Heute findet das Topspiel des Tages in der Bundesliga statt – und ist dort womöglich das entscheidende Spiel in dieser Saison. Schon vorzeitig konnte... Vorschau: Das Spiel der Spiele in der deutschen Bundesliga

Dortmund vs BayernHeute findet das Topspiel des Tages in der Bundesliga statt – und ist dort womöglich das entscheidende Spiel in dieser Saison. Schon vorzeitig konnte sich der FC Bayern mit vier Punkten absetzen und führt die Liga an. Gewinnen sie in Dortmund, wäre dies schon eine Vorentscheidung. Doch Jürgen Klopp dürfte sich das nicht gefallen lassen und greift vermutlich wieder auf jene Tugenden zurück, die schon in den letzten Jahren gegen Bayern sehr erfolgreich funktionierten.

Taktik gegen Strategie?

Die Dortmunder definierten sich in den letzten Duellen eigentlich immer durch ihre grundlegenden Fähigkeiten: Kompaktheit, Intensität, Pressing, „Raumfressen“, hervorragende Gruppentaktik. Mit diesen isolierten sie das Spiel der Bayern auf den Flügeln, nahmen ihnen die Kreativität in der Mitte und konnten mit hervorragenden Kontern Nadelstiche setzten, was oft zu knappen Siegen führte. Insbesondere früher konnten sie das flügellastige Bayernspiel damit zerstören.

In der vergangenen Saison setzte ein anderer Trend ein: Bayern wurde selbst defensiv stabiler, agierte offensiv intelligenter und variabler, wodurch Dortmund letztlich auch die zwei entscheidenden Spiele in der vergangenen Saison verlor. Nun haben sich die Vorzeichen abermals geändert. Der BVB ist defensiv noch eine Stufe stabiler und intensiver geworden, während die Bayern unter Guardiola trotz hervorragender Ergebnisse bei gegnerischen Kontern nicht konstant stabil stehen.

Von der strategischen Ausrichtung haben die Dortmunder hier klare Vorteile. Sie stehen gerne tief und kontern – gegen die Bayern dürfen sie das sogar, Guardiolas Selbstanspruch sorgt automatisch dafür. Damit haben sie mehr Spielraum und defensiv können sie sich auf ihre prägendsten Fähigkeiten konzentrieren. Dass ihnen trotz großer Dominanz nicht die durchschlagende Idee einfällt oder sie wegen einer tiefen und passiven Ausrichtung des Gegners nicht zum Kontern kommen, sollte ihnen gegen die Bayern nicht widerfahren.

Allerdings könnte hier Guardiola das Zünglein an der Waage sein. Wie kaum ein anderer Trainer in der Fußballgeschichte definiert er sich durch einzelne taktische Anpassungen und den Versuch dadurch dem Spiel im Rahmen der eigenen offensiven Spielphilosophie die entscheidende Wendung zu eigenen Gunsten zu geben.

Gegen den BVB wäre dies beispielsweise durch den Versuch einer Überflutung der Mitte und konstantem Raumgewinn möglich.

Der Ballbesitzfußball und die Kontrolle gegnerischer Konter

Mit dieser Überflutung der Mitte, wie sie Guardiola in dieser Saison schon mit den hineinkippenden Außenverteidigern oder beim FC Barcelona mit der falschen Neun praktizierte, könnte er gegen Dortmund versuchen durch Überzahl das Pressing zu neutralisieren. So könnte einer aus Thiago Alcantara oder Mario Götze auf links spielen und immer wieder in die Mitte einrücken, ebenso es wie die Außenverteidiger schon tun. Man hätte dadurch mehr Anspielstationen und würde eventuell probieren mit Kurzpasskombinationen das Pressing der Borussen zu umspielen.

Mit mehr Ballbesitz kontrolliert man auch die gegnerischen Konter, da sie weniger oft geschehen und man durch die längeren Ballbesitzzeiten auch sicherere Absicherungen und Staffelungen bei Ballverlusten kreieren kann. Allerdings ist die Frage, ob das gegen den BVB auch so möglich ist. Diese weichen selten unnötig nach hinten, wie es viele andere Mannschaften machen. Zusätzlich ist ihr Pressing so gut organisiert und so kollektiv, dass selbst bei formativer Überzahl ein konstruktives Erspielen von Angriffen enorm schwer ist. Dies war zum Beispiel bei der bislang besten Bayernpartie unter Guardiola gegen Manchester City in der Champions League ganz anders.

Dort „campierten“, um Thomas Müller zu zitieren, die beiden Stürmer vorne und arbeiteten nicht nach hinten, zusätzlich waren die gruppentaktischen Bewegungen und das Pressing kaum vorhanden. Auch darum dürfte der BVB der klar schwerste Test dieser Saison werden. Die klassische Kontrolle der Konter durch mehr und stabileren Ballbesitz ist kaum planbar möglich, obwohl Guardiola es vermutlich versuchen wird.

Desweiteren sind die Konter der Dortmunder noch eine Stufe durchschlagskräftiger, intelligenter und dynamischer als bei so gut wie jeder anderen Mannschaft der Welt. Sie stürmen eigentlich bei jedem Konter sofort kollektiv in die Spitze und kombinieren dabei sehr schnell und präzise, wodurch sie kaum in Gegenkonter geraten. Immer wieder finden sie sich nach 3-4 Pässen schon in Strafraumnähe des Gegners mit 5-6 eigenen Spielern vor, womit sie extremen Druck erzeugen.

Außerdem haben sie bei eigenen Angriffen einen enormen Fokus auf das Gegenpressing – die sofortige Ballrückeroberung nach Fehlpässen und Ballverlusten, die nicht nur die Stabilität ihrer Defensive erhöht, sondern ihnen auch eine zusätzliche Möglichkeit zum Kontern gibt. Dieses Duell verspricht also sehr spannend zu werden; einzig ein indirektes Problem scheint das zu stören.

Verletzungssorgen dominieren die Schlagzeilen

Auf beiden Seiten haben die Mannschaften nämlich mit personellen Problemen zu kämpfen. Bei den Bayern fallen Xherdan Shaqiri, Claudio Pizarro, Bastian Schweinsteiger und Franck Ribéry aus, während Thiago Alcantára seit August kein Spiel mehr bestritten hat. Der Langzeitverletzte Holger Badstuber ist vermutlich sogar für das Rückspiel im Frühling noch keine Option.

Bei den Borussen fehlen sogar noch mehr Spieler; im Endeffekt fallen die gesamte Viererkette sowie noch einige weitere Schlüsselspieler aus. Mit Neven Subotic und Mats Hummels fehlt die gesamte Innenverteidigung, auf links fehlt Marcel Schmelzer und auf rechts hat Lukasz Piszczek bereits sämtliche Spiele in der bisherigen Saison verpasst, wobei ihn Kevin Großkreutz bislang hervorragend ersetzt. Zu den Verletzten gesellt sich noch Ilkay Gündogan, der in der vergangenen Saison als Sechser der womöglich wichtigste und beste Mann bei den Schwarzgelben war.

Es könnte also sein, dass diese Partie von diesen Verletzungen und eventuell resultierenden individuellen Nachteilen überschattet sein wird. Können Erik Durm und Neuzugang Manuel Friedrich auf diesem Niveau konstant fehlerfrei agieren? Wie wird Durm gegen Robben aussehen? Hat Friedrich schon die Verschiebemechanismen des BVB intus? Wird eventuell vielleicht sogar Lars Bender statt Friedrich in der Innenverteidigung agieren und Kehl läuft mit Sahin zentral auf, was sich dann aber auf das Herausrücken im Mittelfeld negativ auswirken könnte?

Bei den Bayern ist dies ein etwas kleineres Problem. Mit ihrem teuer besetzten  Kader haben sie zahlreiche Optionen, obwohl auch bei ihnen die Personaldecke etwas dünn wird. Insbesondere Ribérys Ausfall und die Verletzung seines Ersatzmanns Xherdan Shaqiri könnten für eine potenziell spielentscheidende erzwungene strategische Veränderung sorgen.

Fazit

Trotz dieser Verletzungssorgen dürfte eine tolle Partie auf uns warten. Beide Mannschaften leben von ihrer Qualität, ihrer taktischen Stärke und der nahezu immer optimalen Umsetzung ihrer Möglichkeiten. Und vielleicht gerade wegen dieser Verletzungssorgen und der bestimmten Rahmenbedingungen spitzt sich das Duell mehr denn je auf ein kleines Trainerduell zu.

Wie gut hat Klopp auch seinen Ersatzmännern die Mechanismen vermitteln können? Wie gut kann Guardiola sein nun eingeschränktes Personal im Kollektiv variieren und seinen Gegner überraschen? Es bleibt spannend – und alles deutet trotz Ausfälle namhafter Akteure auf eine tolle Partie hin.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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