In der 25. Runde der deutschen Bundesliga kam es zum Duell zwischen den Abstiegskandidaten aus Köln und Berlin. Vor dem Spiel lagen die Tabellennachbarn... Verspäteter Karneval in Köln – 3 Platzverweise, ein Abseitstor!

In der 25. Runde der deutschen Bundesliga kam es zum Duell zwischen den Abstiegskandidaten aus Köln und Berlin. Vor dem Spiel lagen die Tabellennachbarn auf den Plätzen 14 und 15, wobei der 1.FC Köln zwei Punkte Vorsprung auf Hertha BSC Berlin vorweisen konnte. In einer hitzigen und extrem kampfbetonten Partie konnten die Kölner schlussendlich mit 1:0 die Oberhand behalten. In der 37. Minute sorgte Christian Clemens für das Siegtor. Richtig heiß wurde es nach dem Ausschluss gegen Mato Jajalo in der 66. Minute und kurze Zeit später bei einer Rudelbildung mit zwei Platzverweisen! Vor allem die Entscheidungen von Schiedsrichter Guido Winkmann und seinen Assistenten sind schwer nachzuvollziehen.

Vor dem Spiel

Der 1. FC Köln konnte in den letzten vier Runden nur einen mageren Punkt holen, in der Rückrunde gab es insgesamt nur einen Sieg und ein Unentschieden, dem gegenüber stehen fünf Niederlagen. Das Unentschieden auswärts gegen Hoffenheim war alles andere als verdient, nach einer einseitigen Partie konnte Lukas Podolski in der 81. Minute den aus einem Treffer von Marvin Compper resultierenden Rückstand ausgleichen. Es musste also ein Sieg her, um nicht noch weiter Richtung Abstiegsränge durchgereicht zu werden.
Auf der anderen Seite gab es in den beiden Spielen unter Neo-Trainer Otto Rehhagel ein Wechselbad der Gefühle: Beim Einstand des ehemaligen Europameistertrainers der Griechen kamen die Berliner in Augsburg mit 0:3 unter die Räder. Am nächsten Spieltag gelang dann zu Hause gegen Werder Bremen ein nicht ganz unverdienter 1:0 Sieg. In einem eher schwachen Spiel gelingt Rukavytsya mit einem Volley das Siegtor, allerdings kam der Treffer eher glücklich zu Stande, da der Berliner den Ball nicht richtig trifft. Der, wohl eher unabsichtliche, Aufsetzer springt unhaltbar über Tormann Tim Wiese ins Gehäuse der Bremer. Auch die Berliner, die durch den Sieg gegen die Norddeutschen den Relegationsplatz verlassen konnten, zählt im Kellerduell gegen die Kölner nur ein Sieg.

Das Tor

In einer insgesamt sehr kampfbetonten und eher schwachen Partie gelingt Christian Clemens in der 37. Minute der goldene Treffer zum Sieg der Kölner. Allerdings geht dem Tor eine vermeintliche Abseitsstellung des Assistgebers, Mišo Brečko, voraus. Einen Pass Richtung Podolski kann der Berliner Abwehrspieler Hubnik abfangen und versucht zu klären. Dieser Klärungsversuch landet allerdings bei Brečko, welcher den Ball anschließend zur Mitte bringt, wo Clemens mit einem wuchtigen Schuss in die rechte obere Ecke vollendet. Nun stellt sich die Frage, ob auf Abseits entschieden werden hätte müssen: Es handelt sich um eine Abseitsstellung, wenn nach dem Pass in Richtung Podolski keine neue Spielsituation entsteht. Wenn allerdings eine neue Spielsituation entsteht, hat der Schiedsrichter nicht auf eine Abseitsstellung zu entscheiden.
Fassen wir zusammen: Zur Zeit des Abspiels stehen sowohl Podolski als auch Brečko im Abseits, allerdings versucht Hubnik zu klären. Der Hertheraner versucht in seiner Aktion, das Eingreifen Lukas Podolskis zu verhindern. Hätte Hubnik den Ball nicht berührt, wäre mit Sicherheit auf Abseits entschieden worden, da der Nationalstürmer klar im Abseits stand. Allerdings muss der Hertha-Verteidiger in dieser Situation versuchen den Ball abzufangen, da er nicht wissen kann, dass Podolski klar im Abseits steht. Hubnik versucht also den Ball wegzuschlagen, entweder nach vorne oder ins Aus. Dadurch dass dieser Versuch misslingt und der Ball nur durch Zufall zu Brečko kommt, handelt es sich hierbei um keine neue Spielsituation. Hätte Hubnik den Ball zielgerichtet zum Kölner gespielt, wäre hingegen eine neue Situation entstanden und somit kein Abseits zu pfeifen gewesen. In diesem Fall entsteht aber keine neue Spielsituation, somit hätte diese Szene richtigerweise einen Abseitspfiff nach sich ziehen müssen. Ein irregulärer Treffer also, jedoch ist die Regelauslegung in punkto Abseits sehr knifflig und es ist für den Assistenten sehr schwer in dieser Situation sofort die richtige Entscheidung zu treffen.

Platzverweis, Klappe die erste!               

In der 58. Minute kommt der Kroate Mato Jajalo für Martin Lanig ins Spiel, der 23-Jährige soll neue Ideen ins Spiel der Kölner bringen. Nur acht Minuten später stand der Kroate schon im Mittelpunkt des Geschehens: Der Schiedsrichter zeigte dem Kroaten bei seinem ersten Foul ohne zu zögern die rote Karte. Vorausgegangen war dieser Aktion eine rüde Attacke gegen den Georgier Kobiashvili. Jajalo rutschte von der Seite nur in die Beine des Georgiers, wobei er keine Chance auf den Ball hatte. Mit den Stollen traf Jajalo seinen Gegenspieler am Unterschenkel, somit ei n grobes Foul. Auch wenn viele Fans des 1. FC Köln hier lieber eine gelbe Karte gesehen hätten, ging die Entscheidung des Schiedsrichters in dieser Szene in Ordnung. Ein Auszug aus dem Reglement macht dies deutlich:

Ein Spieler, Auswechselspieler oder ausgewechselter Spieler wird des Feldes verwiesen, wenn er eines der folgenden sieben Vergehen begeht:

• grobes Foulspiel,

• Tätlichkeit,

• Anspucken eines Gegners oder einer anderen Person,

• Verhindern eines Tors oder Vereiteln einer offensichtlichen Torchance des Gegners durch absichtliches Handspiel (gilt nicht für den Torwart im eigenen Strafraum),

• Vereiteln einer offensichtlichen Torchance für einen auf sein Tor zulaufenden Gegenspieler durch ein Vergehen, das mit Freistoß oder Strafstoß zu ahnden ist,

• anstößige, beleidigende oder schmähende Äußerungen und/oder Gebärden,

• zweite Verwarnung im selben Spiel.

In unserem Fall liegt mit dem groben Foulspiel also ganz klar eines dieser Vergehen vor. Zudem kann bei einem Foulspiel zwischen fahrlässigem Foulspiel, rücksichtslosem Foulspiel und übermäßiger Härte unterschieden werden.  Während ein fahrlässiges Foulspiel keine Sanktion nach sich zieht und ein rücksichtsloses Foulspiel mit einer Verwarnung bestraft wird, muss bei übermäßiger Härte ein Platzverweis die Folge sein. In unserem Fall liegt nicht nur rücksichtsloses Foulspiel vor, sondern auch übermäßige Härte, da der Spieler nicht nur ohne Rücksicht auf den Gegenspieler in den Zweikampf geht, sondern auch eine Verletzung des Gegenspielers in Kauf nimmt. Die Entscheidung des Schiedsrichters geht also vollkommen in Ordnung. Mato Jajalo konnte diese Entscheidung allerdings ganz und gar nicht nachvollziehen und weigerte sich mehrmals den Platz zu verlassen. Auch als er schon fast im Kabinengang angelangt war, kam der Kroate nochmals zurück um mit dem vierten Offiziellen zu diskutieren.

Platzverweis, Klappe die zweite und dritte!

In der 75. Minute sah dann Levan Kobiashvili Gelb – nach einem Foulspiel an Sascha Riether. Der Georgier, welcher seit der 66. Minute und dem Platzverweis an Mato Jajalo gnadenlos bei jedem Ballkontakt von den Kölner Fans ausgepfiffen wurde, krachte postwendend mit Riether zusammen. Es kam zu einer Rudelbildung an der quasi alle 19 übriggebliebenen Feldspieler teilnahmen. Nach der Auseinandersetzung mit Sascha Riether widmete sich Kobiashvili nun Lukas Podolski: Der Georgier hielt den Nationalstürmer fest, beide zogen etwas am Trikot des jeweils anderen und Podolski versuchte sich zu befreien. Schiedsrichter Guido Winkmann zeigte Kobiashvili sofort die zweite gelbe Karte und schickte ihn duschen. Nach kurzer Unterredung mit seinem Assistenten verwies er allerdings auch Lukas Podolski vom Platz. Der Kölner wurde aufgrund einer Tätlichkeit mit der roten Karte bestraft. Die Sanktion war richtig, allerdings wird es schwer, hier eine Tätlichkeit zu interpretieren. Die TV-Bilder zeigen eindeutig, wie zuerst Riether und Kobiashvili aneinander geraten und kurz danach Podolski mit dem Georgier einen Disput hat. Der Assistent will hierbei einen vermeintlichen Kopfstoß des Kölners gegen Kobiashvili gesehen haben, allerdings hat Podolski in dieser Situation nur versucht sich zu befreien. Die Entscheidung des Assistenten, Spielleiter Winkmann hat die Situation nach eigenen Aussagen gar nicht gesehen, war also falsch, es hätte keinen dritten Platzverweis geben dürfen.

Fazit

Der Schiedsrichter hatte in diesem Spiel vier wirklich schwierige Entscheidungen zu treffen, von denen er in zwei richtig lag. Trotzdem sind diese Fehlentscheidungen nicht unbedingt Guido Winkmann zuzuschreiben, sondern einerseits der schwammigen Regelauslegung und andererseits seinem Assistenten. Viele Kritiker würden in diesem Fall sicherlich wieder die Einführung einer TV-Analyse fordern, um dem Schiedsrichter die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Bei der Abseitssituation wäre ein Videobeweis sicherlich zielführender gewesen Eine klarere Formulierung der Abseitsregel würde solche Situationen aus der Welt schaffen, auch ohne Videobeweis oder ähnlichem. Bei der Situation rund um den Platzverweis Podolskis hätte eine Videoanalyse wiederum bewiesen, dass der Kölner völlig zu Unrecht vom Platz geschickt wurde. Ähnlich wie im Eishockey könnten die Schiedsrichter also ihre Entscheidung nach einem kurzen Videostudium treffen, dass dies genauso Fehlentscheidungen hervorrufen kann, zeigte jüngst das Spiel zwischen den Vienna Capitals und den Black Wings aus Linz: Nach der Videoanalyse gaben die Schiedsrichter einen vermeintlichen Treffer der Capitals, welcher, wie sich später herausstellte, allerdings nicht zählen hätte dürfen, da der Puck die Linie nicht überschritten hatte. Man sieht also: Auch wenn man Neuerungen wie den Videobeweis einführen würde, bliebe die Fußballwelt von Fehlentscheidungen nicht verschont. Gott sei Dank, denn gerade diese Fehlentscheidungen oder Interpretationsmöglichkeiten machen den Fußballsport so interessant und prickelnd.

Michael Prügl, abseits.at

Michael Prügl

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