Philipp Zulechner ist einer der zurzeit heißesten Aktien am heimischen Fußballermarkt. In der österreichischen Liga konnte der Grödig-Stürmer bislang in nur 1274 Minuten unglaubliche... Philipp Zulechners Transfer zum SC Freiburg (1) – Sein Werdegang, seine Stärken und Schwächen und seine Einsatzmöglichkeiten

Philipp Zulechner - SV GrödigPhilipp Zulechner ist einer der zurzeit heißesten Aktien am heimischen Fußballermarkt. In der österreichischen Liga konnte der Grödig-Stürmer bislang in nur 1274 Minuten unglaubliche 17 Scorerpunkte erzielen; davon 15 Tore. Somit trifft Zulechner alle 85 Minuten. Nun soll der österreichische Mittelstürmer nach Deutschland wechseln.

Schon viele Fußballer – und insbesondere Stürmer – aus der heimischen Liga gingen mit starken Torquoten ins Ausland und konnten sich dort letztlich auf höherem Niveau kaum konstant durchsetzen. Spieler wie Marc Janko, Erwin Hoffer und Stefan Maierhofer (oder Edi Glieder aus früherer Zeit) hatten allesamt schon ähnliche Torquoten wie Zulechner über eine Saison. Sie alle konnten diese Statistiken über längere Zeit in anderen Ligen nicht einmal annährend aufrechterhalten.

Ob dies bei Zulechner auch so sein wird? Möglich ist es. Allerdings sollte man bedenken, dass Zulechner keineswegs nur ein klassischer Stürmer und effektiver Schütze ist. Darum werden in diesem zweiteiligen Artikel zuerst seine Spielweise, seine Besonderheit und seine mögliche Rolle beim SC Freiburg wie bei einem der „Transfers-erklärt“-Artikel geklärt werden, bevor im zweiten Teil mit einer kleinen Szenenanalyse ein genauerer Einblick in die Spielweise Zulechners gezeigt wird.

Zuerst widmen wir uns aber einer kleinen Vorstellung Zulechners; Wir beleuchten seinen Werdegang, sprechen über seine Symbolik für den Grödiger Fußballs und betrachten seine Spielweise und seine Einsatzmöglichkeiten beim SC Freiburg.

Der Verkannte

Nicht nur international, sondern auch national wirkt Zulechner wie ein Unbekannter, wie ein No-Name. Bei Diskussionen über die Nationalmannschaft taucht er nur selten auf. Im Grödiger Erfolgslauf geht er etwas unter, da die tolle Hinrunde oft unter „Kollektivität, Formstärke und ungewohnte Überraschungsmannschaft“ verbucht wird. Seine Karriereverlauf scheint dies ebenfalls widerzugeben.

Mit 15 Jahren wechselte Zulechner von der Akademie Austria Wiens zu jener Admira Wacker Mödlings. Zwei Jahre später wechselte er zu den Salzburger Bullen. Doch hier schien die Karriere in eine kleine Sackgasse zu geraten. Nach drei Jahren im Verein wurde Zulechner ohne Einsatz in der ersten Mannschaft verkauft. In der Saison 2009/10 erhielt er selbst bei den Juniors nur knapp über 400 Einsatzminuten. Er wechselte zu Grödig, konnte sich aber auch dort nicht durchsetzen und kam ebenfalls auf nur knapp über 400 Minuten.

Daraufhin landete er beim SV Horn in der Regionalliga. Zulechner wurde zum Stammspieler, übernahm aber oftmals noch Flügelpositionen und erzielte in 15 Partien nur 4 Tore. In der Folgesaison gelang ihm aber der Durchbruch: Mit 16 Toren in nur 2188 Minuten (29 Spiele) war er hauptverantwortlich für den Horner Aufstieg. Nach einer guten Saison in der zweiten Liga (11 Tore in 2499 Minuten) wechselte er zurück zur SV Grödig, wo er in dieser Saison abermals einen Erfolgslauf maßgeblich unterstützte – nun allerdings in Liga 1.

Das Symbol des Grödiger Fußballs, defensiv wie offensiv

Das System der SV Grödig unter Adi Hütter wurde auf abseits.at schon mehrmals analysiert, unter anderem in zwei symbolischen Partien gegen die SV Ried. Die Salzburger definieren sich über Arbeit, Kampfkraft, aggressives Pressing, tolles Umschaltspiel und hervorragendes Gegenpressing mit viel Aggressivität. Ihre Gegner werden schlicht möglichst lange und aggressiv unter Druck gesetzt, danach kommen schnelle Angriffe in offene Räume.

Zulechner war dabei in gewisser Weise der perfekte Spieler für dieses System. Er sprintet jedem Ball schnell hinterher, ist dabei dynamisch und athletisch, wodurch er auch körperbetonte Zweikämpfe im Pressing nicht scheut. Sowohl körperlich als auch geistig ist sein Umschalten für österreichische Verhältnisse überaus schnell. Bei langen Bällen auf ihn kann er sie behaupten, weiterleiten und bei fehlgeschlagenen Pässen setzt er sofort nach, entfacht Druck und kann oftmals den Ball früh zurückerobern.

Im Kombinationsspiel bewegt er sich ebenfalls gut. Immer wieder infiltriert er offene Räume, besticht durch präzise kurze Ablagen und raumöffnende Bewegungen für seine Mitspieler. Dank seiner schnellen Schritte und seiner guten Handlungsschnelligkeit kann er direkt nach Ballgewinnen anspielbereit sein und schaltet dann schnell um, ob mit Dribblings oder Pässen.

Gleichzeitig hat er gewisse Mängel und Probleme. Technisch ist er nicht der allerbeste, hat gelegentlich Probleme in der Ballverarbeitung, -mitnahme und beim präzisen Anvisieren von offenen Räumen, wenn es eng wird. Im Passspiel mangelt es ihm gelegentlich auch an der passenden Entscheidungsfindung und einem strategischen Gespür für die langfristig beste Entscheidung in seinen Aktionen. In gewisser Weise verkörpert er auch damit das Spiel der Grödiger sehr gut.

Zusätzlich ist er nicht nur als Mittelstürmer einsetzbar. In einigen Spielen kam er über den Flügel, in anderen agierte er als hängender Stürmer eng am Mittelfeld und ließ sich defensiv weit und offensiv ein bisschen zurückfallen, um die Sechser zu unterstützen. Sowohl beim 4-1-4-1 als auch beim 4-4-2 der Grödiger fühlte er sich als Mittelstürmer in unterschiedlichen Rollenverteilungen wohl und konnte seine taktischen und spielerischen Aufgaben gut erfüllen.

Statistisch zeigt sich dies ebenfalls. Zulechner kommt nicht nur auf drei Schüsse pro Spiel, sondern auch auf 1,5 Torschussvorlagen, was für einen Mittelstürmer jeweils gute Werte sind. Er dribbelt mit 2,6 Dribblings pro Spiel sogar relativ oft, seine Erfolgsquote ist mit 41% auch passabel, obgleich sie nicht mit Topspielern anderer Ligen mithalten kann (sh. Dribblingserie).

Seine Einbindung durch lange Bälle im Umschaltspiel und seine Mitarbeit an defensiven Standards zeigt sich auch bei der Anzahl der Luftzweikämpfe; insgesamt sind es zehn pro Spiel. Dazu kommen noch 24 Bodenzweikämpfe, was für einen Stürmer wiederum ein sehr guter Wert ist. Einzig bei seinen Pässen ist er nicht besonders stark: Bei 20 Pässen pro Spiel kommt er nur auf eine Passquote von 68%, wo er im internationalen Vergleich auf seiner Position eher im unteren Mittelfeld anzusiedeln ist.

Eben wegen dieser gewissen Probleme in der Stabilität seiner Leistungen, insbesondere in Passgenauigkeit und technischer Konstanz, könnte er Probleme bekommen.

Wie weit nach oben könnte es gehen?

Bei dem Wechsel Zulechners zu Freiburg werden sich insbesondere die Freiburger fragen, ob Grödigs Mittelstürmer der deutschen Bundesliga und ihren Anforderungen schon gewachsen ist. Nominell müsste er perfekt zu den Freiburgern passen, ihre Spielweise hat gewisse Elemente des Grödiger Fußballs. Gleichzeitig bringt er mit seiner körperlichen Note eine neue Komponente in den Angriff, wo Christian Streich bislang gerne mit „schwimmenden Neuneinhalbern“ agiert hat; Mittelstürmern, die oftmals eher wie Mittelfeldspieler gehen und sich sehr viel bewegen. Zulechner kann dies zwar auch, ist aber nicht so technisch versiert wie die Vorgänger dieser Position in der Vorsaison, Jan Rosenthal und Max Kruse.

Womöglich könnte er aber genau deswegen passen. Freiburg hätte die Möglichkeit auf ein klareres 4-4-1-1 oder 4-1-4-1 zu wechseln, Zulechner ist vorne sehr präsent und aktiv, ist aber gleichzeitig auch in anderen Räumen aktiv und nicht nur im Strafraum präsent. Problematisch könnte allerdings wirklich seine Technik werden. Hier wird sich entscheiden, ob Zulechner die Feuertaufe besteht. Falls er es schafft, könnte er bei idealem Karriereverlauf der österreichische  Olic oder Mandzukic werden, wenn auch in geringerem Maßstab. Ein spannendes Experiment.

Im nächsten Teil werden ein paar Spielszenen Zulechners analysiert und ein kurzes Fazit gezogen.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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