbindung junger Spieler, das ganzheitliche Prinzip und Offensivgeist lauten die Schlagworte dieser Spielphilosophie.

Nach dessen Scheitern an internen Differenzen und Problemen in der Außendarstellung übernahm Jupp Heynckes diese Rolle. Ihm wird nachgesagt, er wäre zu kumpelhaft, zu altmodisch und konservativ – doch unter seiner Ägide wurde das „Erbe van Gaals“ gehegt und gepflegt. In jeder Heynckes-Saison hatte man mehr Ballbesitz als unter Van Gaal. Nur wenige wissen, dass Jupp Heynckes in den 80ern als innovativster Trainer der Bundesliga galt.

Als einer der wenigen versuchte er die Viererkette umzusetzen, spielte durchgehend in Raumdeckung und galt als überaus autoritär – Disziplin war ihm auf und neben dem Platz sehr wichtig. Viele seiner Ideen wurden später zum Standard, wie beispielsweise „erzwungene“ Freizeitaktivitäten abseits des Platzes. Als Trainer war er außerdem ein Freund der „Niederländisierung“ und „Technisierung“ des deutschen Fußballs.

Seine Ideen konnte er aber erst Jahre später wirklich umsetzen: nämlich als Nachfolger von Louis van Gaal, als er dessen System aufnahm und stabilisierte. Dennoch gibt es klare Unterschiede zwischen Guardiola und seinen beiden Vorgängern. Er ist deutlich präziser und prinzipientreuer in der Umsetzung, als Jupp Heynckes; hier ähnelt er eher Louis van Gaal.

Gleichzeitig ist ihre Idee zwar im Prinzip die Gleiche, doch die Umsetzung unterscheidet sich deutlich. Van Gaals Mannschaften sind im Positionsspiel weniger anpassungsfähig, stabiler und gleichzeitig anfälliger, denn Pep Guardiola gilt als Erfinder des kollektiven Gegenpressings. Dieses kann er durch sehr geringe Distanzen zwischen seinen Offensivspielern und eine hohe Fluidität derart effektiv gestalten, dass eine positionstreue Ausrichtung in strikten Formationen (mit Rochaden natürlich) à la van Gaal nicht nötig ist. Es reichen besetzte Fixpunkte in gewissen Zonen, um das Spiel zu strecken und gewisse Angriffsmechanismen zu ermöglichen. Die Frage lautet aber, wie er dies bei den Bayern umsetzen wird. Welche Formation passt? Und was können die Bayern davon mit ihrem Spielermaterial umsetzen?

Anpassung des 4-2-3-1 im Mittelfeld

Aktuell spielen die Münchner mit einer Doppelsechs, die aus Javi Martinez und Bastian Schweinsteiger besteht. Davor läuft Toni Kroos als Verbindungsspieler nach vorne auf, der als Ballverteiler fungiert und kreativ wirken soll. Dieses 4-2-3-1 wurde bereits in den Vorjahren praktiziert, doch in dieser Saison gab es ein paar tiefgreifende Veränderungen.

Der erste große Punkt ist natürlich Toni Kroos, der den Stammplatz als zentraler Spieler der offensiven Dreierreihe erobert hat. Dadurch gibt es mehr Anbindung nach vorne, als noch mit Thomas Müller, der aktuell fast nur als Rechtsaußenstürmer agiert. Aus der 4-2-3-1-Anordnung als Variante des 4-2-4-Systems wurde von der Rollenverteilung her ein 4-3-3 bei gleichgebliebener Anordnung. Teilweise spielen die Münchner aber sogar in einer anderen Anordnung, nämlich einem 4-1-2-3, wo Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger beinahe auf einer Linie agieren; für sie sichert der defensivstarke Javi Martinez ab.

Diese Spielweise wird man unter Guardiola wohl öfters sehen. Bei den Katalanen hatte Andrés Iniesta eine solche Rolle, wie sie Kroos in dieser Formation hätte – er gibt mehr Anbindung nach vorne, ermöglicht eine zusätzliche Anspielstation in der Mitte und sorgt für ein vereinfachtes kollektives Aufrücken im Raum durch das sicherere Passspiel. Auch Bastian Schweinsteigers Offensivfähigkeiten können dadurch besser zum Tragen kommen, während sich seine defensiven Aufgaben nur marginal verändern werden.

Die Veränderung der Defensivarbeit

Diese Defensivaufgaben werden sich aber wegen einer Veränderung im Kollektiv ohnehin leicht verändern. Das Pressing wird wohl noch konstanter und aggressiver umgesetzt. Aktuell ist es zumeist ein hohes Mittelfeldpressing und wird situativ tiefer praktiziert. Unter Guardiola dürfte man mit einem hohen Mittelfeldpressing rechnen, welches durchgehend umgesetzt werden könnte – unter Jupp Heynckes wird es nach einer Führung etwas tiefer begonnen und die Formation wird kompakter.

Mit der erhöhten Konstanz im Pressing und der Intensivierung dieser Spielweise dürften die Bayern noch mehr Ballbesitz für sich beanspruchen. Sie werden die Ballbesitzphasen des Gegners noch stärker verkürzen, als es jetzt der Fall ist und im Verbund mit einer höheren Eingespieltheit und einem noch größeren Ballbesitzfokus dürfte der FC Bayern deutlich länger am Ball sein.

Womöglich gibt es hier auch eine Chance für die Gegner, insbesondere in der Anfangsphase unter Guardiola. Das höhere und konstantere Pressing sorgt eventuell für Ermüdung und für offene Lücken. Durch das extreme Aufrücken könnten lange Bälle oder enorm schnelle Angriffe mit Kurzpässen effektiv werden; die Frage wird lauten, ob die Münchner Offensivspieler so effektiv pressen können wie die des FC Barcelona und ob die Defensive weiterhin so sicher steht.

Eigentlich dürfte es hier kaum ein Problem geben: die Abwehrspieler sind einigermaßen schnell, zumindest auf längere Distanzen und das Mittelfeld ist enorm defensivstark. Gleichzeitig besitzen sie zahlreiche spielintelligente Akteure und haben in dieser Saison bereits über weite Strecken ein komplexes Pressing auf hohem Niveau umgesetzt. Die Voraussetzungen scheinen gut zu sein.

Neueinkäufe und Abgänge?

Ein weiterer auffälliger Aspekt der Ära Guardiola beim FC Barcelona war sein Umgang mit den damaligen Topstars – Deco, Ronaldinho, Zambrotta und letztlich auch Samuel Eto’o mussten den Verein verlassen. Als später Zlatan Ibrahimovic aus der Reihe tanzte, musste er gehen, obwohl er erst im Sommer zuvor für eine Rekordsumme geholt worden war. Darum wurde in Fanforen der Bayern darüber diskutiert, ob die als Diven geltenden Arjen Robben und Franck Ribéry eventuell ausgemustert werden.

Hierbei muss aber abgewartet werden. In Barcelona war Guardiola als Vereinslegende und Trainer der B-Mannschaft vollständig in alle Geschehnisse involviert. Er wusste genau, was Gerüchte sind und welche Spieler wirklich an Disziplinmangel leiden. Bei den Bayern ist dies nicht der Fall. Und ob Ribéry oder Robben sich in Anbetracht eines solchen erfolgreichen und populären Trainers nicht verändern können, bleibt abzuwarten. Dabei setzt man voraus, dass sie wirkliche Problemfälle sind, wovon man wegen loser Gerüchte in den Medien nicht ausgehen sollte.

Eventuell könnten aber gewisse Spieler aufgrund ihrer Spielweise Schwierigkeiten mit dem neuen System bekommen. Mario Gomez und Mario Mandzukic als Mittelstürmer entsprechen nämlich nicht der Idealbesetzung, die Messi beim FC Barcelona verkörperte. Dennoch muss man auch hier abwarten, denn einen Spielertyp wie Messi wird man schwer finden – die wenigen Optionen mit Qualität als „falsche Neun“ würden wohl Unsummen kosten. Außerdem können auch Gomez und Mandzukic als wichtige Spieler fungieren, denn sie stellen einen Referenzpunkt in der Tiefe dar und können mit ihrer Athletik frischen Wind in das Kurzpasssystem bringen. Ob und wie das klappt, wird man in der nächsten Saison sehen.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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