Tansfers erklärt: Darum wechselt Andrés Guardado zu Bayer Leverkusen
Deutschland 14.Februar.2014 Rene Maric 0
Wie schon nach den vergangenen Winterpausen gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen? Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.
In diesem Teil geht es um die Verpflichtung von Andrés Guardado, der vom FC Valencia mit Kaufoption zu Bayer 04 Leverkusen verliehen wurde. Der Mexikaner soll die Probleme Leverkusens auf der Position des Linksverteidigers beheben.
Vom Außenstürmer zum Außenverteidiger
Nach zwei Jahren als Shootingstar der mexikanischen Liga wechselte Guardado nach Europa. Für sieben Millionen Euro sicherte sich Deportivo La Coruna seine Dienste im Jahr 2007 – ein mexikanischer Rekordtransfer. Bei Deportivo entwickelte sich Guardado zu einem starken klassischen Flügelstürmer, der die Mittelstürmer mit Flanken bediente und sich auf der Seite mit seiner Dynamik und Dribbelstärke in Richtung Grundlinie absetzen konnte. Insbesondere sein hervorragender Antritt sorgten für große Gefahr bei den Gegnern und die Möglichkeit einfach und erfolgsstabil Chancen nach Flanken zu kreieren.
Nach fünf Jahren bei Deportivo wechselte er zum FC Valencia, wo er seine Spielweise und seine Position etwas veränderte. Guardado ist in letzter Zeit nicht mehr der hochintensive Sprinter, Dribbler und Flankengeber, sondern wurde in seiner Entscheidungsfindung und seinen Läufen etwas konservativer und zurückhaltender. Dennoch besitzt er einige Eigenschaften, die ihn für Leverkusen überaus interessant machen.
Intelligente Flanken und punktuelle Kreativität von außen
Als Außenverteidiger variiert er zwischen sehr intelligenten, passenden und stringenten Läufen nach vorne, wo er sich intelligent anbietet. Dabei agiert er nicht nur klassisch breit und vertikal aufrückend, sondern schiebt auch etwas in Richtung Mitte und bewegt sich oft diagonal. Dadurch kann er seinen Vordermann nicht hinter-, sondern vorderlaufen. Dieses taktische Konzept bedeutet, dass der Außenverteidiger nicht hinter seinem Flügelstürmer aufrückt, sondern dass Letzterer das Spiel breit macht und der Außenverteidiger vor ihm in Richtung Tor zieht.
Dies sorgt bei vielen Teams für Probleme im Übergeben und beim Abdecken der Schnittstellen, was zum Beispiel auch von Österreichs Legionär David Alaba und den Münchner Bayern genutzt wird. Diesen Aspekt verbindet Guardado dann mit intelligenten Hereingaben, die bei Leverkusen insbesondere auf Stefan Kießling kommen dürften. Zusätzlich kann Guardado aber nicht nur von der Seite beziehungsweise aus tornahen Räumen flanken, sondern ist auch aus der Tiefe durchaus kreativ.
Immer wieder bringt er einzelne intelligente und gute Angriffseinleitungen aus dem Halbfeld, oder flankt bei hochstehender gegnerischer Abwehr hinter diese, um schnelle Abschlüsse herauszuspielen. Dadurch könnte er für die Leverkusener eine Art Idealbesetzung sein – und Leverkusen auch für ihn.
Die dankbare Position und Konkurrenzsituation des Linksverteidigers bei Bayer
Wie schon in vielen Analysen und Artikeln erwähnt besitzen die Leverkusener ein relativ unorthodoxes System. Dabei spielen drei Sechser in einer Reihe hinter drei Stürmern vor einer Viererkette, wodurch die Flügel geöffnet werden. Die Außenverteidiger des Gegners werden nominell offen gelassen, erhalten dann jedoch Druck von Bayers Außenstürmern, die ihnen die Passoptionen nach hinten versperren. Die Achter sichern die Halbräume und weichen auf die Flügel heraus, um dort zu unterstützen.
Somit hat der Außenverteidiger eine eher einfache Rolle; meistens verfolgt er seinen Gegenspieler mannorientiert, die Dreierreihe sichert ihn und auch entstehende Räume in der Viererkette gut ab, die Außenstürmer beteiligen sich passabel am Defensivspiel. Das System ist durch das aggressive Verschieben auf den Flügel , die große Kompaktheit und die hohe Präsenz in der strategisch wichtigen Mitte schwierig zu knacken, von der Rollenverteilung her kann man es gar als 4-3-3-0/4-5-1 bezeichnen.
Auch die Konkurrenzsituation sieht überaus positiv aus. Der als talentiert geltende junge Linksverteidiger Konstantinos Stafylidis erhält bislang nur acht Einsatzminuten und muss sich wohl erst an das höhere Niveau gewöhnen, der Stammspieler in den meisten Partien war darum bislang Sebastian Boenisch. Diesem mangelt es aber an spielerischer Qualität, viele Angriffe über seine Seite werden wegen ihm nur suboptimal abgeschlossen, unter Druck hat er viele Ballverluste und defensiv lässt er bisweilen zu große Löcher im Umschaltspiel.
Darum lief Boenisch in den letzten Wochen und Monaten zunehmend der junge Emre Can den Rang ab. Der ehemalige Münchner zeigte zwar als Linksverteidiger großteils sehr starke Leistungen, soll aber wohl eher als Achter aufgebaut werden und ist eigentlicher Rechtsfuß, trotz sehr guter Beidfüßigkeit. Für Guardado scheint alles zu passen; vermutlich auch das Zusammenspiel mit den Vordermännern.
Synergien mit den Außenstürmern
Im Normalfall dürfte der Platz auf dem linken offensiven Flügel Heung-Min Son gehören. Der junge Südkoreaner ist ein überaus schneller Spieler, hervorragend im Bespielen enger Räume, verfügt über einen guten Abschluss und bewegt sich gerne immer wieder in mittige Zonen, was Platz für das Aufrücken des Außenverteidigers macht. Guardado müsste dies eigentlich sehr gut liegen.
Im Gegensatz zu anderen Akteuren kommt der Mexikaner dank seiner intelligenten Entscheidungsfindung in seinen Läufen nicht prinzipiell nach vorne, isoliert sich dann teilweise auf dem Flügel oder lässt zu viel Raum offen, sondern bewegt sich passend zur Staffelung des Gegners und der Spieldynamik. Sons Raumöffnen könnte er dann je nach Situation früh bespielen, um eine zu hohe Fokussierung des Gegners auf Sons Läufe zu verhindern oder eben situativ später aufrücken, um sich selbst Raum zu schaffen und dann mit Son kombinieren oder direkt nach vorne durchbrechen zu können.
Teilweise positioniert sich Son aber auch sehr breit, wo Guardados schnelle Diagonalsprints und das Vorderlaufen zum Tragen kommen könnten. Son verfügt auch über die Passstärke ihn dann mit leicht diagonalen Pässe nahe der Auslinie einzusetzen und dann mit seiner Dynamik ebenfalls nachzurücken und den Rückraum im Angriffsabschluss zu besetzen.
Die wichtige Frage lautet natürlich, wie genau sich Guardado einlebt und wie er mit dem Tempo in Deutschland und natürlich insbesondere bei Leverkusen und dann in der Champions League zurechtkommt. Sollte er es schaffen, dass er zwischen dem hochintensiven Linienläufer und dem intelligent aufrückenden Außenverteidiger ausgeglichen wechselt, könnte er ein Goldgriff werden. Einziger klar erkennbarer und nicht vermeidbarer Nachteil: Die Kopfballstärke. Mit knapp unter 1,70m haben ihm hier seine Konkurrenten Boenisch und Can etwas voraus.
René Maric, www.abseits.at
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