Alle Augen waren auf RB Leipzig und Marco Roses Einstand gegen seinen alten Arbeitgeber Borussia Dortmund gerichtet. Wir schauen uns zuerst den BVB an,... Taktikanalyse: Marco Roses beeindruckendes Leipzig-Debüt unter der Lupe

Alle Augen waren auf RB Leipzig und Marco Roses Einstand gegen seinen alten Arbeitgeber Borussia Dortmund gerichtet. Wir schauen uns zuerst den BVB an, der aktuell personell ziemlich angeschlagen ist. Für den verletzten Bynoe-Gittens übernahm Marius Wolf und Süle rotierte für Hummels in die Startelf.

Edin Terzic änderte an der systematischen Ausrichtung der letzten Spiele nichts und ließ gegen den Ball in einem 4-4-2 verteidigen. Mit Ball sollte es ein 3-3-4 werden, was aber durch Roses Aufstellung und Spielplan zunichtegemacht wurde, was wir uns gleich genauer anschauen werden.

Rose veränderte in seinem ersten Spiel das Team direkt auf vier Positionen. Olmo (verletzt), Gvardiol, Kampl und Henrichs mussten Szoboszlai, Forsberg, Diallo und Schlager weichen. Gegen den Ball begann RB in einem 4-3-1-2 und der Plan dahinter war klar erkennbar: Zentrum schließen und den Spielaufbau des BVB direkt mit der ersten Linie zu lenken. Im Ballbesitz agierten die Leipziger meist in einem 2-4-2-2 und stellten in beiden Ballphasen den BVB vor große Probleme, auf die sie keine Antworten hatten.

Dortmunds Plan funktioniert 5 Minuten: Roses Kniff mit Forsberg und Szoboszlai

Dortmund kam in den ersten Minuten besser ins Spiel, da sie in gewohnter Manier aufbauten. Özcan ließ sich zwischen die auf Sechzehnerbreite stehenden Innenverteidiger fallen, um über den aus dem Zentrum kommenden Bellingham im Dreiecksspiel einen Innenverteidiger im Vorlauf frei zuspielen.

Schlotterbeck oder Süle dribbelten dann an und versuchten mit Schnittstellenpässen zwischen die 2. und 3. Linie von RB zu kommen, in denen Brandt sowie Wolf einschoben und sich zu Reus und Modeste gesellten.

Ziel war, eine Überlagerung inklusive Positionsrochaden in diesem Raum, um RB in Bewegung zu bringen und Räume aufzureißen. Sollte dieser öffnende Ball nicht direkt möglich sein, ging es über die breit stehenden und aufgerückten Außenverteidiger Meunier und Guerreiro, die andribbeln und diagonal die Zwischenräume bespielen sollten.Erste gefährliche Aktionen waren die Folge.

Leipzig kam dann immer besser ins Spiel, brachte das zu langsame und behäbige Offensivspiel des BVB stückweise mehr zum Erliegen. Durch das Zurückziehen von Szoboszlai in die Dreierkette vor der Abwehr, wurde das Zentrum verstärkt und dem BVB erschwert, in dieser Zone einen der Zielspieler zu finden. Zudem begann Leipzig immer aggressiver und höher anzulaufen, was Werner und Nkunku clever aus sehr guten Positionen heraus machten.

Durch das etwas schräge und nicht frontale attackieren der Innenverteidiger boten sie Schlotterbeck und Süle oft den Pass ins Zentrum an, genau dorthin wo RB stark war und konsequent und „ballgeil“ ins Mittelfeldpressing ging. Leipziger Ballgewinne waren die Folge und direkte Umschaltmomente wurden mit Werner oder Nkunku konsequent ausgespielt. Beide suchten direkt die Tiefe hinter die Kette und kreierten gefährliche Aktionen.

So auch vor dem Eckball, der zum 1:0 führte. Sobald Leipzig die tiefen Bälle spielte, was oft Simakan tat, schoben Laimer und Szoboszlai sofort nach vorne um die zweiten Bälle zu erobern. Gelang diese Eroberung nicht direkt, blieben sie im Verbund im Gegenpressing 25 bis 35 Meter vor dem Dortmunder Gehäuse. Schlager hielt derweil diszipliniert die zentrale Position und fungierte als Absicherung.

Forsberg hatte eine besondere Rolle in der ersten Halbzeit, die ein wenig an die Kreisliga erinnerte, aber äußerst effektiv war. Er konzentrierte sich komplett auf Özcan als Aufbauspieler und folgte ihm in diesen Phasen auf Schritt und Tritt. Durch dieses permanente Stören gab Özcan die Position zwischen den Innenverteidiger auf und blieb vor der Kette, was für den BVB den Spielaufbau noch schwieriger machte.

RB verteidigt auch mit der letzten Linie mutig nach vorne und wird belohnt

Auffällig war auch das ,,harte” Durchschieben der Abwehrkette bei Leipzig. Wurde der Ball von Süle/Schlotterbeck flach auf die Außenverteidiger gespielt, rückte nicht etwa Szoboszlai oder Laimer zum Attackieren heraus, sondern Raum und Simakan pressten sofort nach vorne.

Sehr gut zu beobachten war dies beim zweiten Leipziger Treffer: Bellingham, der sich Bälle nun tiefer holen musste, wurde von der Pressingmaschine Laimer so attackiert, dass er sich nur noch mit einem unkontrollierten Ball flach nach vorne zu helfen wusste. Simakan presste schon Guerreiro, Orban schob komplett durch bis zu Brandt an die Außenlinie, Diallo und Raum sicherten die Mitte durch Einschieben auf der letzten Linie ab. Auch das war ein Puzzlestück, das zu Roses Matchplan passte, da durch die hoch pressenden Außenverteidiger das Mittelfeld Zentrum mit zwei Spielern vor der Kette und einem einrückenden ballfernen Achter (Szoboszlai oder Laimer) besetzt war.

Der BVB hingegen fand absolut keine Mittel ins letzte Drittel zu spielen. Nur wenn Bellingham es mal schaffte, sich im Eins-gegen-Eins oder auch Eins-gegen-Zwei durchzusetzen und den Ball nach vorne zu schleppen, kam der BVB zwar in die gefährliche Zone, machte aber nichts daraus. Süle versuchte häufig ins zweite Drittel zu dribbeln, rannte sich aber immer wieder fest. Einzig Schlotterbeck eröffnete phasenweise mal mit einem Diagonalball auf die ballferne Seite zu Meunier. Diese waren aber deutlich zu lange in der Luft und RB konnte schieben oder/und Meunier schaffte es nicht, die Bälle technisch sauber zu verarbeiten, sodass das Spiel mit einem Rückpass von vorne losging.

Terzics Umstellungen bringen keinen Erfolg

Auch in der zweiten Halbzeit änderte sich erst mal nicht viel. Özcan und Bellingham rochierten zwar mehr im Zentrum, jedoch vermisste man eine Veränderung, etwa ein Abkippen des Sechsers zwischen Außen- und Innenverteidiger, um Spieler aus dem Zentrum zu locken.

Leipzig empfing den BVB nun ein paar Meter tiefer mit der ersten Linie, bestehend aus Werner, Nkunku und Forsberg, was die Dortmunder weiter aufrücken ließ und somit mehr Platz zum Kontern für RB hinter der Abwehrkette bedeutete. Wer mit einer taktischen Umstellung oder veränderten Spielweise des Teams von Edin Terzic gerechnet hatte, wurde enttäuscht. Immer wieder wurde, wenn man es schaffte, die erste Linie zu überspielen, im geballten Zentrum versucht „klein klein“ zu spielen.

In der 60. Minute brachte Terzic Moukoko für Brandt, sowie Reyna für Wolf und stellte bei Ballbesitz auf 4-4-2 bzw. 2-3-1-4 um. Reyna und Reus begleiteten die Flügel, Modeste und Moukoko bildeten das Sturmzentrum, Özcan blieb vor der Kette und Bellingham gefühlt überall und nirgendwo.

Wobei die einzige echte Chance des BVB im zweiten Durchgang durch den umtriebigen Engländer eingeleitet wurde. In halblinker Position steckte er auf Reyna durch, dessen gute Flanke aber Modeste über das Tor setzte. Es war die einzige echte Flanke, die die Schwarz-Gelben in 90 Minuten vors Tor brachten. Auch nach der letzten Umstellung in der 70. Minute und dem allerletzten Versuch mehr Druck und Durchschlagskraft zu entwickeln, als Terzic noch Özcan rausnahm und den jungen Njinmah als echten Zehner brachte, war es RB Leipzig, das Chancen hatte.

Das 3:0 war bezeichnend für das ganze Spiel. Meyer eröffnet flach auf den Außenverteidiger Meunier, der direkt gepresst wird und den Ball verliert. Das Zentrum des BVB vor der Abwehr ist mittlerweile gar nicht mehr besetzt, sodass RB direkt nach innen auf Nkunku spielen kann, der mit einem Kontakt den startenden Werner bedient und dieser nur auf den mitlaufenden Haidara querlegen muss, der zum Endstand einschob.

Fazit

Bei aller taktischen Analyse muss man schlussendlich sagen, dass RB Leipzig in Sachen Zweikampfführung, Laufbereitschaft, Aggressivität und Wille in jeder Phase des Spiels klar überlegen war.

Marco Rose hat sich in den zwei Tagen mit der Mannschaft hauptsächlich auf den Matchplan gegen den Ball fokussiert und diesen perfekt vorbereitet. Offensiv reichte das schnelle Umschaltspiel aus, um dem BVB weh zu tun.

Bei Borussia Dortmund wurde deutlich, dass Edin Terzic aktuell nur Plan A in der Tasche hat. Der BVB muss sich weiterentwickeln und variabler werden, sowie Lösungen gegen hohes Pressing finden bzw. mannorientiertes Pressing finden.

Flo Müller, abseits.at

Flo Müller

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