Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (86): Lieber Gareth Bale!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen walisischen Stürmer…

Lieber Gareth Bale!

Ich kann mich noch erinnern, als Rafael van der Vaart in einem Interview, das er anlässlich seiner zweiten HSV-Karriere gegeben hat, meinte, er sei sich nicht sicher, ob du ein absoluter Weltstar des Fußballs werden könntest. Du müsstest erst noch beweisen, ob du es mit Messi und CR7 aufnehmen könntest. Rafa sagte, er glaube nicht, dass du es auf eine Stufe mit dem Portugiesen schaffen würdest. Er kennt dich. Der holländische Mittelfeldregisseur und du, ihr spieltet einst bei Tottenham zusammen.

Lieber Gareth, du bist 2013 für kolportierte 99 Millionen Euro zu Real Madrid gewechselt. Das machte dich damals zum teuersten Spieler der Welt. Sieben Jahre später ging es für dich zurück nach London. Den FIFA-Ballon d‘or hast du zwar nie gewonnen, doch deine Zeit bei den Königlichen war keineswegs erfolglos: Zwar warfen dich immer wieder Verletzungen zurück, du konntest aber 80 Tore erzielen, wurdest mehrmals spanischer Meister, Cup- und natürlich Champions League-Sieger. Unvergessen ist dein Sprint über die Seitenlinie, die dem weißen Ballett die Copa del Rey 2014 einbrachte oder dein Rückfallziehertor gegen Liverpool im CL-Endspiel 2018. Justament hattest du damals schon Abwanderungsgedanken. Du bist ein stolzer Spieler. Jemand, der einen Fixplatz im Team haben möchte. Doch das hast du bei Real nie erreichen können. Die wankelmütige spanische Presse hat sich schließlich gegen dich gestellt: Sie haben deine Verletzungsanfälligkeit kritisiert und deine Integrationswilligkeit in Frage gestellt. Und dann auch noch die Sache mit dem Golf. Um es kurz zu machen: Wahrscheinlich waren alle Beteiligten mehr als froh, als du deine Zelte in Spanien abgebrochen hast, um wieder für die Spurs zu kicken.

Aktuell versuchst du dort wieder Fuß zu fassen. Alle, inklusive Coach Mourinho, geben dir Zeit wieder auf ein physisch achtbares Niveau zu kommen. Du bist schließlich immer noch ein Weltstar. Deine überdurchschnittlichen Fähigkeiten erkennt man immer noch. Doch letztendlich muss man van der Vaart Recht geben: Denn um wirklich mit Ronaldo – Messi kommt aufgrund seiner körperlichen Attribute nicht in Betracht – mitzuhalten, hat dir doch etwas gefehlt. Dieses „Alzerl“ vermag ich nicht zu benennen. Es spielt eigentlich auch keine Rolle. Du selbst gehst pragmatisch an die Sache heran: „Das Problem beim Fußball ist, dass alles von Ergebnissen abhängt. […] Wenn man schlecht spielt, aber zwei Tore macht, kriegt man eine Zehn-von-zehn-Bewertung. […] Jeder kann seine Meinung haben, aber solange ich weiß, dass ich alles gegeben habe, bin ich glücklich.“ Lieber Gareth, ich glaube mit dieser Einstellung wirst du noch lange ein glücklicher Fußballer bleiben. Das wäre dir zu wünschen. Ob in London oder anderswo.

Deine Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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