Transfers erklärt: Darum wechselten Kruse, Drmic und Mehmedi ihren Arbeitgeber
Deutschland 13.Juni.2015 Rene Maric 0
Wie schon in der vergangenen Sommertransferperioden gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?
Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.
Dieses Mal geht es um gleich drei Transfers, die miteinander verbunden sind. Das Spielerkarussell dreht sich in der Bundesliga und dieses Mal sind es drei Stürmer, die den Verein wechseln.
Max Kruse zum VfL Wolfsburg
Der größte Name mit der größten Ablöse im Karussell ist natürlich Kruse. Dieser wechselte für 12 Millionen Euro (Ausstiegsklausel) von Borussia Mönchengladbach zum VfL Wolfsburg. Somit wechselte der Leistungsträger innerhalb zwei direkter Konkurrenten. Dabei ist eindeutig, dass Wolfsburg die bessere Saison hatte und auch langfristig dank VW wohl mehr Potenzial besitzt.
Bei den Wolfsburgern dürfte Kruse vermutlich die Position Bas Dosts einnehmen. Dieser steht bei zahlreichen Vereinen aus England hoch im Kurs und könnte den Verein verlassen. Das bedeutet aber auch, dass Wolfsburg sich nicht nur sportlich verbessern könnte, sondern auch finanziell. Es ist durchaus möglich Dost diesen Sommer für mehr als 15 Millionen Euro zu verkaufen; Geld, welches er nicht ganz wert ist. Eine Saison wie diese dürfte er nicht nochmal zustande bringen.
Kruse hingegen ist ähnlich torgefährlich wie Dost, allerdings deutlich spielstärker und beteiligt sich viel mehr am Spielaufbau und dem Herausspielen von Chancen. Kruse bezeichnete sich einst gar als „schwimmende Neuneinhalb“ und sollte sehr gut zu den Wolfsburgern passen. Schürrle, de Bruyne, Caligiuri, Perisic oder auch Vieirinha sollten von einem solchen Stürmer profitieren. Kruse sollte durch seine intelligent unterstützenden Bewegungen, sein gutes Passspiel und seine Technik mehr Präsenz im letzten Drittel und eine bessere Einbindung der Flügelstürmer im Strafraum sorgen.
Das sollte nicht nur das Umschaltspiel ankurbeln, wo de Bruyne häufig den Angriffsvortrag nahezu alleine übernehmen musste, sondern auch gegen tiefstehende, kompakte Mannschaften für mehr spielerische Mittel sorgen. Auch für die Spiele in der Champions League könnte Kruse besser geeignet sein; denn im Pressing überzeugt er ebenfalls etwas mehr als Dost.
Josip Drmic zu Borussia Mönchengladbach
Um die Lücke des Kruse-Abgangs zu schließen, musste Gladbach natürlich auch Geld in die Hand nehmen. Für angeblich fast zehn Millionen Euro konnten sie Drmic von Leverkusen loseisen, der zwar immer wieder gute Phasen hatte und kurzzeitig sogar als Stammspieler auflief, sich letztlich aber nicht vollends gegen Kießling und Co. durchsetzen konnte. Drmic hätte womöglich in der nächsten Saison eine größere Rolle gespielt, doch es scheint, als ob der Schweizer mit kroatischen Wurzeln wohl eher den sicheren Stammplatz bevorzugt.
Eventuell war auch Schmidt mit der Entwicklung des Stürmers nicht ganz zufrieden, da er nicht ganz zu diesem enorm kombinationsorientierten, sowie äußert laufintensiven Pressing- und Umschaltfußball der Leverkusener passt. Bei den Gladbachern sind die Stürmer auch in enorm viel Laufarbeit involviert, allerdings mit klar geringerer Intensität. Weiters hält Gladbach den Ball länger, spielt mit viel Ballbesitz, tieferem und passiverem Pressing sowie einer sehr fokussierten Ballzirkulation.
Man könnte sogar sagen, dass die Offensive ein bisschen jenem System ähnelt, in welchem Drmic bisher seine beste Phase hatte; nämlich jener kurzen Zeit des 1. FC Nürnberg unter Gertjan Verbeek, der aktuell beim VfL Bochum tätig ist.
Insofern könnte Drmic die Rolle Kruses sehr gut einnehmen; als pendelnder, ausweichender Stürmer, der immer wieder Räume öffnet, sich für schnelle Kombinationen in den unterschiedlichsten Zonen anbietet und dann wieder selbst in den Strafraum zieht, von den Dribblings und Läufen seines Nebenmannes Raffaels, den überfallartigen Schnellangriffen aus ruhiger Zirkulation heraus und den diagonalen Bewegungen der Flügelstürmer profitiert.
Desweiteren hat Gladbach noch einen großen Vorteil: Lucien Favre. Der Trainer ist nicht nur ein hervorragender Taktiker, er gilt auch als hervorragend in der individualtaktischen, gruppentaktischen und technischen Verbesserung seiner Spieler und seine Mannschaften haben trotz enormer Laufleistungen sehr wenige Verletzungen. Ein Profi kann einen Trainer wie Favre also nur mögen; er ist menschlich top, fachlich hervorragend und sorgt für eine positive Entwicklung ohne den Spieler zu verletzen.
Drmic zu Gladbach klingt also wie ein Gewinn für beide Seiten.
Admir Mehmedi zu Bayer 04 Leverkusen
Drmics Abgang von Leverkusen zu Gladbach riss natürlich wieder ein Loch in den Kader und die Zukunftsplanung Roger Schmidts. Immerhin galt Drmic durchaus als Perspektivhoffnung, ein Stürmer mit seinen besten Jahren vor sich und großem Talent. Zwar konnte er sich noch nicht ganz an Stefan Kießling vorbeidrängen, doch er zeigte durchaus das Potenzial dafür. Desweiteren ist Kießling nicht mehr der Jüngste, passt auch nicht optimal ins System von Roger Schmidt und abgesehen von Kießling und Drmic gab es schlichtweg kaum andere Optionen für die Rolle des Mittelstürmers.
Darum ist nach dem Abgang Drmics natürlich akuter Bedarf gegeben. Mit der Verpflichtung Mehmedis von Freiburg wurde diese Lücke nicht nur schnell, sondern auch passend gestopft. Der 24-jährige Angreifer weist gar gewisse Parallelen zu Drmic aus: Spielstark, sehr beweglich, laufstark und kombinationsorientiert. Allerdings ist Mehmedi noch etwas dribbelstärker, weiträumiger und ins Kombinationsspiel miteinbezogener als Drmic.
Bei Freiburg spielte er häufig als Flügelstürmer und ist insgesamt ein unterschätzter Spieler mit Potenzial, der bei Leverkusen zu einer Überraschung und Stammspieler werden, oder zumindest als sehr gute Bankoption enden könnte. Mehmedi ermöglicht es also diese Saison einen potenziell hochwertigen Konkurrenten für Kießling zu stellen, auf dem Markt ruhiger zu agieren und einen sehr guten Ersatzstürmer zu haben, wenn er sich doch nicht gegen Kießling durchsetzen kann.
Dann könnte Leverkusen auch nach einer Topoption für die Position des Mittelstürmers suchen, Kießling ersetzen und für diesen neuen Stürmer als Ersatz fungieren. So oder so; Mehmedi bringt für wenig Geld viel Potenzial und Flexibilität in der Kaderplanung mit. Er könnte sogar mit Son, Brandt und Bellarabi in einer Art Vierersturm ohne klaren Mittelstürmer die Positionen durchgehend wechseln oder mit Kießling einen klassischeren Zweiersturm geben.
René Maric, www.abseits.at
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