Die Ziellinie ist schon in Sichtweite: nach einem schon fast neun Monate andauernden Marathon trennen nur mehr knapp eine Handvoll Spiele die Klubs vom... Ein englischer Krimi: Wer sichert sich die Champions-League-Plätze?

_England Premier LeagueDie Ziellinie ist schon in Sichtweite: nach einem schon fast neun Monate andauernden Marathon trennen nur mehr knapp eine Handvoll Spiele die Klubs vom Saisonabschluss. Für die Champions League gibt es jetzt aber nur mehr je einen Fix- bzw. Quali-Platz zu vergeben. Dafür gleich vier namhafte Bewerber, die allesamt dem eigenen Selbstverständnis nach sowieso ein Anrecht auf die Königsklasse haben. Wir schauen uns die Ausgangslage und das Restprogramm des Quartetts genauso an, wie die Indizien die für oder gegen gegen eine erfolgreiche Mission Champions League sprechen könnten.

Die Ausgangslage und die Fakten vorab

Durch die Nachtragpartien ist der erste Tabellenblick etwas verschoben. Deshalb versuchen wir die Tabelle etwas einzurenken und schauen auch auf die Maximalpunkteausbeute, die die Teams aus eigener Kraft noch erzielen können.

 3. FC Liverpool4. Manchester City5. Manchester Utd6. Arsenal
35 absolv. Spiele34 absolv. Spiele34 absolv. Spiele33 absolv. Spiele
69 Punkte66 Punkte65 Punkte60 Punkte
71:42 Tore (+29)65:37 Tore (+28)51:25 Tore (+26)64:42 Tore (+22)
max. 78 Punktemax. 78 Punktemax. 77 Punktemax. 75 Punkte
Jeweiliges Restprogramm:   
6/7.5Southampton (H)Crystal Palace (H)Arsenal (A)Manchester Utd (H)
10.5Southampton (A)
13/14.5West Ham (A)Leicester (H)Tottenham (A)Stoke City (A)
16/17.5West Bromwich (H)Southampton (A)Sunderland (H)
21.5Middlesbrough (H)Watford (A)Crystal Palace (H)Everton (H)
    

FC Liverpool – tabellarisch in der Pole-Position

Neutral betrachtet wäre es ob der Ausgangslage und des Restprogramms eine klare Sache, dass die Anfield Road nächstes Jahr zum erst zweiten Mal in den letzten neun Jahren Königsklassen-Fußball präsentieren kann. Doch der Sympathisant der Reds hat ein flaues Gefühl im Magen. Auch wenn nur mehr 380 und ein paar Nachspielminuten dem FC Liverpool von einem Champions League Comeback trennen, kaum eine Mannschaft „rutschte“ – im wahrsten Sinne des Wortes – zuletzt sooft kurz vor knapp aus. Dazu drei am Papier leicht gewinnbare, aber am Grün für Jürgen Klopp äußerst unangenehme Gegner. Gegen Southampton gab es in drei Pflicht-Spielen heuer noch kein Tor und gleich zwei Niederlagen. West Ham war beim 2:2 in Anfield Mitte Dezember der erste Vorbote für die darauffolgende Schwächephase. Und dann wartet noch Middlesbrough, möglicherweise im Spiel um den Klassenerhalt. Wie schwer sich die Reds gegen Abstiegskandidaten tun, kann man bei Crystal Palace, Leicester, Hull oder Swansea nachfragen. Das Quartett verschaffte sich jeweils mit einem Dreier gegen Liverpool zum damaligen Zeitpunkt Luft im Abstiegskampf. So gesehen ist Jürgen Klopp so was wie der modernere Robin Hood der Liga: Er nimmt den Starken und Reichen bevorzugt die Punkte weg und verteilt sie an die schwächer platzieren Mannschaften.

Die Verletzungssorgen sind mit der Rückkehr von Adam Lallana zwar bedingt geschrumpft. Doch mit Kapitän Jordan Henderson und Toptorjäger Sadio Mane werden zwei wichtige Leistungsträger heuer das Trikot der Reds nicht mehr überstreifen. Dazu fiel Kreativspieler Philippe Coutinho mit einem Pferdekuss gegen Watford aus, er sollte aber fürs Finish wieder fit sein.

Manchester City – der Favorit auf Rang drei

Gefühlt sind die Citizen der Top-Favorit auf den dritten, fixen Startplatz. Noch weist die Tabelle zwar ein Miniplus zu Gunsten Liverpools aus. Doch es liegt alles noch in der eigenen Hand: gewinnt man so wie Liverpool die verbleibenden Spiele, kommt es zum Scheibenschießen um Platz drei. Weil dann die Tordifferenz das Zünglein an der Waage werden würde. Und gerade die Offensive der Himmelblauen kann bei der Tordifferenz gewaltig nachlegen. Vor allem weil es für alle vier Gegner aus dem Niemandsland der Tabelle um rein gar nichts mehr geht. Schafft es Pep Guardiola seine Superstars in der Offensive zu motivieren, sollten genug Tore und Punkte rieseln, um den fixen Champions League Platz drei zu sichern.

Verletzungstechnisch fallen im blauen Teil von Manchester Ilkay Gündogan, Namplays Mendy, Bacary Sagna und Goalie Claudio Bravo aus. Ansonsten sind sämtliche ablenkenden nationalen wie internationalen Nebenbelastungen bei den Sky-Blues schon vorbei. So gesehen kann sich Pep Guardiola komplett auf die verbleibenden vier Saison(end)spiele konzentrieren, die nächsten drei gleich alle in der heimischen Wohlfühloase Etihad.

Manchester United – zwei Wege zum Ziel

Das Lazarett ist derzeit so dich wie der Spielkalender. Die Red Devils gewannen den Liga-Cup, sind im Europa-League Halbfinale und kamen auch im FA-Cup bis ins Viertelfinale. Dazu noch das tägliche Brot „Meisterschaft“. Macht in Summe mindestens 59 Spiele in dieser Spielzeit. Besser wären aber sechzig – dann wären die Mourinho-Schützlinge im Europa League Finale und könnten dort den Champions League Platz klar machen. Wobei ja der Portugiese grundsätzlich erst für seine zweite Saison berüchtigt ist, wäre dies eine mehr als akzeptable Einstands-Bilanz. Die vielen Unentschieden, vor allem jene zehn – viele davon vermeidbar – im Old Trafford verschenkten eine komfortablere Ausgangssituation in der Liga.

Auf jeden Fall kann man nun innerhalb von zehn Tagen zwar alles verlieren, aber momentan (vorerst) noch nichts gewinnen, maximal eine gute Ausgangsposition legen: Nach dem erfolgreichen Hinspiel bei Celta Vigo am Donnerstag (1:0 Sieg), folgt am Sonntag das 6-Punktespiel gegen Arsenal, dann das Rückspiel im Europa-League Halbfinale und dann geht die Reise wieder nach Nordlondon, zu den Tottenham Hotspurs.

Trotz einer Königsklassen-Abstinenz lockt die Strahlkraft Uniteds kombiniert mit Jose Mourinho als Übungsleiter und der finanziellen Power immer noch Topstars an, siehe Pogba oder Ibrahimovic im vorigen Sommer. Heißt konkret: das Verpassen der Champions League wäre zumindest am Transfermarkt (noch) kein Beinbruch.

Zurück zum Eingang erwähntem Lazarett. Dort befindet sich mit Chris Smalling, Marco Rojo, Phil Jones die Innenverteidigung ebenso wie Torjäger Zlatan Ibrahimovic. Marouane Fellaini erwies zuletzt mit seiner Derby-Kopfnuss inklusive Ausschluss und Sperre seiner Mannschaft einen Bärendienst.

Arsenal– Stammgast als krasser Außenseiter

Nach 19 CL-Teilnahmen en suite wankt heuer die Qualifikation gewaltig. Die Beziehung zu Langzeit-Erfolgscoach Arsene Wenger ist mittlerweile abgekühlt, immer lauter werden kritische Stimmen gegen den längst dienenden Coach in einer der europäischen Top-4-Ligen. Ein Scheitern könnte vielleicht den notwendigen Umbruch einläuten. „Nur“ die jährliche Königsklassen-Qualifikation inklusive des Out früh im K-O-Modus sind zwar fußballtechnisch gesehen „First-World-Problems“, doch erzeugen sie eine gestiegene Erwartungshaltung. Die Fans der Gunners möchten endlich mal wieder eine außergewöhnliche Saison sehen und nicht laufend „more of the same“. Doch so ein Umschwung ist natürlich auch eine Gratwanderung, ein nicht zu unterschätzendes Risiko.

Wie auch immer, Arsenal hat jetzt noch die meisten Spiele in der Hinterhand, so aber auch die größte Gefahr Punkte liegen zu lassen. Eine Richtung wohin das Saisonfinale entwickeln wird, kann sich schon am Sonntag weisen, wenn es gegen Manchester United um alles geht. Eine Niederlage wird wohl die erste Europa League Teilnahme seit zwei Jahrzehnten bedeuten. Trotzdem lebt die Chance auf etwas Silberschmuck noch immer: Im FA-Cup-Finale geht’s gegen Chelsea um den ältesten Pokalbewerb der Welt.

Kurz noch zum Personal: Shkodran Mustafi und Lucas Pérez plagen Oberschenkelprobleme, Santi Cazorla ist nach einer Knöchel-Op längst in der Sommerpause.

Generell und überhaupt… Die Fakten zum Mitreden am Stammtisch

Der Modus und die Fakten sind wohl ohnehin bekannt, fassen wir sie trotzdem noch einmal komprimiert zusammen:

  • Der Drittplatzierte ist auf jeden Fall fix in der Champions League und kann schon mal die Hymne üben.
  • Der Vierte muss – sofern es nicht ein Europa-League-Sieger Manchester Utd ist – ins Play-Off, wo die Engländer bislang eine weiße Weste haben: alle 6 Duelle konnten dort gewonnen werden. Im „Platzierungs- oder Ligaweg“ wird der englische Vertreter gesetzt sein, da alle vier Kandidaten über ausreichend Punkte im UEFA-Klub-Koeffizient-Ranking verfügen und dort auf einen anderen „Nichtmeister“ in Hin- und Rückspiel treffen.
  • In Summe gibt es heuer genau sieben Tickets für Europa, wie sich die verteilen hängt noch von Manchester United ab. Die können auch unabhängig von der Liga über die Europa-League einen CL-Fixplatz erreichen.
  • Der FC Everton (mindestens Siebenter) ist fix in der Europa-League
  • Sonst hat England regulär noch zwei weitere Europa-League Plätze, die durch die FA-Cup-Final-Konstellation (Arsenal vs. Chelsea) bzw. dem Liga-Cup-Sieger Manchester United alle an die Liga wandern. So gesehen wären die Plätze fünf und sechs momentan heiße Anwärter auf die Europa-League.
  • Gewinnt Manchester United die Europa League und schafft in der Liga keinen Top-4-Platz, wäre England nächstes Jahr sogar mit fünf Startern in der Königsklasse vertreten. Der dritte Europa-League-Platz würde aber damit in ein CL-Ticket umgewandelt! Also es würde nicht der Tabellenachte davon profitieren, sondern England spielt dann in Summe mit 5 Champions-League- und 2 Europa-League-Startern 2017/18.
    Wären die Red-Devils zum Saisonende Tabellenvierter, würde nur das Playoff wegfallen, England hätte dann vier fixe CL + drei EL Starter.

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner

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