Ein Londoner Derby im League-Cup Finale – der Vorbericht
England 28.Februar.2015 Werner Sonnleitner 0
Am Sonntag ist es schon so weit! In England wird die erste Trophäe des noch jungen Jahres 2015 vergeben: Der Ligacup. Im Finale stehen sich der FC Chelsea und die Tottenham Hotspurs gegenüber.
Chelsea gewann bislang viermal diesen Pokal, 2005 und 2007 mit dem aktuellen Coach José Mourinho. Beide Male trug da der aktuelle Backup-Stürmer Didier Drogba seinen Teil zum Erfolg mit einem Tor bei.
2008 holte Tottenham zuletzt den Cup, damals ausgerechnet gegen die Blues. Da war aber Mourinho schon nach Mailand weitergezogen. Die Whites holten den Titel ebenfalls viermal in den Londoner Norden.
Schiedsrichter der Begegnung wird Anthony Taylor aus Cleshire sein, der das Match um 16 Uhr anpfeifen wird. Ein Londoner Stadtderby als Finale im ausverkauften Wembley, beste Voraussetzungen für ein packendes Fußballspiel.
Der Tabellenführer hat dabei die besseren Quoten bei den Buchmachern. Wir haben jeweils fünf Gründe herausgesucht, die für die beiden Mannschaften sprechen könnten:
5 Gründe – Chelsea gewinnt weil…
… José Mourinho ein echter Finalspezialist ist. Bereits 13 Endspiele hat „The Special One“ gewonnen. Für den Portugiesen ist der Ligacup da eher eine kleinere Herausforderung, während sein Gegenüber noch nie ein Endspiel coachen durfte.
… man heuer den Cup überaus ernst nimmt. Schon im Halbfinale gegen Liverpool wurde eine schlagkräftige Truppe aufs Feld geschickt. Die englische Presse erwartet, dass die Blues auch am Sonntag keine Aufstellungsexperimente eingehen werden.
… man durch die 5:3 Niederlage in der Meisterschaft gegen Tottenham gewarnt ist und spätestens das 1:1 am Wochenende gegen Burnley die Spieler wachgerüttelt hat. Geht man nicht mehr mit dem nötigen Ernst an die Sache heran, kann eine gute Ausgangsposition schnell wieder verspielt sein. Wer wenn nicht Mourinho wird da die passenden Worte finden. Auch wenn’s nur der kleine Cup ist, so wäre ein Titel gut fürs eigene Selbstvertrauen und auch ein Statement an die Konkurrenz aus dem himmelblauen Stadtteil von Manchester.
… man eine deutlich längere Regenerationszeit als der Gegner hat. Das letzte Spiel der Blues ist bereits acht Tage her. Tottenham musste dagegen am Donnerstag nach Florenz reisen, wo man das Aus in der Europa League nicht mehr verhindern konnte.
… Chelsea über die größere Qualität im Kader verfügt. Hinten bringt Thibout Courtois regelmäßig die gegnerischen Stürmer zum Verzweifeln. Erwischen Hazard, Costa und Co einen guten Tag, wird die Offensive für die Hintermannschaft der Whites nur schwer zu bändigen sein. Dazu kann man notfalls auch von der Bank immer noch nachlegen.
5 Gründe – Tottenham gewinnt weil…
… das Endspiel für die Profis von der White Harte Lane eine größere Bedeutung hat. Für Chelsea hat das Meisterschaftsderby am Dienstag gegen West Ham und danach eine mögliche Aufholjagd im Champions-League Rückspiel gegen Paris oberste Priorität. Für Tottenham wäre mit einem Sieg das Ziel Europacup schon im März erfüllt und man könnte sich mit weniger Druck auf die Kür „Champions League Qualifikation“ konzentrieren.
… sie einen Harry Kane in Überform aufbieten können. Der Spieler aus dem eigenen Nachwuchs hat einen wahren Lauf, steht goldrichtig und trifft heuer nach Belieben. 24 Saisontore hat der 21-Jährige schon am Zettel, alleine in den letzten elf Premier League Partien traf der Angreifer zwölfmal! Noch dazu sind die Blues sein Lieblingsgegner: Zwei Tore und zwei Vorlagen beim 5:3 am Neujahrstag, spätestens da war der Name „Kane“ auch Fußballfans außerhalb der Insel ein Begriff.
… Chelsea die spielerische Überlegenheit – im Gegensatz zum ersten Teil der Saison – zuletzt nicht mehr in die klaren Ergebnisse ummünzen konnte. Abgesehen vom 5:0 gegen Swansea, ging es in den letzten Wochen meist knapp her. Die Spiele blieben – zumindest ergebnistechnisch – lange offen.
… Mauricio Pochettino ein echter Trainerfuchs ist. Der 43 Jährige bewies schon bei Espanyol und später vor allem bei Southampton, dass er als Außenseiter einen nominellen Favoriten mit taktischen Finessen mehr als nur ärgern kann. Wie schon beim 5:3 Sieg über die Blues vor zwei Monaten wird er auch am Sonntag wieder mit der spektakulären, offensiven Spielweise den Tabellenführer fordern wollen.
… sich José Mourinho mit seiner regelmäßigen Schiedsrichter-Kritik scheinbar ein Eigentor geschossen hat. Mit seinen derben Psychotricks konnte er die Pfeifenmänner zuletzt nicht wirklich in seine Richtung beeinflussen. Eher das Gegenteil scheint er damit bewirkt zu haben: in den letzten Wochen blieb im Zweifel der Pfiff pro Chelsea verdächtig oft aus.
Der Weg ins Finale und darüber hinaus
Die Elf von Jose Mourinho bezwang Bolton (2:1), Shrewsbury (2:1) und Derby (3:1), ehe es im Halbfinale – das in Hin- und Rückspiel ausgetragen wird – in die Verlängerung ging. Gegen Liverpool setzte man sich dann doch mit einem Gesamtscore von 2:1 durch und qualifizierte sich so für Wembley.
Für die Elf von Pochettino war der Weg ins Finale eher unproblematisch. Einerseits konnte man bis ins Halbfinale alle Spiele daheim austragen, andererseits waren auch die Gegner keine großen Hürden. Nottingham (3:1) und Brighton & Hove Albion (2:0) wurden im Herbst klar besiegt. Auch Newcastle im Dezember war kein Stolperstein (4:0). Im Halbfinale setzte man sich gegen Sheffield United mit einem Gesamtscore von 3:2 durch.
Der Weg führt den Sieger schnurstracks nach Europa. Für den „League-Cup-Winner“ winkt ein Startplatz in der dritten Qualifikationsrunde der Europa League. Aber nur für den Sieger, der unterlegene Finalist bekommt nicht – wie in anderen Bewerben oft üblich – das Ticket, falls sich der Sieger anderweitig für Europa qualifiziert. Dann wandert ein zusätzlicher, zweiter Europa-League Startplatz an die Premier League. Nach jetzigem Stand würde bei einem Chelsea-Sieg der FC Liverpool als Sechster der Liga profitieren.
Der Worthless-Cup – eine schwere Geburt
Dieser FC Liverpool mag diesen Cup sowieso, ist er doch Rekordgewinner mit acht Titeln. Der „League Cup“ wurde erst 1960 vom Englischen Ligaverband trotz zahlreicher Widerstände eingeführt. In den Fünfzigern wurde das Flutlicht in den englischen Stadien populär, das aber für die Samstagnachmittag Spiele ja nicht wirklich notwendig war. So wurde kurzerhand einer neuer Cup ins Leben gerufen. Dieser Ligacup wurde während der Woche am Feierabend ausgetragen und war anfangs eine schwere Geburt. Erst die Aussicht auf ein Europacup-Ticket motivierte dann die Vereine und so konnte sich der neue Bewerb dann doch noch etablieren. Trotzdem ist die Wertigkeit auch heute noch ziemlich gering, viele Mannschaften bieten dort Jungspieler oder die zweiten Garnitur auf. Mitspielen dürfen alle Klubs der ersten vier Ligen – bis zum Viertelfinale wird der Sieger in einem Spiel ermittelt. Das Halbfinale wird dann in Hin- und Rückspiel gespielt, das Finale steigt im Wembley-Stadion.
Noch heute fristet dieser Cup auf der Insel ein ähnliches Schicksal wie die Europa-League, stehen doch diese beiden – für die Spitzenteams meist eher unattraktiven Bewerbe – im Schatten der „großen“ Brüder FA-Cup und Champions-League. Wie so oft im Leben, wollten die ausgeschiedenen Teams diesen Bewerb ja von Anfang an gar nicht gewinnen und bezeichnen ihn dann spöttisch als „The Worthless Cup“ oder „Mickey Mouse Cup“. Diese uncharmanten Bezeichnungen konnten sich auf der Insel rasch durchsetzen, weil sich die offizielle Bezeichnung ohnehin laufend ändert. Anders als der FA Cup werden bei diesem Bewerb die Namensrechte verkauft.
Überaus kurios ist die Namensentwicklung über die Jahre. In den Achtzigern sponserte die staatliche Molkerei und so war er damals der „Milk-Cup“. Danach fungierte ein Wettanbieter, ein Elektrotechnikhersteller und Coca Cola als Namenspatrone. Erst 1998 fand dann der Name erstmals bei den Fans Anklang, wurde er doch nach Marken aus des Engländers liebster Branche benannt, nach Brauereien! Zuerst Worthington und ab 2003 war es dann der Carling-Cup. Seit 2012 ist es mit Capital One – passend in die heutige Zeit und Fußballkultur – ein Finanzdienstleister. Für Interessierte mit dem nötigen Kleingeld: Für 2017 sucht man bereits wieder einen neuen Namensgeber!
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Werner Sonnleitner
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