Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (43): Lieber Eric Bailly!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen Man. United‑Spieler …

Lieber Eric Bailly!

Ich muss zugeben, dass ich dich bis vor kurzem nicht auf meinem persönlichen Kickerradar hatte. Doch eine Freundin empfahl mir die Internetseite theplayerstribune.com. Diese Homepage stellt selbstgeschriebene Geschichten von Profisportlern zur Verfügung. Unter anderem spricht Gianluigi Buffon über Depressionen und hat auch einen Brief an sein 16-jähriges Ich gestaltet. Auf dieser Seite habe ich deine Geschichte „The Flight“ gefunden. Auf den ersten Blick ist deine Story nur eine weitere Biografie eines Fußballers, der dank seines Talentes der Armut entflohen ist. Dennoch hat sie mich besonders berührt.

Lieber Eric, in dieser Geschichte hast du geschrieben, dass du seit April verletzt bist. Du humpelst von Rehatraining zu Rehatraining, hast Schmerzen und bist genervt, weil du Spiele verpasst. Trotzdem bist du nicht verbittert. Du sagst es selbst: Fußballer leben in einer Blase. Du sagst, dass alles was du während deiner Kindheit in der Elfenbeinküste erlebt hast, viel härter war, als was du jetzt erleben musst. Dabei scheinen die Umstände, in denen du aufgewachsen bist, nach deiner Erzählung nicht auf Oliver-Twist-Niveau angesiedelt. Trotzdem war es für deinen Vater wichtig, dass du bescheiden bist und hart an dir arbeitest. Du musstest zuhause mitanpacken. Gleichzeitig hattest du schon damals den Wunsch als Fußballer dein Geld zu verdienen und lebtest in der Angst, es nicht in eine Topliga zu schaffen. Das war schwierig.

Es hat aber geklappt und du bist in die beste Liga der Welt gekommen. Du bist vom zigarettenverkaufenden Burschen in den Straßen von Abidjan zum Spieler der Red Devils aufgestiegen. Trotzdem kannst du zwischen dem Profikicker und dem Buben, der du irgendwo immer noch bist, trennen. Du möchtest Eric bleiben und kein unnahbarer Star sein. Du sprichst aus, was ich mir von vielen wünschen würde: Es ist ein fake Leben – die Existenz als Profisportler. Die Begleiterscheinungen nerven, da hilft auch das viele Geld nicht. Die Zu- oder Abneigung der Fans und Medien zielt auf einen Sportler, der ihnen persönlich nicht bekannt ist, und trifft einen Menschen, den sie noch viel weniger kennen. Das ist bitter. Du hast allerdings einen Weg gefunden damit umzugehen. Glücklich sein bedeutet für dich eine intakte Familie, um dich zu haben. Deine Familie lässt dich nicht im Stich, schließlich kennt sie den Sportler und den Menschen Eric Bailly.

Eine schnelle Genesung wünscht dir

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag