Die Krux mit der Wahl zum Weltfußballer des Jahres
Fußball international 9.Dezember.2013 Niki Riss 0
Pünktlich gegen Jahresende spaltet die Wahl zum besten Fußballer der Welt Fanlager rund um den Globus. Nie zuvor wurde so kontrovers über die FIFA Ballon d’Or-Auszeichnung diskutiert. Aber da die Wahl auch alles andere als ein transparentes Prozedere ist, wirft sie auch Jahr für Jahr immer mehr Fragen auf.
Kein Tag vergeht, ohne dass Trainer und Experten ihren persönlichen Favoriten medial in die Pole Position rücken wollen. Es scheint fast so, als würde der begehrte Titel Jahr für Jahr an Prestige gewinnen. Und das, obwohl er seit seinem Bestehen an Eintönigkeit eigentlich nicht zu überbieten ist. Denn Lionel Messi ist der bisher einzige und dreifache Preisträger.
Blatter sorgt für Zündstoff
Mit der Fristverlängerung der Stimmabgabe von 15. auf 29. November, offiziell aufgrund geringer Wahlbeteiligung, hat die sonst so entscheidungsmüde FIFA die Diskussionen zusätzlich angeheizt.
Stimmen wurden laut, die in der Verschiebung der Frist ein Versöhnungsangebot von Sepp Blatter an Cristiano Ronaldo sahen. Es ist zumindest nicht abwegig, denn der FIFA-Präsident veröffentlichte seinen Entschluss nur einen Tag nachdem Ronaldo sein Land mit 3 Toren gegen Schweden beinahe im Alleingang zur Weltmeisterschaft in Brasilien schoss. Sepp Blatters pantomimische Darstellung des Portugiesen, während eines Interviews vor Oxford-Studenten, ließ die Wogen zuvor weltweit hoch gehen.
Ronaldo zeigt sich derweil von allen FIFA-Gesten unbeeindruckt, und lässt eine Teilnahme an der Weltfußballer-Gala am 7. Jänner offen.
Weltfußballer oder Ballon d’Or?
Der FIFA Ballon d’Or wird in dieser Form erst seit 2010 verliehen, und ist eine Verschmelzung aus zwei Auszeichnungen.
Dieser Zusammenschluss der FIFA Weltfußballerwahl und dem prestigeträchtigeren Ballon d’Or, vergeben von der französischen Fußballzeitschrift France Football, sollte Klarheit ins verwirrende System bringen. Jahrelang wurden die besten Fußballer doppelt oder verschieden gekürt. Es entbrannte ein Wettstreit um den höheren Stellenwert, bis man sich schließlich mit dem FIFA Ballon d’Or auf einen Kompromiss einigen konnte
Der größte Unterschied zwischen den beiden Preisen war das System der Stimmabgabe. Während die FIFA den Weltfußballer durch Kapitäne und Trainer aller Nationalteams bestimmte, wurde der Preisträger des Ballon d‘Or seit 1956 durch 53 europäische Sportjournalisten sowie die gleiche Anzahl an Juroren außereuropäischer Verbände ermittelt.
Beim FIFA Ballon d‘Or gibt es mittlerweile 600 Stimmberechtige, die zu gleichen Teilen aus Medienvertretern, Nationaltrainern und deren Kapitänen bestehen. Aus dieser großen Anzahl an Meinungen ergeben sich zwangsläufig subjektive Sichtweisen, sodass sich das Wahlverhalten im Vergleich zu den Jahrzehnten davor verändert hat, und es kein einheitliches Kriterium für die Wahl eines Kandidaten gibt.
Titel oder Tore?
Es herrscht Uneinigkeit über den wohl begehrtesten Einzeltitel im internationalen Fußball. Schon die erste Preisverleihung zugunsten von Lionel Messi sorgte für Gesprächsstoff, und lässt sich sehr gut als Beispiel für die unklaren Richtlinien der FIFA hernehmen.
Zwar überzeugte der argentinische Floh auch 2010 mit spektakulärem Offensivfußball, erzielte sagenhafte 48 Saisontore und wurde mit dem FC Barcelona spanischer Meister. Bei der Weltmeisterschaft in Südafrika musste er nach dem Viertelfinale allerdings ohne Treffer und mit viel Kritik im Gepäck nachhause fahren.
Der haushohe Favorit Wesley Sneijder hingegen gewann mit Inter Mailand im selben Jahr das Triple und war mit fünf Toren maßgeblich am Vizeweltmeistertitel der Niederlande beteiligt. Der Spielmacher wurde außerdem mit dem silbernen Ball als zweitbester Spieler der WM geehrt. Experten waren sich einig, dass sich Sneijder am Ende durchsetzten würde, doch er schaffte es zur Überraschung aller nicht einmal unter die finalen drei Kandidaten.
Auch Andres Iniesta vom FC Barcelona hatte 2010 ein überragendes Jahr. Erstmals in der Geschichte konnte er Spanien zum Weltmeistertitel führen. Im Finale machte er sich mit dem Siegtor in der Verlängerung unsterblich, und wurde außerdem ebenso wie Messi spanischer Meister. Trotzdem ging er leer aus.
Diese Entscheidung für Messi wäre natürlich vollkommen legitim, wenn die Vorgabe für die Weltfußballerwahl es vorsehen würde, den erfolgreichsten bzw. besten Einzelsportler, und nicht die Teamleistung zu würdigen. Allerdings besteht keine derartige Richtlinie, sodass heuer mit Franck Ribéry ein Kandidat favorisiert wird, der im Klubfußball außer dem Supercup alles gewonnen hat, jedoch mit nur 16 Treffern eine zu Ronaldo, Ibrahimovic und Messi vergleichsweise magere Torausbeute vorweist.
Das entscheidende Kriterium
Aber auch heuer hätte sich jeder Spieler in der engeren Wahl verdient, Weltfußballer des Jahres zu werden. Die Frage ist nur, welchen Kandidaten die 600 Stimmberechtigten nach ihren Maßstäben als würdig ansehen.
Cristiano Ronaldo, der zwar titellos blieb, mit 67 Toren im Kalenderjahr sowie mit 30 Treffern in den bisherigen 21 Saisonspielen aber unaufhaltsam Rekorde bricht.
Triple-Gewinner Franck Ribéry, für den FC Bayern ein unersetzlicher Offensiv- und Defensiv-Dauerläufer auf der linken Außenbahn.
Zlatan Ibrahimovic, dessen Anzahl an akrobatischen Zaubertoren noch lange unerreicht bleiben wird, der aber ohnehin angibt, auch ohne Titel zu wissen, dass er der Beste ist.
Oder etwa der Underdog Lionel Messi, der als spanischer Meister auch im Kalenderjahr 2012 wieder Szenen gezeigt hat, die einem Normalsterblichen die Beine verknoten würden.
Die Frist für die Stimmabgabe ist jedenfalls vorbei. Heute wird die FIFA eine verkürzte Liste mit drei Kandidaten präsentieren. Der Sieger steht bereits jetzt fest.
Niki Riss, www.abseits.at
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Niki Riss
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