Nach der WM-2018 herrschte in Fußballdeutschland Krisenstimmung. Dem frühen Ausscheiden sollte ein Neuanfang folgen. Dabei spielt vor allem Kai Havertz, das Talent aus Leverkusen,... Was zeichnet das Mega-Talent Kai Havertz aus?

Nach der WM-2018 herrschte in Fußballdeutschland Krisenstimmung. Dem frühen Ausscheiden sollte ein Neuanfang folgen. Dabei spielt vor allem Kai Havertz, das Talent aus Leverkusen, eine zentrale Rolle. Wie lange er noch in Leverkusen spielen wird, bleibt abzuwarten, schließlich sind alle Top-Teams hinter ihm her, aber warum eigentlich? Was zeichnet Kai Havertz aus? Dieser Frage wollen wir in diesem Beitrag nachgehen.

Aktuell gibt es wohl wenig Talente im Weltfußball, die mehr Aufmerksamkeit erhalten wie Kai Havertz. Der Offensivspieler hat eine steile Entwicklung hinter sich, spielte nach der Corona-Pause wieder sehr stark als die ganze Fußballwelt nach Deutschland schaute und ist mittlerweile auch zentraler Bestandteil der neuen Generation in der deutschen Nationalmannschaft.

In den letzten Wochen vernahm man immer wieder Gerüchte. Angeblich ist der FC Chelsea nach dem Transfer von Timo Werner auch hinter Kai Havertz her. Die Bayern liebäugeln sowieso schon seit geraumer Zeit mit dem Offensivspieler und auch Real Madrid benötigt einen Offensivakteur, der den Zwischenlinienraum besetzen kann.

Also, Zeit sich Kai Havertz genauer anzuschauen. Immerhin verlangt Bayer Leverkusen rund 100 Millionen Euro für den 21-Jährigen. Und das zu Recht. Auf dem immer verrückteren Transfermarkt waren solche Summen vor der Corona-Krise eine Regelmäßigkeit. Ob das auch danach noch der Fall ist, bleibt natürlich abzuwarten.

Fakt ist, Kai Havertz spielt schon wieder eine herausragende Saison. 12 Tore und 6 Vorlagen in der Bundesliga sind ein echtes Statement für einen so jungen Spieler. Neben seiner starken Bundesligaquote performte er auch in der Europa League mit 3 Toren und 2 Vorlagen.

Bei seinem noch jungen Alter darf man aber nicht vergessen, dass Havertz bereits 146-mal für Bayer Leverkusen auflief und seit der Saison 16/17 fester Bestandteil der Werkself ist. Im Schatten von Julian Brandt entwickelte sich Havertz zum Fokuspunkt der starken Leverkusener Offensive, das Spielsystem von Peter Bosz mit viel Ballbesitz kommt ihm hier entgegen.

Der gebürtige Aachener zählt dabei zu den flexibelsten Akteuren im Weltfußball. Zwar liegt seine angestammte Position im offensiven Mittelfeld hinter einem Stürmer, jedoch lief er unter Heiko Herrlich bereits als Achter auf, bekleidete eine der Flügelpositionen und wurde kürzlich von Peter Bosz als Mittelstürmer aufgeboten.

Seine einzigartigen Fähigkeiten sind der Grund dafür, dass Havertz all diese Positionen bekleiden kann, ohne dass sein Spiel darunter leidet.

Spielintelligent, pressingresistent und torgefährlich

Schaut man sich eine Partie von Kai Havertz an, fällt einem schnell auf, dass er nicht wie viele große Talente eine herausragende Fähigkeit hat, die die Euphorie in der Öffentlichkeit auslöst. Vielmehr beherrscht Havertz eigentlich fast alles.

Seine enorme Spielintelligenz sticht vor allem bei seinem Passspiel hervor. Selten spielt der Offensivspieler einen Pass, der den Empfänger in eine missliche Lage bringt. Ganz im Gegenteil, Havertz beherrscht es, wie kein Zweiter, seine Mitspieler in Situationen zu bringen, in denen sie ihre Stärken ausspielen können. Dabei nutzt die Nummer 29 der Werkself seine gute Technik und Spielübersicht. Ob scharfer kurzer Pass, langer Diagonalwechsel oder präziser Schnittstellenpass. Havertz kann aus einer Reihe an Optionen wählen und scheut nicht davor zurück seine kreativen Pässe mit dem ersten Kontakt zu spielen.

Dabei kommt ihm zu Gute, dass er auch unter Druck sehr sicher wirkt, sich sauber umsieht und seinen ersten Kontakt weiße wählt. So schafft er es sich dem Druck zu entziehen und mit dem nächsten Kontakt bereits seine Offensivaktion einzuleiten.

Die Tatsache, dass er stets mit den ersten Kontakten in aussichtsreiche Positionen kommt, um selbst abzuschließen oder den Mitspieler einzusetzen, hängt mit seinem intelligenten Freilaufverhalten zusammen. Havertz bewegt sich sehr geschickt ohne Ball, bietet sich in Positionen an, die schwierig für den Gegner zu verteidigen sind, beispielsweise leicht hinter zweit Mittelfeldakteuren, so dass diese ihn nicht richtig sehen und nicht wissen wer nun dafür zuständig ist Havertz zu bewachen.

Sein Freilaufverhalten kommt ihm vor allem in der Nähe des Tores zu Gute. Nicht ohne Grund erzielte Havertz letzte Saison bereits 17 Tore in der Liga und steht diese Saison bei 12. Der 1,89m große Offensivspieler verfügt nicht nur über einen guten Abschluss, sondern auch einem starken Kopfballspiel. Vielmehr erzielt er aber seine Tore, wenn er aus der Tiefe freie Räume im Sechzehner ansteuert. Generell sind solche Läufe aus der Tiefe unangenehm zu verteidigen, wenn ein Spieler dann noch weiß wie er den Verteidiger manipulieren kann, wird er unausweichlich zu guten Tormöglichkeiten kommen. Kai Havertz gelingt genau dies.

Wo liegen eigentlich seine Schwächen?

Bevor ich aus dem Schwärmen nicht mehr herauskomme, sollte aber auch klar aufgezeigt werden, wo die Schwächen des Nationalspielers liegen. Und ja, Kai Havertz hat auch Schwächen. Eine zeigt sich besonders, wenn er auf dem Flügel agiert. Ähnlich wie ein Thomas Müller fehlt ihm hier neben der Geschwindigkeit auch die körperlichen Herausforderungen, um sich in direkten Zweikämpfen stets behaupten zu können.

Zwar verfügt er über eine gute Technik, jedoch zählt sein Dribbling immer noch zu seinen Schwächen. In direkten 1vs1 Duellen agiert er immer noch etwas unsauber, verliert häufiger den Ball und scheint sich auch nicht wirklich wohl zu fühlen. Am Flügel gelingt es ihm dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken, wenn er wie ein Thomas Müller ohne Ball intelligent in den Sechzehner ziehen kann oder in der Lage ist mit seinen cleveren Pässen seine Mitspieler in Szene zu setzen.

Wie schafft man es Kai Havertz richtig einzusetzen?

Grundsätzlich zeigen seine Stärken, dass Havertz zwar auf vielen Positionen agieren kann, jedoch wohl als offensiver Mittelfeldspieler am besten aufgehoben ist. Unter Peter Bosz sowie davor unter Heiko Herrlich harmonierte er wunderbar mit Julian Brandt, nahm im 3-4-2-1 von Herrlich sowie im 4-1-4-1 von Peter Bosz häufig die etwas höhere Rolle ein und fühlte sich sichtlich wohl.

Zwischen Abwehr und Mittelfeld des Gegners profitieren seine Mitspieler von der Pressingresistenz sowie den intelligenten Pässen des 21-Jährigen, während er die Möglichkeit hat aus der Tiefe in den Sechzehner zu starten, um zu Tormöglichkeiten zu kommen.

Folglich könnte man sich Havertz als Zehner beim FC Chelsea rund um Spieler wie Pulisic, Ziyech, Werner oder Abraham vorstellen. Chelsea hätte den Spieler, der es schaffen könnte, die Offensive in Szene zu setzen und selbst für Gefahr zu sorgen. Dinge, die Mateo Kovacic bis heute noch nicht gelangen, obwohl man beim Kroaten stets diese Hoffnung hatte.

Auch bei Real Madrid könnte Havertz eine richtige Rolle einnehmen. Das Mittelfeld aus Modric, Kroos und Casemiro kommt in die Jahre. Talente wie Fede Valverde spielen bereits groß auf und mit einem Wechsel auf ein 4-2-3-1 würde Real mit Kai Havertz wieder mehr Torgefahr ausstrahlen. Auch der Franzose Benzema und Fede Valverde würden mit ihren Eigenschaften sehr gut neben bzw. vor oder hinter Kai Havertz funktionieren.

Darüber hinaus wären auch die Bayern nicht unglücklich über Kai Havertz. Zusammen mit Leon Goretzka und Joshua Kimmich könnte Havertz nicht nur die zentrale Achse der Bayern-Zukunft, sondern auch der Zukunft der deutschen Nationalmannschaft bilden.

Fazit

Es bleibt spannend, wer das Rennen im Poker um Kai Havertz macht, oder ob der 21-Jährige nochmal eine Saison in Leverkusen spielen wird. Fakt ist, Havertz zählt zu den größten Offensivtalenten der Welt, bringt trotz seines jungen Alters bereits viel Erfahrung mit und könnte mit seinen einzigartigen Fähigkeiten jeder Mannschaft helfen.

Tobias Hahn, abseits.at

Tobias Hahn