Ein 6:0-Debakel zum Jubiläum – Arsenals Probleme im Zentrum gegen Chelsea
England 23.März.2014 Alexander Semeliker 0
Das Topspiel der 31. Runde in der englischen Premier League lautete Chelsea gegen Arsenal. Die beiden Klubs sind im Titelkampf mittendrin, belegten vor dem Spiel die Plätze eins und drei. An der Stamford Bridge setzen sich die Blues mit 6:0 durch und vermiesten Arsene Wenger damit sein 1000. Spiel als Arsenal-Manager.
Dieses Spiel brachte viele Diskussionspunkte mit sich. Nicht nur die Höhe des Ergebnisses, auch die Entscheidung von Schiedsrichter Andre Marriner Mitte der ersten Hälfte – er schloss den falschen Spieler aus – sorgte für großes Aufsehen. Die Probleme aufseiten der Gunners waren aber andere. In diesem Artikel wollen wir uns mit diesen auseinandersetzen und sehen uns dazu drei Szenen an.
Keine zentrale Absicherung gegen Konter
Das 1:0 fiel bereits in der fünften Spielminute. Arsenal hatte zunächst eine gute Chance, verliert danach aber den Ball im Zentrum. Den entstehenden Konter spielt Chelsea über Andre Schürrle und Samuel Eto’o gekonnt zu Ende. Das Hauptproblem von Arsenal war dabei die fehlende Absicherung im Zentrum.
Hier sieht man, dass Arsenal stark zur ihrer rechten Seite verschoben hat, was insofern nachvollziehbar ist, als man dort einen Einwurf hatte. Alex Oxlade-Chamberlain (gelb) will auf die andere Seite verlagern, da der linke Außenverteidiger hoch steht und in ein Eins-gegen-Eins-Duell gehen könnte. Allerdings wird der Pass des 20-Jährigen abgefangen. Ein Fehler ist hier die zu hohe Position des Linksverteidigers (weiß). Er steht teilweise im Deckungsschatten des Gegenspielers (schwarz), weswegen der Ballführende einen Pass um diesen herum spielen müsste.
Aus taktischer Sicht problematischer ist aber, dass die Zentralachse um den Mittelkreis herum nicht besetzt ist. Fehlpässe sind unvermeidbar, weswegen es die Aufgabe des Teams ist, die Auswirkungen solcher zu minimieren. Auch beim 2:0 sah man dieses Manko, wie das folgende Bild zeigt.
Wieder fehlt hier die Besetzung des Zentrums. Chelsea erobert im Zweikampf den Ball und gewinnt schnell viel Raum. Ein entsprechender Spieler, der dem Ballführenden die nötige Rückendeckung geben würde, könnte den Balleroberer sofort unter Druck setzen, den Angriff verzögern und im Idealfall den Ball wieder zurückerobern.
Oxlade-Chamberlains Rolle im Zentrum
Ein längerfristiges Problem der Gunners ist, dass für die entsprechenden Positionen auf der Doppelsechs einige Spieler verletzungsbedingt fehlen. So wurde zuletzt mit Oxlade-Chamberlain auch ein nomineller Flügelspieler im Zentrum aufgeboten. Diese Umstellung ist nicht unüblich und bringt unter Umständen sogar Vorteile. Flügelspieler agieren im Allgemeinen zielgerichteter und vertikaler. Diese direkte Spielweise beschleunigt im Allgemeinen das Spiel. Die Räume hinter der Abwehr werden meist konsequenter angelaufen, was die defensive Ordnung des Gegners stört.
Allerdings bringt eine solche Umstellung auch negative Aspekte mit sich, naturgemäß in der Defensive. Allerdings sind dies nicht, wie es landläufig gerne gesehen wird, etwa Probleme im Defensivzweikampf, sondern in der Interpretation dieser neuen Rolle. Eine Verlagerung, wie sie Oxlade-Chamberlain vor dem 1:0 versuchte, ist isoliert betrachtet durchaus nachvollziehbar, jedoch muss man sich als Passgeber darüber im Klaren sein, welche Auswirkungen es haben könnte, sollte das Zuspiel misslingen.
Als gelernter Offensivspieler ist es für Oxlade-Chamberlain quasi selbstverständlich, dass er eine entsprechende Absicherung hinter sich weiß. Spielt er im letzten Drittel einen Fehlpass, gibt es in aller Regel genügend Mitspieler hinter dem Ball, die dafür sorgen, dass ein möglicher Angriff des Gegners abgewehrt werden kann. Diese Selbstverständlichkeit lässt sich jedoch nicht von einem Spiel zum nächsten abstellen. Die Passversuche bleiben weitestgehend die gleichen, jedoch fehlt aufgrund der tieferen Grundposition die Absicherung und ein Fehlpass hat im Allgemeinen schwerwiegendere Folgen.
Fehlende Antizipation der Innenverteidigung
Ebenfalls stellt für einen Offensivspieler ein verlorenes Dribbling weniger ein Problem dar, als für einen zentralen Mittelfeldspieler oder Verteidiger. Diese müssen in ihrer Entscheidungsfindung sorgfältiger sein, da der Gegner bei einem Ballverlust kürzere und ungestörtere Wege zum Tor hat. Welche Konsequenzen eine falsche, wenn auch für den Ballführenden selbstverständliche Entscheidung haben kann, zeigt die nachstehende Szene.
Oxlade-Chamberlain (gelb) will hier mit einem Dribbling durch die Mitte den Ball nach vorne treiben. Er verliert den Ball an David Luiz (blau), welcher anschließend ungestört nach vorne laufen kann und einen gefährlichen Distanzschuss anbringt. Ein offensichtlicher Kritikpunkt ist hier fraglos das versuchte Dribbling von Oxlade-Chamberlain, da die Gegebenheiten dafür nicht passen. Einerseits ist die Erfolgsaussicht aufgrund dessen, dass er gegen vier Chelsea-Spieler alleine ist, äußerst gering, andererseits fehlt auch hier die Absicherung.
Insbesondere die Position von Mikel Arteta (rot) ist zu hinterfragen. Der Spanier steht so, dass er weder anspielbar ist, noch im Falle eines Ballverlustes in eine aussichtsreiche Position fürs Gegenpressing kommen könnte. Rückendeckung hätte es aber auch in Form der Innenverteidiger geben können. Hier hätte dafür Per Mertesacker (weiß) aufrücken müssen. Der Deutsche ist aber kein moderner Abwehrspieler, der nach vorne hin antizipiert. Zwar verfügt er über ein gutes Stellungsspiel, setzt dieses aber in erster Linie so ein, dass er die Passwege zum eigenen Tor zustellt.
Hier zeigt sich eine große und in diesem Spiel entscheidende Diskrepanz. Einerseits drängten die Mittelfeldspieler mit einer mutigen Spielweise nach vorne, auf der anderen Seite agierten mit Laurent Koscielny und vor allem Mertesacker Innenverteidiger, die ihre Stärken in einer hohen Abwehrlinie nicht vollständig einbringen können. Es war vor allem diese Diskrepanz, die das Jubiläum von Wenger früh zu einem Debakel werden ließen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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