Viele hatten das technisch versierte Talent von einst schon abgeschrieben, nun ist er wieder zurück. abseits.at zeichnet die Höhen und Tiefen des Karriereverlaufs von Einshockey- und Arsenal-Fan Tomas Rosicky nach.
London. Tomas Rosicky bekommt den Ball in der gegnerischen Hälfte von Robin van Persie zugespielt und führt den Ball schnell bis in die Nähe des Strafraums. Dort blickt er kurz auf die rechte Seite, wo er den freilaufenden Mitspieler Bacary Sagna sieht. Er blickt nach vorne, deutet ein Dribbling durch die Mitte an und spielt im gleichen Moment doch zu Sagna. Sagna spielt den Ball mit einem Stanglpass in den Strafraum. Der Ball landet wieder bei Rosicky, der einen Verteidiger überlaufen hat und den Ball aus nächster Nähe einschiebt. Begeistert jubelt der Tscheche gemeinsam mit seinen Mitspielern und den Fans auf den Rängen über das zwischenzeitliche 3:2 im Londoner Stadtderby gegen Tottenham am 26. Februar diesen Jahres. Nach einem 0:2 Rückstand hatten die Gunners das Spiel noch gedreht und deklassierten den Stadtrivalen schlussendlich sogar mit 5:2. Die beschriebene Szene ist nicht nur sinnbildlich für die ansteigende Form des Arsenal FC, sie ist auch ein Sinnbild vom spielerischen Comeback des mittlerweile 31-jährigen Tomas Rosicky, der in dieser Saison wieder zu alter Stärke gefunden hat.
Von Sparta zur Borussia
Früh hatte man seine fußballerische Stärke entdeckt, bereits mit acht Jahren heuerte der 1980 geborene Prager bei Sparta an, wo er zehn Jahre später für die Profis debütierte. Die steile Karriere des Tomas Rosicky nahm seinen Lauf. In seinen beiden ersten Saisonen holte er mit Sparta zweimal den tschechischen Titel. Im Jahre 2000 durfte er für das tschechische Team als 19-jähriger EM-Luft schnuppern, in der darauffolgenden Qualifikation für die WM 2002 etablierte sich Rosicky als Stammspieler des Nationalteams. Der technisch versierte Mittelfeldspieler hatte bei seinen nationalen und internationalen Auftritten einen guten Eindruck hinterlassen, einen so guten, dass sogar Atletico Madrid an ihm dran gewesen sein soll. Gewechselt hat Rosicky dann aber nach Dortmund zur Borussia. In Dortmund setzte sich seine steile Karriere fort. In seiner zweiten Saison holte die Borussia die deutsche Meisterschaft, an der Rosicky als Stammspieler und Spielmacher wesentlichen Anteil hatte. Auch im Europacup sorgte Rosickys Dortmund 2002 mit dem Einzug ins UEFA-Cup-Finale, in dem man an Feyenoord Rotterdam scheiterte, für Furore.
Duo mit Jan Koller
Wesentlichen Anteil am Dortmunder Erfolg hatte auch sein tschechischer Teamkollege Jan Koller mit dem Rosicky bestens harmonierte. Für Furore sorgten beide nicht nur mit der Borussia, sondern auch mit dem tschechischen Team als sie bei der Europameisterschaft 2004 in Portugal ins Halbfinale eingezogen, wo sie an der Defensive Griechenlands scheiterten. Gemeinsam zeigten die beiden auch ihre Begeisterung für Eishockey, indem sie sich gelegentlich auf dem Eis gegenübertraten. Im Interview mit dem Guardian erinnerte sich Rosicky 2006 daran, dass er dabei keine Verletzung riskieren wollte: „Wir spielten nicht mit vollem Einsatz, nur zum Spaß.“ Ernst war dann ein Angebot das der Chelsea FC dem dreifachen Tschechischen Fußballer des Jahres unterbreitete. Zufrieden blickte der Tscheche später auf den geplatzten Transfer zurück: „Jetzt bin ich glücklich, dass sie mich nicht dorthin verkauft haben“. Denn zwei Jahre später klopfte der Erzrivale Arsenal FC an der Tür. Arsenal-Trainer Arsene Wenger war nicht entgangen, dass sich Rosicky nach einer zwischenzeitlichen Verletzung wieder zurückgekämpft hatte. So wechselte der mittlerweile 25-Jährige im Mai zum damaligen Champions League-Finalisten.
Eine Frage des Stils
Nun war er in der Karriereleiter also ganz oben angekommen. Doch Rosicky hatte nicht das erst beste Angebot angenommen: „Ich bekam eine sehr gute Gelegenheit nach Italien zu gehen, der Stil dort ist aber nicht meiner – das ist nicht der Fußball den ich mag“, sagte er im Guardian und erklärte wieso er Arsenal schon damals für die beste Wahl hielt: „Arsenal war seit Jahren mein Lieblingsklub, als sie mich kaufen wollten, fiel mir die Entscheidung leicht. Ich mag den Stil den sie spielen, jeder Spieler ist hier technisch sehr stark. Heutzutage gibt es nicht viele Mannschaften, die so einen Fußball spielen.“ Die Liebe zu Arsenal verstärkte sich auch durch die Lektüre von Nick Hornbys „Fever Pitch“, das er für „ein sehr interessantes Buch“ hält. Die Anfangszeit bei seinem Lieblingsklub verlief zunächst auch gut, Rosicky kam zu seinen Einsätzen, setzte spielerische Akzente und schoss auch Tore. Im Jänner 2008 erlitt er eine Knieverletzung, die seiner Karriere einen richtigen Knick versetzen sollte. Rosicky musste die gesamte Saison pausieren und verpasste die Europameisterschaft. Schlimmer war jedoch, dass der Mittelfeldakteur, nachdem er seine Verletzung auskuriert hatte, nicht mehr an alte Leistungen anknüpfen konnte und mit neuerlichen Beschwerden zu kämpfen hatte. Er verlor seinen Stammplatz und fristete bei Arsenal nun ein Reservistendasein.
In neuem Glanz
Im vergangenen Sommer hatte Arsenal schwerwiegende Abgänge zu verkraften, so verließ Kapitän und Spielmacher Cesc Fabregas London Richtung Barcelona. Dann verletzten sich Jack Wilshere und später auch Aaron Ramsey. Alle drei spielen, so wie Rosicky, für gewöhnlich im zentralen und offensiven Mittelfeld. So kam das einstige Talent aus Prag in dieser Saison vermehrt zu Einsätzen und fand zu alter Stärke. Der schnelle und technisch versierte Tscheche übernimmt in Arsene Wengers 4-3-3 nun meist den offensivsten Part im zentralen Mittelfeld vor Alex Song und Mikel Arteta. In der Rolle des einst so glänzenden Fabregas fühlt sich der Kreativspieler sichtlich wohl. In den letzten acht Bewerbsspielen stand er siebenmal über die gesamte Spielzeit am Platz und überzeugte besonders im Derby gegen Tottenham und in der fast geglückten Aufholjagd gegen den AC Milan mit spielerischem Glanz. Ins Nationalteam war er schon letztes Jahr als Kapitän zurückgekehrt. Tomas Rosicky hat sich zurückgespielt und mit seinem Lieblingsklub, mit dem er bislang keinen Titel errungen hat, noch einiges vor. Für viele wäre es schon ein Erfolg, wenn sie seine Spielweise in neuem Glanz noch möglichst lange zu sehen bekommen.
Emanuel Van den Nest, abseits.at
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