Die deutsche Bundesliga hat einen neuen Rekordtransfer. Für 40 Millionen Euro wechselte Javi Martinez am Mittwoch zum FC Bayern München. Der 23-jährige Spanier löste... Rekordtransfer in der Bundesliga – so verändert Javi Martinez das Spiel von Bayern München

Die deutsche Bundesliga hat einen neuen Rekordtransfer. Für 40 Millionen Euro wechselte Javi Martinez am Mittwoch zum FC Bayern München. Der 23-jährige Spanier löste damit seinen Neo-Teamkollegen Mario Gomez ab, für den der Rekordmeister im Sommer 2009 35 Millionen Euro an den VfB Stuttgart überwies. Was sind die Auswirkungen dieses Monstertransfers? Ist der Weg zum 23. Titel nun endgültig frei? abseits.at wagt einen Blick in die Zukunft.

Eine große Transferoffensive fuhr der FC Bayern in diesem Sommer auf. Insgesamt – exklusive Martinez – gaben die Münchner über 30 Millionen Euro für neue Spieler aus. Mit Torhüter Starke, Innenverteidiger Dante, den Flügelflitzern Shaqiri und Weiser sowie den beiden Stürmern Mandzukic und Pizarro verstärkte Bayern in erster Linie die Kaderbreite – eines der Hauptprobleme in den letzten beiden Saisonen. Mit der Verpflichtung von Javi Martinez setzt der Verein nun ein klares Ausrufezeichen, auch an die internationale Konkurrenz.

Upgrade zu Gustavo?

In erster Linie wird Martinez im defensiven Mittelfeld als Partner von Schweinsteiger erwartet. Damit würde er Luiz Gustavo den Platz auf der Doppelsechs streitig machen. Den Brasilianer zeichnet vor allem sein aufreibendes Defensivspiel aus. Er zählt stets zu den fleißigsten Läufern auf dem Platz, schont sich nicht im Zweikampf und sichert Bayerns Glanz-Offensive ab. Allerdings macht er dies auf eine Art und Weise, die nicht dem aktuellen Trend folgt. Antizipation ist im modernen Fußball wichtiger als brachiale Zweikampfhärte. Zwar schneidet Gustavo das Spiel des Gegners prinzipiell gut ab bzw. unterbricht Gegenstöße, erobert dabei aber viel zu selten den Ball – er foult oder klärt ins Seitenaus. Martinez hingegen erkennt Passwege schon früh. Er antizipiert gut und zockt auf schnelle, aber körperlose Ballgewinne. Die Statistik unterstreicht dies eindrucksvoll: Während Martinez im Schnitt 5,2 abfängt, kommt Gustavo nur auf 1,6 Interceptions. Mit dieser Fähigkeit könnte er ein wichtiger Initiator für schnelle Gegenstöße werden – ein wichtiger Aspekt, da die Unordnung einer Mannschaft nach Ballverlusten am größten ist.

Körperlich robust und Ruhepol

Aber auch in anderen Bereichen stellt der Spanier seinen Teamkollegen in den Schatten. Dass er pro Spiel 3,1 Bälle klärt (Gustavo 1), legt neben der oben erwähnten Antizipationsstärke die Vermutung nahe, dass er auch körperlich absolut auf der Höhe ist. Der 1,90m-große Defensiv-Allrounder gewinnt zudem knapp 20 Prozent mehr Luftduelle als der Ex-Hoffenheimer (72,5% zu 54,1%) und bestreitet mehr Tacklings (3,4 zu 2,9). Das alles machte Martinez zu einem wichtigen Baustein bei Athletic Bilbao und in Spaniens Nachwuchsauswahlen, wo überall angesichts des hoch angelegten Pressings solche Spieler gefragt sind. Neben den defensiven Qualitäten zeichnen ihn aber vor allem seine für einen Defensivspieler außergewöhnlich hohen technischen Fähigkeiten aus. In den entscheidenden Spielen gegen Borussia Dortmund letzte Saison hatte Bayern, wie viele andere Teams, Probleme mit dem aggressiven Gegenpressing des BVB. Aber auch in internationalen Spielen konnte man dieses Verhalten beobachten. Die Spieler neigten unter Druck zu Flüchtigkeitsfehlern und ungenauen Zuspielen. Martinez legt trotz seiner Jugend eine beeindruckende Abgeklärtheit an den Tag, galt in Bilbao als Führungsspieler, kann mit dem Ball auch in vertikale Richtung vorstoßen und seine Mitspieler mit gezielten Pässen einsetzen.

Martinez als Innenverteidiger?

Gerade letzteres dürfte dem ballbesitzorientiertem Spiel der Bayern entgegenkommen. Aus der Tiefe heraus könnte Martinez Schweinsteiger, der in den letzten Monaten – auch aufgrund zunehmender Fitnessproblemen – zusehends als tiefer Spielmacher agierte, entlasten. Durch abwechselndes Abkippen wäre das Spiel der Bayern vor allem gegen hochstehende Gegner schwerer auszurechnen. Eine weitere denkbare Variante wäre, dass Martinez die Innenverteidiger-Position ausfüllt – vor allem zu Beginn. Mit Alaba fehlt der etatmäßige Linksverteidiger, den Trainer Heynckes durch Innenverteidiger Badstuber ersetzt. Zwar steht neben Dante mit Boateng ein weiterer erfahrener Akteur im Kader, der deutsche Teamspieler ist aber weit davon entfernt vollkommen zu überzeugen. Die halbrechte Position in der Viererkette könnte Martinez aber auch gegen tiefstehende und mannorientierte Gegner ausfüllen. Mit seiner Ballsicherheit könnte er somit Vorstöße wagen um die Gegenspieler aus der Position zu locken. Potenzielle Anspielstationen im Zentrum wären: Badstuber bzw. Dante, Schweinsteiger und der Zehner hinter, neben bzw. vor ihm. Auch die Außenspieler könnte er mit langen Steilpässen (74% Erfolgsquote) einsetzen.

Bundesliga wird immer attraktiver

Neben dem FC Bayern München profitiert aber auch die gesamte Liga von diesem Transfer. Abgesehen davon, dass sich Martinez wohl für einen der beiden spanischen Großklubs Real oder Barca entschieden hätte, wenn diese die geforderte Ablösesumme bezahlt hätte, beteuert Bayerns neuer Sportdirektor Matthias Sammer, dass der begehrte Jungspund stets auch für ein Engagement in der deutschen Millionenstadt offen gewesen wäre. Untermauert wird dies dadurch, dass Martinez auf einen Teil seines Gehalts verzichte, was das Gesamtpaket zwar weiter groß, aber im Rahmen des Möglichen erscheinen lässt. Neben Martinez wechselte aber auch zum Beispiel Alvaro Dominguez, ein aufstrebendes Verteidigertalent aus dem Land des Welt- und Europameisters, trotz „attraktiveren“ Angeboten in die Bundesliga zu Borussia Mönchengladbach. Ebenfalls für die Fohlen entschied sich Luuk de Jong obwohl hinter dem Niederländer auch namhafte Premier-League-Klubs her waren. Auch Real-Urgestein Raul verließ seinen Herzensklub vor zwei Jahren um in der Eliteliga unseres Nachbarlands anzuheuern. Das alles sind, neben Exportschlagern wie Özil, Ba oder Cisse, Beispiele dafür, dass die Bundesliga weiter im Aufschwung ist.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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