Theo Zwanziger hat auf alles eine Antwort und vergisst seinen großen Kampf
Deutschland 23.September.2011 Daniel Mandl 0
Seit 2006 leitet Theo Zwanziger die Geschicke des Deutschen Fußballbundes. Dass der ehemalige Schatzmeister des DFB einige Dinge richtiger macht als Österreichs Pendants, ist nicht von der Hand zu weisen. Dass sich Zwanziger überall zu so gut wie jedem Thema, das mit Fußball zu tun hat, verwässert aber seine Worte.
25. August 2011: Philipp Lahms Autobiographie: „Unsere Nationalspieler müssen sich ihrer besonderen Verantwortung in der Öffentlichkeit bewusst sein.“ – 29. August 2011: Wann spielt RB Leipzig in der Bundesliga? „Ich glaube, dass der Weg, den beispielsweise Hoffenheim gegangen ist, von RB nicht eins zu eins nachgegangen werden kann.“ – 30. August 2011: Investoren im Fußball? „Wenn das Kapital eines Investors für den Fußball in seiner gesamten Breite verantwortungsbewusst eingesetzt wird, sehe ich das eher positiv.“ – 15. September 2011: Ballack aus dem Nationalteam entfernt? „Ich halte das für einen ganz normalen Vorgang.“ – 20. September 2011: Der richtige Umgang im Stadion? „Durch unter die Gürtellinie gehende Beleidigungen werden Eltern und Kinder vom Stadion-Besuch abgeschreckt, weil Eltern natürlich an die Vorbild-Wirkung für ihre Kinder denken müssen.“
Zu viel des Guten?
Theo Zwanziger hat auf so gut wie alles eine Antwort. Aber ob das auch sinnvoll ist, bleibt dahingestellt. Bereits am 1. September veröffentlichte die Berliner TAZ eine Satire über Zwanziger, genauer gesagt wurde sein Steckenpferd, die Homophobie, kritisiert. Der DFB-Präsident sieht sich nun Gegenwind ausgesetzt, welchen er selber zu verantworten hat. Ihm wird die Forderung nach einer Verpflichtung der Vereine zum Suchen homosexueller Spieler in den Mund gelegt. Durch diverse Stehsätze zu vielen Themen verliert sein Kampf für Toleranz an Substanz. Das ist auf alle Fälle schade, sieht sich doch gerade der Fußball vonseiten der Hardcore-Fans in Deutschland und Österreich immer öfter für das genaue Gegenteil missbraucht.
Einsamer Rufer
Passt Zwanziger nicht auf, so geht sein Kampf verloren. Wer zu viel sagt, vergisst das Wesentliche. Oben angeführte Sätze sind Aussagen, die im Grunde gar nicht getätigt werden müssen. Der Einwand, Homophobie und Rassismus müsse 2011 nicht kommentiert werden, stimmt hingegen nicht. „Schwul“, „Judas“, „Neger“ – das Vokabular auf Fußballplätzen bietet diesbezüglich Mannigfaltiges, welches aber keinen Mund verlassen sollte. Positioniert sich der Präsident nun als Don Quichote – und so muss man ihn leider nach wie vor bezeichnen – bereitet er sich selber keinen Gefallen, wenn er neben den Windmühlen, die die Stadien verseuchen, auch noch jeden noch so kleinen Löwenzahn zunichtemachen will.
Reden ist Silber
Der Fußball hat neben Rassismus und Homophobie 2011 noch mehr Probleme: Wettskandale, Gewalt, Finanzen. Ersteres ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft, Zweiteres für die Exekutive und Letzteres das Steckenpferd von UEFA-Präsident Michel Platini. Ob Zwanziger Oberlehrer-mäßig Dinge, die zum A-Team gehören (Ballack), ins Fußballunterhaus (RB Leipzig) oder das Verhalten der Spieler (Lahm) kommentieren muss, ist eigentlich keine Frage, sondern unnötig. Die Konzentration auf sein eigenes Steckenpferd hat viel mehr Substanz. Spricht er über die Enttabuisierung der Homosexualität im (Männer-)Fußball, hört die Welt zu. Phrasendreschen zu „eigentlich eh allem“ ist nicht dienlich, Schweigen ist Gold.
Menschen in der Position eines Theo Zwanzigers neigen zur Selbstüberschätzung. Die beinahe täglichen Meldungen von Äußerungen über jeden oder jedes noch so kleinen „Skandal oder Skandälchen“, so nennt es auch der renommierte Spiegel, verwässern die Grundbotschaft und den großen Kampf des einflussreichen Mannes an der Spitze des DFB.
Georg Sander, abseits.at
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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