City oder Liverpool – Die Ausgangslage im hochkarätigen Titelfight
England 16.März.2019 Werner Sonnleitner 1
In der englischen Premier League steigt am Wochenende in einer Rumpfrunde Spieltag Nummer 31. Vorne spitzt sich der Zweikampf um die begehrte „Silverware“ weiter zu. Ist der Titelkampf spannend wie nie? Vielleicht, doch ist dies eher Ansichtssache – Spannung definiert sich auch stark subjektiv durch die individuelle Fanbrille. Außerdem gibt es immer wieder enge Duelle auf Augenhöhe. Ist der Titelkampf hochkarätig wie noch nie, seit es die Premier League gibt? Absolut – das belegen nämlich auch die Zahlen! Noch nie standen nach dreißig Spieltagen zwei Teams bei mehr als siebzig Punkten.
Da wir jetzt noch einen im FA-Cup-Frühjahr raren Zeitpunkt haben – an dem alle Mannschaften gleich viele Partien absolvierten – sezieren wir die Chancen der beiden Titelkandidaten, samt Ausgangslage und Erwartungshaltung.
Was sagt das Archiv?
Am Sonntagnachmittag können sich die „Reds“ die Tabellenführung vom amtierenden Meister Manchester City – zumindest vorübergehend – zurückholen. Dann legt der FC Liverpool bei Fulham vor, während das Manchester-Derby wegen deren FA-Cup-Verpflichtungen in den April verlegt wurde. Mit den bis dato bereits 73 gesammelten Punkten – einem Schnitt von 2,43 je Spiel – sorgen die „Roten“ für ein Novum. Der FC Liverpool ist die erste Mannschaft, die mit mehr als 70 Zählern nach 30 Spieltagen nicht Tabellenführer ist. Mit nur einer Niederlage nicht ganz oben zu stehen, „passierte“ übrigens schon den „Gunners“ in der Saison 2007/08, da sorgten zehn Unentschieden ebenfalls für Platz zwei.
Bislang musste der Leader nach Spieltag dreißig nur viermal in der Endabrechnung einem Verfolger den Vorzug lassen. In der spektakulären Saison 2011/12 verspielte Manchester United die Führung und musste sich schlussendlich trotz 89 Punkten als Zweiter knapp geschlagen geben. Die Tordifferenz entschied im bislang wohl dramatischsten Titelrennen für den himmelblauen Stadtrivalen.
So sieht die Entwicklung der Punktestände der jeweiligen Spitzenduos seit Einführung der Zwanziger-Liga aus. Wir haben die jeweiligen Top-Zwei nach Runde 30 und den Endstand nach 38 Spieltagen verglichen.
Wo führt dies am Ende noch hin?
Das heurige Titelrennen könnte einen neuen Rekord für einen Zweitplatzierten in der Premier League bringen. Diesen hält wie erwähnt Manchester United mit 89 Zählern. Würden beide Teams den aktuellen Punkteschnitt fortführen, wäre Manchester City mit 94 Punkten Meister und Liverpool würde als Zweiter bei 93 Punkten landen. Theoretisch – wenn beide Mannschaften jetzt sogar noch all ihre Restpartien gewinnen würden – könnten es am Ende 98 zu 97 stehen.
Doch all dies ist noch sehr viel Konjunktiv, bis dahin fließt noch viel Wasser die Mersey bzw. dem River Irwell runter. Während nämlich Liverpool immer wieder nach der Konstanz vom Vorjahr sucht, steht City wohl ein dichteres Restprogramm ins Haus.
Wie geht es weiter?
In den nächsten beiden Monaten stehen einerseits noch acht Meisterschaftspartien am Programm. Dazu sind für beide noch bis zu fünf Champions-League-Spiele und für City bis zu drei weitere FA-Cup-Duelle möglich. Jetzt der Blick auf das Restprogramm in der Liga:
Auffallend ist, dass beide Teams – zumindest nach jetzigem Stand – nur wenige Mannschaften aus dem Niemandsland der Tabelle vor der Brust haben. Einerseits sind es Abstiegskandidaten die ums sportliche Überleben kämpfen müssen (wobei es für die zum jeweiligen Spieltag dann vielleicht schon um nichts mehr gehen könnte) und andererseits Mannschaften mit dem Ziel Europa oder gar Königsklasse.
Am Papier, ein kleiner Vorteil pro Liverpool: Die beiden Spitzenduelle gegen die Champions League Aspiranten aus London finden in der heimischen Wohlfühloase Anfield Road statt, auswärts warten dagegen die gefährlichen Nachzügler. Manchester empfängt Tottenham im heimischen Etihad, muss aber zum Lokalrivalen ins Old Trafford. Mit Crystal Palace und Leicester warten zusätzlich noch zwei der drei Mannschaften, die Pep Guardiolas Team heuer schon schlagen konnten.
Und die Frage aller Fragen: Wer wird Meister?
Unbestritten ist: Beide Mannschaften spielen bislang eine fabelhafte Saison, aber nur einer wird sie schlussendlich mit dem begehrten Pokal veredeln können. Die „Citizen“ sind durch die Schwächephase – die bei jeder Mannschaft in einer 38-Spieltage dauernden Saison vorkommt – besser durchgetaucht. Manchester verlor zwar im Dezember drei Spiele, gewann aber sonst stets fleißig. Dazu oft auch torreich was einen gefühlten Zusatzpunkt durch die Tordifferenz bedeuten sollte. Der FC Liverpool schwächelt im neuen Jahr, verlor da zwar erst einmal und hält daher punkto Niederlagen den Bestwert. Doch das große „aber“ folgt am Fuß: Die Punkteteilungen. Nach der Pleite bei City setzte es gegen Leicester, West Ham, Manchester United und Everton vier Unentschieden. Damit ließ man seit Jahresbeginn schon elf Punkte liegen.
Die aktuelle Formkurve und die Pole-Position sprechen für die Himmelblauen. Doch tanzt man mit dem FA-Cup noch auf einer zusätzlichen Hochzeit. Während sich die „Reds“ mit dem dünneren Kader voll auf die letzten acht Endspiele in der Liga fokussieren werden, liegt bei den „Citizen“ die größte Priorität ganz klar in Europa, um dort endlich mal bleibende Spuren zu hinterlassen.
24 Punkte sind für beide noch zu holen. Viele Umfaller sollte sich aber weder Jürgen Klopp noch Pep Guardiola erlauben. Am 12. Mai wird dann die 27. Premier League Saison abgepfiffen. Dann wird nur eine Mannschaft eine gute Saison zu einer durch und durch erfolgreichen veredeln können.
Werner Sonnleitner, abseits.at
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