Der niederländische Innenverteidiger ist nun der teuerste Abwehrspieler der Welt.
Wirklich überraschen können einen die aktuellen Transfersummen nicht mehr. Das Fußballgeschäft wirkt der Realität auf eine gewisse Art und Weise entrückt, sodass Ablösen jenseits der 100 Millionen Euro niemanden mehr wirklich schockieren – zumindest seit diesem verrückten Sommer und dem Wechsel von Neymar zu Paris St. Germain. Man ist mittlerweile irgendwie – abgestumpft; wie als würde es sich dabei nicht mehr um echtes Geld, sondern um eine fiktive Spielwährung handeln. Monopoly lässt grüßen.
Doch die kolportierten 85 Millionen Euro, die der FC Liverpool nun für Virgil Van Dijk auf den Tisch legt, wirken auf den ersten Blick etwas jenseitig. Denn damit steigt ein Spieler zum teuersten Verteidiger der Welt auf, der auf der großen Fußballbühne vermeintlich noch keinen großen Eindruck hinterlassen hat; zumindest gehören seine letzten Stationen, Celtic Glasgow und der FC Southampton, nicht mehr zur europäischen Elite, oder waren noch nie Teil von ihr.
Um es gleich einmal vorwegzunehmen: diese Summe liegt natürlich fernab einer realistischen Marktwerteinschätzung des 26-Jährigen. Es sind die Umstände, die letztlich zu dieser aberwitzigen Ablöse geführt haben. Zum einen wäre da der Fakt, dass van Dijk seinen Vertrag erst 2016 bis 2022 verlängert hatte. Des Weiteren spielt natürlich die Vorgeschichte der beiden Klubs eine Rolle, bediente sich Liverpool in den letzten Jahren doch allzu gerne bei den Saints: Dejan Lovren oder Sadio Mane sind dabei nur zwei von vielen Beispielen der einseitigen Transferbeziehung.
Hinzu kommt, dass Liverpool bereits im Sommer einen aus Sicht von Southampton und der englischen Liga irregulären Vorstoß in der Personalie machte. Die Freigabe wurde van Dijk daraufhin verweigert, der anschließend seinen Wechsel mit Trainingsabwesenheit erzwingen wollte. Allein, es half nichts. Der Modellathlet (193cm bei einem Gewicht von 92kg) startete die Saison in der englischen Hafenstadt; wobei ein neuerlicher Abwerbeversuch der Reds in der Wintertransferphase als obligatorisch galt.
Liverpool war auch aus anderen Gründen offensichtlich bereit, jede Summe für den ausgemachten Wunschspieler zu zahlen: zu sehr fürchtete man die Konkurrenz von Manchester City oder Chelsea, die ebenfalls schon seit Längerem Interesse an van Dijk bekundet hatten. Die Performance der Defensive in der ersten Hälfte der Saison zwang Liverpool außerdem quasi zum handeln – zu eklatant stellte sich der Unterschied zur starken Offensive dar: mit 23 Gegentore hat Liverpool bislang die zweitmeisten der Top sechs kassiert.
Van Dijk soll nun zum neuen Anker der Defensive werden. Zuzutrauen ist es ihm durchaus, gehörte er in den letzten Jahren doch konstant zu den besten Verteidigern auf der Insel. Seine Spieleröffnung genügt höchsten Ansprüchen; und mit ihm Schnitt fünf gewonnen Kopfballduellen kann er dabei helfen, die notorischen Schwäche bei Standards zu beheben. Ein weiterer Punkt der für van Dijk spricht: Er kann in der Champions League eingesetzt werden.
Alle diese Faktoren machen van Dijk zum wahrscheinlich besten Innenverteidiger, der für Liverpool im Winter zu haben war. Seine Verpflichtung war praktisch alternativlos, wollen die Reds auch in dieser Saison unter den ersten Vier in der Premier League stehen. Dies alles brachte sie in eine schlechte Verhandlungsposition, während Southampton dadurch in der Lage war, eine solche Fantasiesumme aufzurufen. Diese übt natürlich auch einen gehörigen Druck auf van Dijk aus; er muss sofort liefern, sonst wird die Kritik an dem Transfer noch lauter. Für Trainer Jürgen Klopp steht jedoch außer Frage, dass van Dijk schnell zum Leistungsträger avanciert. Den Fans rät er, die hohe Transfergebühr schleunigst zu vergessen
Klopp selbst hatte die hohen Ablösesummen im Sommer übrigens noch heftig kritisiert – nur um später ca. 75 Millionen Euro für Naby Keita hinzublättern. Nun also 85 Millionen Euro für van Dijk. Als Verantwortlicher eines ambitionierten Topklubs kann man es sich aktuell wohl nicht leisten, mit dem moralischen Zeigefinger auf andere zu zeigen. Es könnte einem im aktuell so überhitzten Geschäft schneller um die Ohren fliegen, als einem lieb ist.
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