Die größten Nachwuchstalente der Welt (9) – Smalling, Jones, Evans
England 20.Dezember.2012 Rene Maric 2
In einer mehrteiligen Serie bringen wir euch einige (noch) unbekannte Namen aus der europäischen Fußballwelt näher, welche in Zukunft für viel Furore sorgen werden. Dieses Mal widmen wir uns der künftigen Verteidigung von Manchester United.
Chris Smalling – das Juwel
Für die Fans von Manchester United gilt er womöglich sogar als das größte Innenverteidiger-Talent im Kader. Chris Smalling spielte als 19jähriger noch im Amateurfußball bei Maidstone United – immerhin als Nationalspieler der englischen Schülermannschaft! Doch er war so gut, dass er sich über den FA Cup und die Spiele in der (sehr starken) unteren Liga des englischen Ligasystems nach oben arbeitete. Zuerst erhielt er einen Vertrag bei Middlesbrough, welcher wegen Heimweh gekündigt wurde und kurz darauf wechselte er zu Fulham in die Premier League. Dort sammelte er Spielpraxis und fiel Sir Alex Ferguson ins Auge, der ihn 2009 verpflichtete und für ein weiteres Jahr zu Fulham verlieh.
In dieser Zeit zwischen 2009 und 2010 spielte er auch für die englische U21, ab 2011 wurde er dann sogar zu den Großen eingeladen – immerhin schon drei Mal. Für Manchester United machte er trotz Verletzungssorgen in den vergangenen drei Saisonen über siebzig Partien, eine beeindruckende Zahl. Dabei wurde der nun 23-jährige Smalling auf verschiedenen Positionen eingesetzt. Er konnte als defensivstarker Außenverteidiger agieren oder als moderner Innenverteidiger.
Letzteres dürfte langfristig seine Position werden. Mit 1,93m besitzt er Gardemaß. Doch es ist nicht seine herausragende Athletik, Robustheit und Dynamik, welche ihn dafür prädestiniert. Smalling ist ein Meister des spielintelligenten Verteidigens. Am ehesten kann man ihn mit Akteuren wie Rio Ferdinand vergleichen, welche das Spiel von hinten aufbauen, viele Situationen schon im Keim ersticken, Passwege versperren und über ihre Antizipation statt Zweikampfstärke kommen. Smalling ist auch deswegen die Zukunftshoffnung Uniteds.
Phil Jones – der Motor
Ein anderer, etwas umstrittener Spieler, ist Phil Jones. Dieser hat allerdings noch einige Jahre zum Reifen und ist der jüngste der hier vorgestellten Abwehrspieler. Doch obwohl er erst 20 Jahre alt ist, hat er bereits über vierzig Spiele für Manchester United bestritten und ihm wird Großes prophezeit. Schon fünf Länderspiele für die A-Mannschaft und 15 Einsätze in den Jungend-Nationalmannschaften darf er sein Eigen nennen. Außerdem wurde von Manchester United die mehr als beachtliche Ablösesumme von über 16,5 Millionen Pfund an Blackburn überwiesen, wo er sich im Jahr zuvor einen Stammplatz eroberte.
Wie rechtfertigt man eine solche Ablösesumme für einen nicht nur sehr jungen Spieler, sondern auch noch einen Defensivspieler mit erst einer wirklichen Saison auf höchstem Niveau? Sir Alex Ferguson besitzt sicherlich zahlreiche Gründe. Einer dürfte sein, dass Jones sehr flexibel ist und als Defensivallrounder gilt. Er spielte schon als Innenverteidiger, wo er mit seinen 1,80m eventuell etwas zu klein sein könnte, als Außenverteidiger und im Mittelfeld. Beeindruckend ist dabei, wie unterschiedlich er auf den jeweiligen Positionen agieren kann.
Als Innenverteidiger ist es möglich, ihn als Manndecker einem Stürmer gegenüberzustellen und darauf zu spekulieren, dass er diesen mit seiner Dynamik und Bissigkeit aus dem Spiel nimmt. Alternativ kann er auch raumdeckend und modern agieren, indem er Lücken schließt, Bälle abläuft, wobei er ohne das traditionelle englische „sliding tackle“ arbeitet und stärker über seine Spielintelligenz kommt. Diese lässt er im Zentrum bisweilen etwas vermissen, was an der noch mangelhaften Anpassung an das höhere Spieltempo unter Druck liegt.
Dennoch ist er auch als defensiver Mittelfeldspieler variabel. Beispielsweise kann er Michael Carrick als Spieler mit den meisten Verantwortungen in der Defensivarbeit ablösen und als Sechser agieren. Dann spielt er zwar anders als der organisierende Carrick und erfüllt seine Arbeit eher mit Robustheit und Athletik, aber bringt dennoch eine ähnlich starke defensive Leistung.
Einzig offensiv zeigt er wegen dem schon erwähnten Mangel an Anpassung ans hohe Spieltempo kaum kreative Pässe oder Spielverlagerungen à la Carrick. Spielt er als Achter beziehungsweise als offensiverer Akteur der Doppelsechs, dann wirkt er eher wie ein box-to-box-Akteur, der sich mit seiner Kraft und seinem Willen aus engen Situationen löst und dadurch offene Räume anvisieren kann oder Räume öffnet, indem er Gegenspieler auf sich zieht.
Als Außenverteidiger kann der körperlich starke Jones ähnlich wie Lilian Thuram bevorzugt defensiv agieren und seinen Gegenspieler ausschalten, oder dank seiner Laufstärke die Linie auf und ab marschieren. Die große Frage lautet eigentlich nur noch: wie entwickelt er sich und wo findet er seinen Stammplatz?
John Evans – der Unscheinbare
Der Nordire kam als Jüngster der drei Akteure zu United und durchlief darum auch als Einziger noch das eine oder andere Jahr der legendären Jugendakademie. Bereits mit neun Jahren wurde er zu einem Probetraining im United-Sichtungscenter in Nordirland eingeladen und im Folgejahr bestand er ein weiteres in Manchester. Seine Familie zog nach Manchester um und der Karriere von Evans stand nichts mehr im Wege.
Ab 2006 wurde er dann verliehen, um Spielpraxis zu sammeln. Mit Darron Gibson, Fraizer Campbell und Danny Simpson verbrachte er ein halbes Jahr bei Partnerklub Royal Antwerpen, bevor er Ende 2006 zu Sunderland verliehen wurde. Evans gewann in nur einer halben Saison den „young player of the year award“ und war mitbeteiligt am Aufstieg in die höchste Spielklasse Englands.
Er kehrte zu Manchester United zurück, doch nach einem halben Jahr auf der Bank wurde er wieder zu Sunderland verliehen, um weiter zu reifen. Ab 2008 galt er als reif genug, vereinzelte Einsätze bei United zu bekommen und in den nächsten beiden Jahren kam er auf jeweils über 25 Spiele.
2010/11 gab es einen Rückschlag und er kam auf nur zwanzig Partien, danach sollte aber sein großer Durchbruch folgen: 2011/12 etablierte er sich als Stammspieler und auch in dieser Saison kam er zu einigen Einsätzen, aktuell hält er bereits bei über 15 – in Anbetracht vieler kleinerer Verletzungen und der großen Konkurrenz keineswegs wenig.
Langfristig könnte er der alternden Konkurrenz Vidic und Ferdinand sogar enteilen. Viele Fans halten den 31-fachen nordirischen Nationalspieler für einen ewigen Bankwärmer, doch in ihm steckt mehr. Evans ist einer jener Verteidiger, die zwar unscheinbar wirken, doch ihre Arbeit im Verborgenen leisten. Seine Ruhe am Ball und im Zweikampf weiß zu beeindrucken, er ist ungemein konstant für sein Alter und verfügt über eine hohe Spielintelligenz.
Gepaart mit seiner körperlichen Stärke kann er den Gegner effektiv unter Druck setzen und löst viele Zweikämpfe geschickt ohne Foul – und wenn er zur Grätsche ansetzt, dann kann es ausnahmsweise spektakulär werden. Ansonsten besticht er durch seine Unauffälligkeit: seine Pässe sind nicht kreativ, aber intelligent und präzise, wodurch er das Spiel seiner Mannschaft stabilisiert. Solche Spieler, die offensiv stabilisierend und defensiv ihre Aufgaben ohne Fehler und unnötiges Spektakel ausführen, sind im modernen Fußball enorm wichtig. Evans könnte mit Smalling und Jones auf Jahre den zentralen Defensivblock der Red Devils stellen. Zumindest vom Potenzial her wäre dies allemal vorstellbar.
René Maric, www.abseits.at
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Rene Maric
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