U21-EM: Rückblick auf die Leistung der deutschen Juniorennationalmannschaft (1)
Deutschland 19.Juni.2013 Rene Maric 0
Bei der U21-Europameisterschaft stachen einige Teams beziehungsweise deren Abschneiden ins Auge. Während Italien und die Niederlande wohl fast perfekt die Erwartungen erfüllten, stach einer der Fußballgiganten sehr positiv ins Auge, zwei andere fielen jedoch negativ ab.
Einer davon war Deutschland. Die Leistung der U21 des DFB schied bereits in der Gruppenphase aus und erntete große Kritik an ihren Leistungen. An sich kein Problem und wohl gerechtfertigt, doch die Kritik weitete sich auf den gesamten Nachwuchs aus; was wiederum eher nicht gerechtfertigt ist. In diesem zweiteiligen Beitrag soll es zuerst um das Abschneiden beim Turnier und die Hintergründe gesehen, bevor ein paar generelle Fragen zum Konzept besprochen werden. Sind die Deutschen wirklich wieder hintendran in der Jugendförderung?
Falsche Spielerwahl und ein kleines bisschen Pech
Zuerst wollen wir aber über die direkten Hintergründe des Ausscheidens sprechen. Ein Aspekt war natürlich die Leistung, die schlicht und ergreifend zu schwach für die Ansprüche war. In der Offensive fehlte es an einem durchgehenden Plan, um die Gegner in Gefahr zu bringen, es mangelte an Kreativität und an automatisierten Bewegungen. Defensiv stand man bisweilen gut, war jedoch insbesondere über die Außen und die Halbräume anfällig.
Der Faktor Pech kam auch hinzu: Die Aufholjagd gegen die Niederlande, wo man sich mit einer hervorragenden zweiten Halbzeit eigentlich den Sieg oder zumindest einen Punkt verdient hätte, wurde nicht belohnt. Der hochtalentierte Bernd Leno zeigte überraschend viele Fehler und Anfälligkeiten, war an fast jedem Gegentreffer im Turnier negativ beteiligt. Unüblich für ihn und keineswegs zu erwarten. Gegen Spanien gab es sogar eine relativ gute Defensivleistung rund um den Strafraum, man ließ insbesondere in Halbzeit Eins beinahe nur Halbchancen zu. Im Mittelfeld und im Pressing war man allerdings hoffnungslos unterlegen.
Diese Vorstellung dürfte auch der Grund für die große Kritik sein, ebenso wie die erste Hälfte gegen die Niederlande im ersten Spiel. Gegen den späteren Turniersieger von der iberischen Halbinsel war man schlicht unterlegen – was keine Schande ist. Gegen die Nachbarn aus den Niederlanden war es die schlechte Aufstellung in der ersten Hälfte, wo Pierre-Michel Lasogga und Peniel Mlapa aufliefen. Beide sollten nicht die erwarteten Leistungen bringen, passten kaum zur restlichen Mannschaft und wurden in unpassenden Rollen eingesetzt.
Mit der Einwechslung von Kevin Volland, der deutlich besser zur Mannschaft passt und mit seinem hervorragenden gruppentaktischen Instinkt sofort eine Verbesserung ins Spiel brachte, konnten die Fehler nur teilweise korrigiert werden. Es war die Korrektur des Aufstellungsfehlers, kam aber zu spät und war wohl der Hauptgrund für das Ausscheiden. Einen anderen indirekten Grund gab es allerdings ebenfalls.
Kadermängel?
Viele Spieler, die für die U21 spielberechtigt wären, konnten (oder durften) nicht mitspielen. Dies lag an vier großen Ursachen:
– Dem hervorragenden Abschneiden in der Champions League und der dadurch bedingt langen Saison
– Der USA-Reise der A-Nationalmannschaft, für die einige junge Spieler eingeladen wurden
– Die Wichtigkeit zahlreicher Spieler für die A-Nationalmannschaft beziehungsweise für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr
– Sonstige Faktoren wie Verletzungen, etc.
Eine hypothetische U21 der Deutschen hätte also noch Mario Götze, André Schürrle, Toni Kroos, Ilkay Gündogan, Marc-Andre ter Stegen und Julian Draxler beinhaltet, die aber aus unterschiedlichen Gründen ausfielen (Kroos war verletzt) beziehungsweise nicht berücksichtigt werden durften (Götze, Gündogan wegen der langen Saison, Draxler wegen seiner USA-Reise).
Hinzu kommen vier verletzte Spieler, nämlich Jan Kirchhoff (18 U21-Einsätze), Sebastian Jung (19 U21-Einsätze), Karim Bellarabi (5 U21-Einsätze) und Kevin Trapp (11 U21-Einsätze). Von 19 Spielern, die in den letzten Jahren zum Kader gehörten und mehr als 10 Einsätze für die U21 haben, fehlten insgesamt acht; u.a. der suspendierte Moritz Leitner, der immerhin eine Alternative für die Bank dargestellt hätte.
Auch taktisch interessante Rollenspieler wie Tolgay Arslan, Stefan Bell, Maximilian Beister, Konstantin Rausch oder der junge Alexander Merkel aus der italienischen Liga wurden nicht berücksichtigt. Mit all diesen zusätzlichen Alternativen und dem Kader, der antrat, hätten die Deutschen eine durchaus starke Mannschaft, aus taktischer und spielerischer Sicht, aufbauen können. Alleine Gündogan, Götze, Schürrle und Draxler hätten wohl die grundlegenden Probleme beseitigt oder zumindest kaschieren können.
Bei Italien wurden A-Nationalspieler wie Fabio Borini, Mattia Destro, Lorenzo Insigne, Marco Verratti, Alessandro Florenzi und Manolo Gabbiadini für die U21 abgestellt, einzig Stephane El Shaarawy, Mattia De Sciglio und Mario Balotelli blieben bei der A-Nationalmannschaft. Bei Spanien wurde kein einziger für die U21 spielberechtigter Akteur zum Confederations Cup einberufen, auch die Niederländer konnten bei der U21-Europameisterschaft mit einer Vielzahl von A-Nationalspielern aus dem Vollen schöpfen.
Ein Grund für die „Nichtberücksichtigungen“, wenn man sie so nennen möchte, liegt auch an der Ausbildung des DFB, den Leitlinien und generellen historischen Kontexten, an denen der DFB die Schuld trägt und nicht die Umstände oder gar der Gegner. Diese Aspekte werden morgen im zweiten Teil erläutert.
Rene Maric, abseits.at
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