Die Gewinner und Verlierer der vergangenen Transferperiode (1)
Fußball international 3.September.2016 Ral 0
Am 31.08. endete die Sommer-Transferperiode. Eine Einordnung der wichtigsten Transfers der vier großen Ligen in Spanien, England, Deutschland und Italien. Wer sind die Gewinner und Verlierer des neuerlichen „Transferwahnsinns“?
Spanien
Den kuriosesten Transfersommer hat gemessen an der Vergangenheit wohl Real Madrid hinter sich: eben, da die Königlichen keinen spektakulären Transfer tätigten. Der jetzige Kader sei mit Transfers nicht zu verstärken, heißt es aus der spanischen Hauptstadt. Ob dies wirklich den Tatsachen entspricht, sei mal dahin gestellt. Bei Klubchef Florentino Perez scheint jedoch so etwas wie Vernunft eingekehrt zu sein, denn bis auf die Rückholaktion von Alvaro Morata erlebte der stets aufgeregte Verein einen ruhigen Sommer.
Auch bei Erzrivale FC Barcelona ging es relativ beschaulich zu. Mit den Verpflichtungen von Samuel Umtiti (von Olympique Lyon), Lucas Digne (Paris St. Germain), Jasper Cillessen (Ajax Amsterdam), Deniz Suarez (FC Villareal), Andre Gomes und Paco Alcacer (beide FC Valencia) konnten die Katalanen einige vermeintliche Schwachstellen schließen und kompensierten so den Abgang von beispielsweise Dani Alves (zu Juventus Turin). Mit Gomes und Alcacer verpflichtete Barca zwei Leistungsträger vom FC Valencia, die mit Shkodran Mustafi einen weiteren wichtigen Spieler an den FC Arsenal verloren. Für alle drei kassierten die Fledermäuse stattliche Ablösesummen, Sofian Ferghouli musste man hingegen ablösefrei zu West Ham ziehen lassen. Zwar gelang es den Ostspaniern mit Nani und Ezequiel Garay Verstärkungen an Land zu ziehen, trotzdem ist der FC Valencia wohl der große Verlierer dieser Transferperiode in Spanien.
Traditionell gut eingekauft hat Champions-League-Finalist Atletico Madrid. Kevin Gameiro (FC Sevilla) oder Nicolas Gaitan (Benfica Lissabon) sind interessante Verstärkungen für einen bereits qualitativ hochwertigen Kaders. Als die größte Leistung der Colchoneros in diesem Sommer kann wohl die Tatsache verbucht werden, dass mit Antoine Griezmann, Saul Niguez oder Startrainer Diego Simeone alle wichtigen Persönlichkeiten der letzten Jahre geblieben sind.
Etwas unruhiger verlief das Transferfenster beim FC Sevilla. Der Europa-League-Seriensieger verlor eben jenen Gameiro, den Polen Grzegorz Krychowiak und Erfolgstrainer Unai Emery (beide Paris St. Germain): die drei Säulen der letzten Saison. In Andalusien ist dies jedoch schon längst kein Grund zur Panik mehr, hat man mit Monchi doch einen ausgezeichneten sportlichen Leiter, der Abgänge von Leistungsträger durch kreative Transfers stet zu kompensieren vermag. Spieler der Kategorie Samir Nasri (Leihe von Manchester City), Franco Vasquez (US Palermo) oder Ganso (FC Sao Paulo) stehen für das Händchen des 47-Jährigen. Unter dem neuen Trainer Jorge Sampaoli gilt Sevilla zudem als eines der taktisch spannendsten Projekte in Europa.
England
Auf der Insel vielen erneut Transferrekorde, wie ein Betrunkener zur Sperrstunde aus einem beliebigen Pup in Maidenhead. Die Vereine der Premier League gaben gesamt fast 1,5 Milliarden (!) Euro für neue Spieler aus. Den Vogel schossen in der Beziehung die beiden Klubs aus Manchester ab. City leitete unter Pep Guardiola wie vermutet eine Generalüberholung des Kaders ein und investierte ca. 213 Millionen Euro. Allein Leroy Sane und John Stones machten fast die Hälfte dieser Summe aus. Am wichtigsten für den Übergang zum Guardiola–Fußball könnte aber der vergleichsweise günstige Ex-Dortmunder Ilkay Gündogan werden.
Stadtrivale United legte für Paul Pogba die höchste Ablöse auf den Tisch, die jemals für einen einzelnen Spieler gezahlt wurde. Unter Jose Mourinho will man den Erfolg durch teure Transfers erzwingen, wobei kein wirklicher Plan erkennbar war und der Kader etwas unausgegoren wirkt. Durch die weiteren Neuzugänge Henrikh Mhkitaryan und Zlatan Ibrahimovic geschäftigen die Red Devils, neben Pogba und Mourinho, nun vier Klienten des berüchtigten Spielerberaters Mino Raiola. Der Italiener verdiente allein mit den United-Transfers gerüchteweise 40 Millionen Euro an Vermittlungs– und Beratungsgebühren.
Die beiden Überraschungsvereine der letzten Saison gaben hingegen keine Riesensummen aus, betrieben aber wohl die interessanteste und vielleicht auch intelligenteste Transferpolitik: Leicester City hielt den Kern des Meisterschaftsteams fast komplett beisammen, mit Ausnahme des Verlusts von N`Golo Kante (FC Chelsea), und verpflichtete mit Islam Slimani (Sporting Lissabon), Ahmed Musa (ZSKA Moskau) oder Bartosz Kapustka (Cracovia Krakau) sehr interessante Akteure. Auch die Hotspurs erledigten ihre Hausaufgaben mit Bravour: Victor Wanyama (FC Southampton), Vincent Janssen (AZ Alkmaar) oder Moussa Sissoko (Newcastle United) sind sinnvolle Verstärkungen und noch nicht am Ende ihrer jeweiligen Entwicklung.
Beim Nordlondoner Erzrivalen Arsenal stand Arsene Wenger wie in den letzten Jahren aufgrund seines zögerlichen Verhaltens auf dem Transfermarkt stark in der Kritik. Lange blieb Granit Xhaka (Borussia Mönchengladbach) der einzig namhafte Transfer, bis der Franzose kurz vor Ende der Transferfrist noch Shkodran Mustafi und Lucas Perez (Deportivo La Coruna) aus dem Hut zauberte.
Auch der FC Chelsea hielt sich lange zurück, schlug aber dann kurz vor der Deadline nochmals zu und polierte mit Rückkehrer David Luiz (Paris St. Germain), sowie Marcos Alonso (AC Florenz) die Defensive auf.
Jürgen Klopp und sein FC Liverpool hatten hingegen früh ihre Schäfchen um Trockenen. Die Blockbustertransfers am Mersey hießen Sadio Mane (FC Southampton) und Georginio Wijnaldum (Newcastle United). Zudem bediente sich Klopp mit Joel Matip (FC Schalke), Ragnar Klavan (FC Augsburg) und Loris Karius (FSV Mainz) dreimal in der deutschen Bundesliga. Generell war die Bundesliga finanziell der größte Profiteur des britischen Kaufrauschs. Ebenfalls viel Geld nahm erneut der FC Southampton ein, der aber mit Mane, Wanyama und Graziano Pelle (SD Luneng) mal wieder drei absolute Leistungsträger verlor.
Ral, abseits.at
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