Brisanter Wechsel in Führungsetage: United holt CEO Omar Berrada
England 1.Februar.2024 Patrick Stummer
Kurz vor Ende der Transferphase schlagen die Red Devils doch noch auf dem Transfermarkt zu. Mit Omar Berrada kommt aber kein neuer Spieler, sondern ein neuer Geschäftsführer. Der Franzose mit marokkanischen Wurzeln wird mit 1.7.2024 neuer CEO.
Von Manchester City zu Manchester United
Brisanz hat der Wechsel auf den ersten Blick vor allem deswegen, weil er innerhalb von Manchester stattfindet.
Zwischen den zwei Lokalrivalen kam es nur ganz selten zu Transfers. Owen Hargreaves und Carlos Tevez waren nur einige wenige Ausnahmen. Auf Führungsebene ist es der erste Transfer und einer, der Manchester City schwer im Magen liegen wird. Denn nach mehreren Stationen bei den Skyblues, zuletzt als mächtiger COO, wechselt nun Omar Berrada die Seiten und wird Geschäftsführer bei Manchester United. Berrada hatte sich bei Manchester City nach oben gearbeitet und nimmt nun viel Know-How zum Stadtrivalen mit. Darauf vorbereitet war man bei City nicht.
Damit zeigt sich auf den zweiten Blick die wahre Brisanz des Transfers: Berrada hatte maßgeblichen Anteil an den sportlichen Erfolgen der Skyblues, zog im Hintergrund die Fäden und trat medial nicht zu sehr in den Vordergrund. Mit Berrada verliert Manchester City daher einen seiner brillanten Köpfe direkt an den Stadtrivalen.
Berrada ersetzt – den im Zuge der Anteilsübernahme von Sir Jim Ratcliffe zurückgetretenen – Richard Arnold und soll Manchester United wieder auf Erfolgskurs bringen. Arnold zeichnete damit nur knapp zwei Jahre für die Geschicke des Klubs aus dem Old Trafford verantwortlich. Er hatte erst im Februar 2022 von seinem Vorgänger Ed Woodward übernommen.
Sieben Meistertitel im Gepäck
In seiner Zeit bei den Citizens gewann Berrada insgesamt sieben Meistertitel und sein Werdegang spricht Bände.
2011 wechselte der Franzose vom FC Barcelona zu Manchester City, begann bei den Skyblues als Head of International Business Development, ehe er zum Director of Partnership Sales, zum Senior Vice President Group Commercial Director und schlussendlich zum COO befördert wurde.
Der Franzose gilt als knallharter Geschäftsmann und handelt nach den Grundsätzen, dass wirtschaftliches Wachstum vom Erfolg auf dem Spielfeld abhängt. Seine Ansichten sind damit völlig konträr zu jenen von Ed Woodward und Richard Arnold, die finanzielles Wachstum als von den Leistungen am Feld unabhängig ansahen.
Berradas finanzielles Geschick machte Manchester City in den letzten Jahren zu einem der schwierigsten Verhandlungspartner, denn der Franzose bezahlt nicht mehr als er muss und verkauft nicht günstiger als er muss.
Jean Claude Blanc eigentlicher Favorit
Dass Omar Berrada und nicht der eigentlich als Favorit für den Job als CEO gehandelte Jean Claude Blanc nun an der Spitze von Manchester United steht, gilt auch in Insiderkreisen als große Überraschung.
Blanc, einst CEO von Juventus Turin und Paris St. Germain, gilt als enger Vertrauter von Sir Jim Ratcliffe und ist auch CEO von INEOS Sports, dem Unternehmen von Ratcliffe. Dass Blanc eine Funktion bei Manchester United übernehmen wird, gilt als gewiss.
Um Omar Berrada von Manchester City loszueisen, musste man ihm aber wohl den Posten des CEO anbieten.
Transfer zeigt Macht von Ratcliffe und INEOS
Der Transfer von Berrada zeigt in erster Linie aber eines: Das Sagen in allen sportlichen Belangen bei Manchester United hat das Team rund um Sir Jim Ratcliffe. Und mehr: Bei Manchester United sollen in Zukunft Nägel mit Köpfen gemacht werden. Weniger medienwirksame Ansagen, mehr Arbeit im Hintergrund.
Mit Berrada geht Manchester United den richtigen Weg. Zu viel wurde in den letzten Jahren aus den eigenen Reihen rekrutiert, wenn es um Führungspositionen ging, zu wenig wurde Expertise von außen zugelassen. Das ändert sich nun und zwar schlagartig und Ratcliffe ist mit dem Transfer von Berrada ein Coup gelungen. Die Red Devils erhalten mit Berrada einen CEO, der wirtschaftlich und sportlich zu einem der besten seines Faches zählt. Gleichzeitig sendet man mit dem Transfer aber auch ein direktes Signal an den Lokalrivalen, indem man diesem einen der Väter des Erfolges abwirbt. Denn eines darf man nicht vergessen: Manchester City hat in den letzten Jahren zwar viel Geld auf dem Transfermarkt ausgegeben, parallel dazu hat man aber die wohl derzeit stärkste Akademie der Premier League aufgebaut – auch ein Verdienst von Omar Berrada, der bekannt für seinen 360 Grad Blick ist.
Schwierige Aufgabe
Dass der Umbau von Manchester United nicht einfach wird, liegt auf der Hand. Die Akademie wirft seit Jahren kaum Toptalente ab, die Transferpolitik ist seit dem Abgang von Sir Alex Ferguson eine der schlechtesten Europas und Berrada wird sich sehr zügig Gedanken über einen neuen Sportdirektor und einen neuen Trainer machen müssen
Auch wenn Berrada seine Position als CEO bei Manchester United auf Grund des „Gardening Leave“, eine Art Cooling Off Phase, offiziell erst im Juli 2024 antreten kann, wird in den nächsten sechs Monaten hinter den Kulissen hart gearbeitet werden und es wäre nicht überraschend, wenn der Juli 2024 nicht nur einen neuen CEO, sondern auch einen neuen Sportdirektor und einen neuen Trainer bringen wird.
Fakt ist: Berrada wird Manchester United von Grund auf umkrempeln müssen, wenn er den Klub zu alten ruhmreichen Zeiten zurückführen will. Und nichts weniger als das ist die Erwartung von Sir Jim Ratcliffe.
Man erinnere sich an Chelsea und Peter Kenyon
2003, als Roman Abramowitsch den Chelsea FC erwarb, war eine seiner ersten Amtshandlungen die Verpflichtung von Peter Kenyon. Kenyon war damals Geschäftsführer von Manchester United und enger Vertrauter von Sir Alex Ferguson. Der Rest ist Geschichte und Kenyon verhalf Chelsea in seiner Amtszeit von 2003-2009 zu zwei Meistertiteln und drei Vizemeistertiteln.
Manchester United dreht den Spieß nun um und holt einen der engsten Vertrauten von Pep Guardiola und COO des englischen quasi Abonnementmeisters und Stadtrivalen Manchester City.
Ob sich die Geschichte wiederholt und Berrada ähnlich erfolgreich wie Peter Kenyon sein wird, wird sich zeigen.
Patrick Stummer, abseits.at
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Patrick Stummer
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