Mit der Abdankung von Steven Gerrard vor etwas mehr als einem Jahr, ist den Fans an der Liverpooler Anfield Road die letzte große Identitätsfigur... Adam Lallana – der neue Publikumsliebling an der Anfield Road?

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Mit der Abdankung von Steven Gerrard vor etwas mehr als einem Jahr, ist den Fans an der Liverpooler Anfield Road die letzte große Identitätsfigur abhandengekommen. Für Jordan Henderson – der die Kapitänsbinde übernahm – kam diese Rolle wohl noch etwas zu früh, um ihren alten Local-Hero punkto Sympathiewerte zu beerben. In den letzten Wochen spielt sich nun ein bereits abgeschriebener Engländer immer mehr in die Herzen der Fans: Adam Lallana.

Vom Aufsteiger zum Vizemeister

Der neue Vertrag für die Laufmaschine am rechten Flügel liegt bereits unterschriftsbereit im Vorstandssekretariat an der Anfield Road. Der neue Publikumsliebling soll vorzeitig bis 2019 gebunden werden, die Unterschrift dürfte wohl nur reine Formsache sein. Die Beziehung Liverpool – Klopp – Lallana passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Anfangs wog das 25 Millionen Pfund teure Preisschild am mittlerweile 28-Jährigen zu schwer. Im Sommer 2014 wurde der beidfüßige Flügelstürmer nach einer Saison beim Aufsteiger aus Southampton, zum damaligen amtierenden Vizemeister, dem FC Liverpool gelockt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten unter Brendan Rodgers drohte Lallana als weiterer überteuerter, englischer Transferflop schubladisiert zu werden. Doch dann kam der Trainerwechsel und seitdem blüht der 172cm „kleine“ Teamspieler regelrecht auf. Kein oder zumindest kaum ein Spiel hat persönlich so von der Bestellung Jürgen Klopps profitiert wie die Pferdelunge aus St. Albans.

Laufwunder und harter Arbeiter

Der entscheidende Schritt für seinen Durchbruch bei den Reds wurde mit dem Trainerwechsel im letzten Herbst gelegt. Lallana ist ein Spieler der eigentlich haargenau auf den deutschen Coach zugeschnitten und für die Herzen der Fans im Kop ist. Hart arbeitend, technisch beschlagen und taktisch flexibel, so könnte man die Stärken des 28-Jährigen zusammenfassen. Somit stellt er derzeit auf der Außenbahn die hart arbeitende, perfekte Ergänzung zu der schillernden Offensivmaschinerie rund um Coutinho, Firminho, Sturridge oder Mane dar. Dazu ist er auch ein wichtiger Link zur Defensive um Can und/oder Henderson in der Rückwärtsbewegung.

Beim 4:1-Sieg in Leicester hat Adam Lallana mit 13,1 abgespulten Kilometern gleich zur Eröffnung von „Anfield neu“ den Laufrekord in der diesjährigen Saison verbessert. Die bisherige Bestleistung hielt schon er selber, mit 12,5 beim Gastspiel bei Tottenham. Laufen ist das Eine, doch die lange Zeit fehlende Effektivität das Andere, was seine Kritiker an ihm monierten.

Doch mittlerweile strotzt der Flügelflitzer nur so vor Selbstvertrauen und erweist sich zuletzt immer mehr als effektiver Scorer: Innerhalb eines Monats Tore gegen Vizemeister Arsenal und Titelverteidiger Leicester, dazu das Lastminute-Siegtor beim 1:0-Quali-Auftaktsieg mit der Nationalmannschaft. Und sinnbildlich steuerte er am Samstag per sattem Schuss ins Kreuzeck das 100. Tor der Ära Klopp und das erste vor dem Kop in dieser Saison bei.

Sieben kreierte Torchancen und eine erfolgreiche Vorlage in der noch jungen Saison unterstreichen seine Bedeutung in der Mannschaft. Stärken die er als Kapitän schon beim Aufsteiger Southampton ausspielte und wegen die er nicht umsonst auf die Shortlist zur Wahl zum PL-Spieler der Saison 2013/14 nominiert wurde.

Anfängliche Schwächen

Diese Akzente schaffte er bei den Reds, vor allem unter Brendan Rodgers nur selten. Der teure Neuzugang spielte da nur eine Nebenrolle und bestenfalls durchschnittliche, oft aber eher enttäuschende Partien überwogen. Nur bescheidene 6 Tore in 41 Einsätzen in seiner ersten Saison gießen diese Erkenntnis auch in Zahlen.

Was sich der ehemalige Southampton-Kapitän auch jetzt noch immer vorwerfen lassen muss, ist manchmal das zu lange, ineffektive Ballhalten. Dies dazu gepaart mit leichtfertigen Ballverlusten. Ein solcher wurde beim 0:1 gegen Arsenal zum Saisonauftakt auch gleich bestraft.

Ob das reife Alter von 28 ein Vor- oder Nachteil ist, ist Ansichtssache. Einerseits ist der Vorzeigeprofi am Höhepunkt seiner Power, er sollte auch noch genug Energie im Tank haben. Ohne die Europacup-Spiele, bleibt auch mehr Zeit zur Regeneration für den Kilometerfresser.

Dazu debütierte der Southamptoner Eigenbauspieler in der Premier League mit 24 erst relativ spät, die Gier und der Hunger auf Fußball am höchsten Level sind noch ungestillt.

Wird er der neue Publikumsliebling

Fakt ist, Adam Lallana strotzt derzeit nur so vor Selbstvertrauen und übernimmt immer mehr die Leaderrolle im Mittelfeld. Dazu ist er mit der gelebten Leidenschaft am Platz und seinem intensiven Vollgas-Spielstil am besten Weg die Herzen der Fans im Sturm zu erobern. Seine Kindheit als Fan des Stadtrivalen Everton wird als kleine Jungendsünde augenzwinkernd toleriert.

Nach dem Vakuum das die Klublegenden um Steven Gerrard und Jamie Carragher bei den Supportern im Kop hinterlassen haben, sehnt sich der Reds-Fan nach einer neuen Identifikationsfigur, die die typischen Liverpooler Eigenschaften verkörpern soll. Mit Jordan Henderson und James Milner gibt es zwei weitere Kandidaten im aktuellen Kader, die ganz gut in dieses Anforderungsprofil passen würden, aber den letzten Funken zum Kop trotzdem (noch) nicht so ganz entzünden konnten.

Vor allem muss aber Lallana weiterhin Tore und entsprechende Leistungen liefern, um diese  neue Rolle langfristig zu bestätigen. Der Zeitraum für den neuen Höhenflug ist zu kurz, um seine Spuren unabsehbar an der Anfield Road zu hinterlassen. Noch muss man eher von einem temporären Formhoch, statt von permanenter Klasse sprechen. Doch die Richtung stimmt zumindest und das Vertrauen des Trainers ist ihm gewiss. Bringt er Konstanz in sein Spiel, kann er auch im reiferen Alter bald die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklimmen. Die Sympathien der Liverpooler Fans werden ihm dann auf jeden Fall sicher sein.

Werner Sonnleitner, abseits.at

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Werner Sonnleitner

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