Was ist bloß mit Birmingham City los? 2010/11 stieg der Verein aus Englands zweitgrößter Stadt letztmalig aus der Premier League ab und heuer scheinen... Chaos in der Führungsebene und 0:8 gegen Bournemouth: Birmingham City im freien Fall

England - FlaggeWas ist bloß mit Birmingham City los? 2010/11 stieg der Verein aus Englands zweitgrößter Stadt letztmalig aus der Premier League ab und heuer scheinen die traditionsreichen Blau-Weißen, die nächstes Jahr ihr 140-jähriges Bestehen feiern werden, einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht zu haben. Das vergangene Wochenende wird so manchem Fan der „Blues“ noch lange im Magen liegen.

Am vergangenen Samstag setzte es gegen die eher biedere, wenn auch heuer gute Mannschaft des AFC Bournemouth im eigenen Stadion, dem St.Andrew’s Stadium, eine 0:8-Pleite. Schon in der Vorsaison hatte sich die Mannschaft hauchdünn vor dem Abstieg gerettet, aber in der laufenden Saison ist man ein heißer Anwärter auf einen der nicht begehrten letzten Plätze. Seit nunmehr 20 Jahren war Birmingham City nicht mehr drittklassig.

Bis vor wenigen Jahren war der Birmingham City FC eine durchaus interessante Mannschaft – ein Fahrstuhlklub zwar, aber doch in der Premier League immer wieder für Überraschungen gut. Es ist nicht lange her, dass Spieler wie Sebastian Larsson, Jean Beausejour, Cameron Jerome, Mikael Forssell oder Mauro Zárate für die Blauen die Premier League aufmischten. Nicht einmal 3 ½ Jahre nach dem Abstieg in die Championship gibt es aber nur noch einen Spieler, der für den BCFC in Englands höchster Spielklasse zum Einsatz kam – und das ist der irische Ersatztorhüter Colin Doyle.

Die Gegenwart sieht anders aus. Der aktuelle Kader Birminghams besteht aus No-Names und zahlreichen jungen Spielern. Der wohl bekannteste Name ist der US-amerikanische Verteidiger und ehemalige Nationalspieler Jonathan Spector. 14 Spieler sind 20 Jahre alt oder jünger. Aus 14 Partien konnte Birmingham bisher nur elf Punkte holen, lediglich zwei Spiele gewinnen.

Der Spielverlauf beim 0:8 gegen Bournemouth passt derzeit ins traurige Bild. Nach drei Minuten fiel das 0:1, nach sieben Minuten wurde Birmingham-Verteidiger David Edgar ausgeschlossen. Beim Stand von 0:3 verschoss man einen Elfmeter und in der Schlussphase brach die Elf endgültig auseinander und ging unter. Das 0:8 bedeutete gleichzeitig die höchste Heimniederlage in der Vereinsgeschichte. Die Blues stellten sich an wie eine Schülermannschaft.

Das Interview nach dem Spiel mit dem routinierten Kapitän Paul Robinson:

Der ehemalige Birmingham-Verteidiger Gary Rowett, gerade mal 40 Jahre alt, wurde vorgestern als neuer Trainer vorgestellt, der das Ruder herumreißen soll. Zuletzt trainierte Rowett den Viertligisten Burton Albion.

Die eigentlichen Probleme des Traditionsvereins liegen natürlich tiefer. Im Jahr 2007 kaufte Carson Yeung, ein Geschäftsmann aus Hong Kong, 29,9% der Klubaktien. Vor einem halben Jahr musste sich der Vereinsbesitzer aber zurückziehen: Er wurde im März 2014 in fünf Fällen von Geldwäsche in Höhe von insgesamt fast 70 Millionen Euro für schuldig befunden und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Anfang Oktober wurde auch der Geschäftsführer Peter Pannu freigestellt – Panos Pavlakis übernahm. Die Hoffnung der Fans besteht darin, dass der Birmingham City FC erneut verkauft wird, um einen Neustart zu ermöglichen.

Gelingt dies nicht, wird es für den Klub enorm schwer. Die Vereinsaktie verlor im letzten Jahr über 65%, für den laufenden Spielbetrieb ist zu wenig Geld da, der Kauf von Klassespielern ist momentan illusorisch. Gleichzeitig muss der Klub nun die völlig desillusionierten Fans bei der Stange halten. Normalerweise kosten Tagestickets für Birmingham-Heimspiele zwischen 15 und 25 Pfund. Für das übernächste Heimspiel gegen den Aufstiegsaspiranten Watford lässt der Klub Erwachsene um zehn Pfund ins Stadion, Jugendliche um fünf, Kinder um eines. Die Blues wollen die Fans versöhnen – das „rettende“ Geld soll ohnehin von außen kommen.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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