Vor dem Start der deutschen Bundesliga an diesem Freitag sind noch eine Fragen zu den jeweiligen Vereinen offen. In dieser Vorschau wird zu jedem Bundesliga-Klub eine spezifische Frage gestellt und beantwortet.
1. FC Köln: Macht der „Effzeh“ den nächsten Schritt?
Interviews mit den beiden Kölnern Machern Jörg Schmadtke und Peter Stöger, die keine Gelegenheit auslassen sich in Sachen Aufgeregtheit und Großspurigkeit gegenseitig zu unterbieten, erwecken immer den Eindruck, als versuche man in der Domstadt den nächsten Schritt konsequent zu vermeiden. Das entspricht natürlich nicht den Tatsachen, vielmehr sind Schmadtke und Stöger das Beste, was dem „Effzeh“ seit den glorreichen Achtzigern passieren konnte. Mit ihrer Politik der kleinen Schritte, guter Jugendarbeit und exzellenter Transferpolitik transformierte das Duo einen notorischen Chaosklub in einen grundsoliden Bundesligaverein. Vor dieser Saison haben die beiden den bereits guten Kader sinnvoll ergänzt und somit breiter aufgestellt. Nach einem einstelligen Tabellenplatz in der letzten Saison ist den Geißböcken bei optimalem Verlauf in diesem Jahr die Europa League zuzutrauen – vorausgesetzt Schmadtke und Stöger wollen dies überhaupt.
VfL Wolfsburg: Wie verkraftet die Mannschaft den Umbruch?
Während der Sommerpause entstand medial der Eindruck, als wollte jeder Wolfsburger Spieler, der einigermaßen geradeaus laufen konnte, den Verein verlassen. Nach einer Katastrophensaison und der verpassten Qualifikation für Europa, verließen die Wölfe u.a. Andre Schürrle, Max Kruse und Naldo. Zusätzliche Unruhe schaffte das leidige Wechseltheater um Julian Draxler und auch Bas Dost, Ricardo Rodriguez und Luiz Gustavo schienen die Niedersachsen lieber früh als spät verlassen zu wollen. Letzterer wird wohl bleiben, genauso wie Rodriguez. Dost hingegen darf den Verein nach dem Transfer von Mario Gomez gerne verlassen. Gerade die Verpflichtung von Nationalstürmer Gomez dürfte den Wolfsburgern einiges an verlorenem Selbstwertgefühl zurückgegeben haben. Mit den bereits getätigten Transfers (u.a. Jeffrey Bruma, Daniel Didavi oder Jakub Blaszczykowksi) und den angeblich noch geplanten (Heung-Min Son, Matthias Ginter), wirkt der VfL gutaufgestellt und kann um die Qualifikation für Europa durchaus ein Wort mitreden.
Hertha BSC: Bisher kaum Verstärkungen. Geht das gut?
Bereits im Vorfeld der letzten Saison spielte die Hertha die Rolle des Spätzünders auf dem Transfermarkt. Auch in diesem Jahr konnten die Hauptstädter mit Allan und Ondrej Duda bisher nur zwei Spieler an Land ziehen. Die schwache Rückrunde und der teilweise desolate Auftritt in der Europa-League-Qualifikation offenbarten aber, dass noch ein paar Verstärkungen nötig sind. Vor allem in der Offensive drückt der Schuh, war das Angriffspiel doch schon letztes Jahr sehr ausrechenbar und von der Form von Vedad Ibisevic und Salomon Kalou abhängig. Seit geraumer Zeit baggert Manager Michael Preetz daher an Alexander Esswein vom FC Augsburg. Sollte sich jedoch widererwartet nichts mehr auf dem Transfermarkt tun, steht der Hertha eine schwierige Saison bevor.
FSV Mainz 05: Wie schlägt sich Mainz in der Post-Heidel-Ära?
Der schmerzhafteste Abgang traf die Mainzer in dieser Transferperiode nicht auf Spielerseite sondern durch den Verlust von dem langjährigem Manager und Ikone Christian Heidel. Dieser formte aus einem unbedeutenden Provinzverein einen etablierten Bundesligaklub, der sich in der letzten Saison zum ersten Mal für die Gruppenphase in der Europa League qualifizieren konnte. Als Nachfolger übernahm Rouven Schröder die sportlichen Geschäfte, der von Heidel persönlich auserkoren wurde. Die bisherige Transferperiode erweckt den Anschein, als hätte der Neu-Schalker mit Schröder seinem Ex-Verein einen letzten großen Gefallen getan. Dieser überzeugte bisher nämlich, ähnlich wie sein Vorgänger, mit klugen Transfers. Die Mannschaft von Martin Schmidt scheint trotz der Abgänge von Julian Baumgartlinger und Loris Karius besser und variabler aufgestellt zu sein und wirkt somit bestens gerüstet für die ungewohnte Dreifachbelastung.
FC Schalke 04: Kehrt auf Schalke endlich Ruhe ein?
Kommen wir nun zu Heidels neuem Verein, der so etwas wie der krasse Gegenentwurf des beschaulichen Mainz darstellt. Mit der Übernahme von Schalke stellt sich der Rheinhesse der wohl ultimativen Herausforderung. Bisher scheint er seine Aufgabe sehr gut zu meistern, gingen die Transfers von Naldo, Breel Embolo, Coke und Abdul Rahman Baba ohne Nebengeräusche vonstatten. Erschwerte die brodelnde Schalker Gerüchteküche in der Vergangenheit den einen oder anderen Transfer, drang in diesem Sommer im Vorfeld so gut wie nichts nach außen. Mit dem neuen Trainer Markus Weinzierl hat Heidel zudem einen Partner an seiner Seite, der aus ähnlichem Holz geschnitzt zu sein scheint und als akribischer Arbeiter, aber nicht als Lautsprecher gilt. Zudem konnte Heidel bei dem Verkauf von Supertalent Leroy Sane Manchester City eine fast unanständige Summe aus den Rippen leiern. Als so gut wie fix gelten zusätzlich die Transfers der beiden defensiven Mittelfeldspieler Benjamin Stambouli (fix verpflichtet) und Nabil Bentaleb (ausgeliehen mit Kaufoption). Auf Schalke scheint man nun wirklich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Borussia Mönchengladbach: Ist für Gladbach mehr drin als der bisherige Status Quo?
Die Borussia hat sich den letzten Jahren zu einem der deutschen Vorzeigevereine entwickelt. Durch exzellentes Management von Max Eberl verfügen die Fohlen diese Saison über einen qualitativ und quantitativ starken Kader. Lukrative Abgänge gehören zum Geschäftsmodell und sorgen dafür, dass finanziell ordentlich Handlungsspielraum herrscht. Durch Eberls Fähigkeiten junge, entwicklungsfähige Spieler zu entdecken und zu verpflichten bevor die Großen es tun, hat sich die Borussia in fünf Jahren vom Abstiegs- zum Champions-League-Kandidaten entwickelt und ist dabei organisch gewachsen. Mittlerweile schaffen die Gladbacher es sogar interessant für deutsche Nationalspieler im besten Alter zu sein, siehe Christoph Kramer. Mehr geht fast nicht für einen Verein der Größenordnung der Borussia. Die Mannschaft vom Niederrhein wird auch diese Saison wieder um die Champions League Plätze mitspielen, bei konstanter Weiterentwicklung in Zukunft vielleicht auch mal als Geheimfavorit durchgehen. Alles in allem ein Status Quo, den man in Gladbach so wohl gerne unterschreibt.
Bayer 04 Leverkusen: Bekommt die Mannschaft mehr Konstanz in ihr Spiel?
Selten herrschte in Leverkusen vor dem Saisonstart so eine Euphorie vor wie in diesem Jahr. Kein Wunder, verfügt die Werkself doch vielleicht über den besten Kader seit der so erfolgreichen Ära um Michael Ballack, Lucio, Bernd Schneider und Co. anfang der 00er Jahre. Ausnahmsweise verließ in dieser Transferperiode kein Leistungsträger den Verein; im Gegenteil: durch die Neuzugänge Kevin Volland, Julian Baumgartlinger, Alexander Dragovic und Danny da Costa wurde die Mannschaft in der Spitze sogar noch verstärkt. Ein weiterer Vorteil ist die Eingespieltheit des Teams, welche durch den Verbleib der Leistungsträger gegeben sein dürfte. Die große Frage vor der Saison ist jedoch, ob Bayer das vorhandene Potenzial konstant abrufen kann. Unter Trainer Roger Schmidt gab es immer wieder Phasen, in denen dies eben nicht gelang und die Mannschaft gegenüber der Konkurrenz gehörig ins Hintertreffen geriet. Stellt sich diese Problematik in dieser Saison nicht, kann Bayer sogar in den Kampf um die Meisterschaft eingreifen.
Borussia Dortmund: Drei zentrale Spieler verloren – und trotzdem stärker?
Kapitän Mats Hummels? Weg! Der wohl beste Spieler der vergangenen Saison Henrikh Mkhitaryan? Weg! Der wichtigste Aufbauspielerspieler Ilkay Gündogan? Weg! Als Dortmund-Fan konnte es einem am Anfang des Sommers Angst und Bange um die Zukunft seines/ihres Verein werden. Die Verantwortlichen Hans-Joachim „Aki“ Watzke, Michael „Susi“ Zorc und Thomas „low carb“ Tuchel blieben jedoch cool und starteten eine Transferoffensive sondergleichen. Neben hochveranlagten jungen Spielern wie Emre Mor, Ousmane Dembele oder Raphael Guerreiro, konnte der BVB auch die deutschen Nationalspieler Andre Schürrle und Mario Götze verpflichten. Nebenbei verstärken die gestandenen Profis im besten Alter Sebastian Rode und Marc Batra einen Kader, der auch ohne Neuzugänge mindestens um die Qualifikation um die Europa League mitgespielt hätte. So haben die Schwarz-Gelben jedoch brutalen Speed und hohe technische Qualität hinzugewonnen. Eine Findungsphase wird die Mannschaft nach diesem Umbruch sicherlich benötigen. Fällt diese punktetechnisch jedoch nicht allzu gravierend aus, kann der BVB den Bayern gefährlich werden.
Bayern München: Können „Robbery“ konstant fit bleiben?
Arjen Robben muss sich mittlerweile fühlen wie Bill Murray in „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Wieder einmal fällt der Niederländer vor einem Saisonstart verletzungsbedingt aus. Sein theoretisch kongenialer Partner Franck Ribery hingegen absolvierte die komplette Vorbereitung und zeigt sich fit und spielfreudig. Dass dies für den weiteren Saisonverlauf rein gar nichts bedeuten muss, diese Erfahrung mussten die Bayern zu ihrem Leidwesen schon des Öfteren machen. Auch der mittlerweile schon 33-jährige Franzose verfügt nämlich über eine Krankenakte, die so manchen Hypochonder grün vor Neid werden lässt. Trotz der qualitativ hochwertigen Backups Douglas Costa und Kingsley Coman sind „Robbery“ für die Münchner praktisch nicht zu ersetzen, was sich in den letzten Jahren vor allem in der Endphase der Champions League bemerkbar machte. Gerade in dieser Saison, die durch die Umstellung auf einen neuen Trainer und eine andere Art von Fußball, keine einfach werden dürfte, sind die Bayern auf ihre Flügelzange angewiesen. Sollte jedoch ein mittleres Wunder geschehen und beide über einen langen Zeitraum gemeinsam auflaufen können, geht der Meistertitel nur über den FCB.
Ral, abseits.at
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