Wie schon in der vergangenen Winterpause gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive... Transfers erklärt: Deshalb wechselte Milos Jojic zu Borussia Dortmund

Borussia DortmundWie schon in der vergangenen Winterpause gehen wir in dieser Rubrik auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen?

Diese Fragen sollen hauptsächlich beantwortet werden. Auch die taktische Perspektive soll nicht zu kurz kommen, immerhin ermöglicht ein neuer Spieler oftmals eine Vielzahl neuer Kombinationen und Synergien, die ebenfalls kurz erläutert werden sollen.

In dieser Ausgabe blicken wir auf Dortmunds Neueinkauf in dieser Wintertransferphase. Nach der Verletzung von Jakub Blaszczykowski und der verlängerten Verletzungspause für den Rekonvaleszenten Ilkay Gündogan schlug der BVB auf dem Transfermarkt zu. Nach interessanten Gerüchten um so namhafte Fußballer wie Ever Banega, Mateo Kovacic oder auch die Premier-League-Legionäre Shinji Kagawa und Lewis Holtby holte das Trainerteam um Jürgen Klopp abermals jemanden, den niemand auf dem Zettel hatte: Milos Jojic von Partizan Belgrad.

Milos Jojic: Dortmunds Rückkehr zum eigenen Transfersystem

Die Ablösesumme soll je nach Quelle irgendwo zwischen 1,5 und 3,5 Millionen Euro liegen. Vermutlich dürfte die Fixsumme bei knapp über 2 Millionen liegen, mit Prämien könnte sie noch etwas anwachsen. Allerdings könnte dieser Transfer auch ein kleiner Fingerzeig werden: Weg von den großen Gerüchten, von den teuren Risikotransfers und zurück zu Transfers wie Piszczek oder Lewndowski, welche für geringe Summen kamen und zu internationaler Klasse reiften.

Auf den ersten Blick wirkt Jojic wie so ein Spieler. Er wurde mit den Worten „für die Bundesliga würde ich sogar zu Fuß nach Deutschland gehen“ zitiert, ist international noch ein unbeschriebenes Blatt (erst ein Spiel für die A-Nationalmannschaft) und kostet wenig. Wie passend, dass die Fans von Partizan über die ihrer Meinung nach zu geringe Ablösesumme schimpfen, welche der BVB womöglich auch dank der Mitwirkung von Jojic-Berater und dem ehemaligem BVB-Profi Miroslav Stevic berappen musste.

Das ist nur allzu verständlich. In 15 Spielen in dieser Saison hat Jojic 13 Scorerpunkte (6 Tore, 7 Vorlagen) verbuchen können; im Schnitt alle 98 Minuten. Diese sorgten außerdem dafür, dass er zum Spieler der Vorrunde gewählt wurde. Nun wurde er kurz vor Rückrundenbeginn aus dem Team,  besser gesagt direkt aus dem Trainingslager in Belek, gerissen und verlässt den Verein. Die Frage ist aber, wie er den Leistungsunterschied in der Bundesliga meistern wird.

Denn trotz der Kritik an der zu geringen Ablösesumme trauen selbst viele Fans von Partizan Belgrad ihrem Starspieler den Sprung nicht zu. Schon bei den Gerüchten zu einem Wechsel zum SSC Neapel oder Bayer Leverkusen kam Skepsis auf. Was genau könnten Jürgen Klopp und Co. also mit ihm planen?

Großes Vorbild: Ein Bayern-Star

Nach eigener Aussage ist eines seiner Vorbilder der Bayernspieler Toni Kroos. Bei Partizan trug Jojic sogar die gleiche Rückennummer wie Kroos bei den Bayern, nämlich die 39. Wie Kroos kann Jojic trotz Problemen im Antritt und im Sprint viele Positionen spielen. Er kann unter anderem als Zehner, Achter oder Flügelspieler im Mittelfeld auflaufen. Gleichzeitig besitzt er auch noch ein paar Fähigkeiten, die an Kroos erinnern.

Jojic hat beispielsweise ein sehr feines Füßchen, kann sehr gute Pässe spielen und ist hervorragend beim Ausführen von Standardsituationen. Immer wieder kann er nach Ecken und Freistößen Tore erzielen oder sie direkt und indirekt vorbereiten. Dies ist auch bei der Entscheidungsfindung und generell im Passspiel ähnlich. So hat Jojic zum Beispiel ein sehr gutes Gespür für enge Situationen und wie er diese auflösen kann. Außerdem visiert er mit seinen Pässen gut defensive Schwachstellen an und spielt dort schwer zu verteidigende Bälle, obgleich diese auch für die Mitspieler nicht immer einfach zu verarbeiten sind. Ebenso passt er vom Passspiel her gut zum schnellen Umschaltfußball der Dortmunder, da er sehr saubere und direkte Ablagen beherrscht.

Grundsätzlich bewegt er sich außerdem sehr intelligent, hat dann als Sechser teilweise strategisch sehr gute Positionierungen und Bewegungen, besonders beim Herauskippen. Allerdings scheint er oftmals sogar nur die gegnerische und eigene Struktur zu analysieren, während ihm in taktischer Hinsicht – dem Gespür für Dynamik und sich öffnende Räume – oftmals etwas fehlt und er sich da unsauber bewegt.

Allerdings hat er auch einige Probleme, die ihn womöglich beim BVB nicht nur aus der Stammelf halten werden, sondern ihn womöglich sogar scheitern lassen könnten.

Machen ihn die Differenzen zu einem Allrounder, einem Back-Up oder einem Notnagel?

Gleichzeitig gibt es nämlich einige Aspekte, die Jojic klar von Kroos unterscheiden. Er ist zwar antrittsschwach, hat aber eine ganz andere Motorik und Koordination als Toni Kroos. In gewisser Weise erinnert da eher an einen schwächeren und weniger dynamischen Mkhitaryan, der selbst seine Probleme im Zusammenspiel mit Robert Lewandowski besitzt. Allerdings heißt das auch, dass Jojic ein sehr guter Pressingspieler ist. Mit Ball hat er ebenfalls interessante Fähigkeiten und Eigenschaften.

Bei seiner Ballbehandlung ist er meistens technisch sehr sauber und verliert nur wenige Bälle. Zusätzlich hat er eine hohe Kontaktfrequenz im Lauf, kann die Richtung dann ändern oder auf gegnerische Bewegungen reagieren. Dabei hat er aber oft auch ein paar Aussetzer drinnen. Er versucht dann – auch wegen der hohen Kontaktfrequenz – einige koordinativ sehr anspruchsvolle Sachen, die dann entweder zu Fehlern führen oder seiner sauberen Technik schaden. Manchmal hat er auch einfach Momente, wo sein Gehirn auszusetzen scheint und er klare Fehler begeht. Womöglich sind dies aber nur Konzentrationsmängel.

Es könnte sogar sein, dass er mit seiner Spielweise und seiner Grundcharakteristik in Deutschland gegen kompaktere Gegner besser wird. Jedoch muss man berücksichtigen, dass er ganz merkwürdig verteilte Stärken und Schwächen hat, die man nicht einfach alle in ein Team einbinden kann. Das Niveau in Deutschland ist desweiteren deutlich höher als in der serbischen Liga und seine Statistiken dort lesen sich zwar gut, sind aber durch seine starken Standards eventuell etwas verfälscht und lassen ihn besser wirken.

Nichtsdestotrotz könnte er einer der typischen Klopp-Transfers werden und von einem No-Name zu einem Spieler internationaler Klasse wirken. Die Frage ist dabei nicht nur, wie seine Stärken und Schwächen eingebunden werden, sondern wie er sich in Deutschland zurechtfindet und ob das Training Klopps sich auch auf seine Physis positiv auswirkt. Dann könnte er durchaus die gewünschte Überraschung und Verstärkung werden. Zurzeit wirkt er eher wie ein kleines Experiment, welches eher in Anbetracht der Verletzungslage Dortmunds eine mittelfristig passable Verpflichtung ist.

Aktuell könnte er in einer kreativen und einrückenden Position die Rolle Kubas übernehmen, er könnte bei einer Umstellung auf ein 4-3-3/4-1-4-1/4-5-1 als Achter agieren oder im aktuellen 4-2-3-1 als Sechser spielen. Theoretisch wäre es sogar möglich, dass er als Zehner aufläuft und Mkhitaryan dafür (wie in den Vorbereitungsspielen und einzelnen Partien bei Shakhtar und Armenien) eine Ebene zurückgezogen wird. Es wird interessant zu sehen, wo, wie viele und unter welchen Bedingungen Jojic seine Einsatzzeiten beim BVB in nächster Zeit erhalten wird.

Für die interessierten Leser gibt es noch ein paar interessante Videos.

Jojics Vorlagen und Tore in dieser Saison:

Ein schönes Freistoßtor im Derby gegen Zvezda:

Gesammelte Highlights:

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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