Eine intelligent gespielte Raute: Liverpool besiegt Manchester United 3:0
England 17.März.2014 Alexander Semeliker 0
Neben dem North London Derby fand am Sonntagnachmittag auch das prestigeträchtige Duell zwischen Manchester United und dem Liverpool FC statt. Mit einem 3:0-Sieg schlossen die Gäste wieder zu Chelsea, das am Samstag verlor, auf.
Die Zuschauer im Old Trafford bekamen zwar keine hochklassige, aber dennoch interessante Partie zu sehen. Liverpool dominierte optisch, agierte aber im Übergang ins Angriffsdrittel zu unpräzise. Erst einen Doppelpack von Steve Gerrard brachte die Gäste in die Erfolgspur. Der Kapitän traf jeweils per Elfmeter und leistete es sich obendrein später sogar, einen weiteren zu verschießen. In der Schlussphase fixierte Luis Suarez den Endstand.
Liverpool erneut mit Raute
Der Start von David Moyes als United-Manager war gemessen an den letzten Jahren eine Katastrophe. Insbesondere die ständigen Rotationen der Startaufstellungen stoßen den Fans sauer auf und sorgten dafür, dass eine Titelverteidigung schnell außer Reichweite war. In den letzten Spielen scheint der Schotte seinen Stamm aber gefunden zu haben und so gab es auch in diesem Spiel keine großen Überraschungen. Insbesondere das Angriffsquartett des 4-2-3-1, bestehend aus Robin van Persie, Wayne Rooney, Adnan Januzaj und Winterneuzugang Juan Mata, gehört zum Besten, was die Premier League zu bieten hat.
Liverpool-Coach Brendan Rodgers ließ sein Team erneut in einer 4-4-2-Grundordnung mit einer Raute im Mittelfeld beginnen. Bereits am vergangenen Spieltag gegen Southampton spielten die Reds in dieser Formation und gewannen mit 3:0. In Manchester begann anstelle von Philippe Coutinho jedoch Raheem Sterling. In der Verteidigung kam es zudem zu positionellen Umstellungen. Glen Johnson spielte diesmal rechts und Jon Flanagan links.
Zentrales Übergewicht für Liverpool
Der Vorteil einer 4-4-2-Rautenformation gegenüber eines 4-2-3-1 ist die nominelle hohe Kompaktheit im Zentrum, da man dort einen Spieler mehr als der Gegner hat. Sterling interpretierte seine Rolle jedoch vielseitig. Mal stand er höher und ließ sich zurückfallen, mal stieß er aus der Tiefe nach vorne, mal wich er auf die Seiten aus und vereinzelt konnte man auch Rochaden mit einem der beiden Stürmer erkennen. Auf der anderen Seite agierte Rooney eher eindimensional.
Den wirksamsten Vorteil zog Liverpool aber auf den Halbpositionen. Joe Allen und Jordan Henderson fanden in den Halbräumen immer wieder Freiheiten und konnten dem Spiel so Dynamik geben – auch weil United eben nicht so kompakt agierte wie Liverpool. Was fehlte, war jedoch die Präzision im letzten Drittel. Man spielte zwar den einen oder anderen guten Schnittstellenpass, unterm Strich standen aber bei den Offensivspielern bis zum 1:0 durchwegs schlechte Passquoten. Henderson (üblicherweise 87%) kam in der ersten Halbzeit beispielsweise nur auf 68% Passgenauigkeit.
Flanagan mit wichtiger Rolle im Gegenpressing
Die Kehrseite dieser hohen Dichte im Zentrum ist, dass die Außenbahnen nur jeweils mit einem Spieler, dem Links- bzw. Rechtsverteidiger, besetzt sind. So ist man im Allgemeinen anfällig gegenüber Flügelüberladungen. Gerade bei Manchester United konnte man damit rechnen, da die beiden Außenverteidiger auch offensiv aktiv werden und die Flügelspieler, vor allem Mata, gerne einrücken. Auch in diesem Spiel hatten die Gastgeber ihre besten Möglichkeiten, wenn sie auf den Seiten durchkamen.
Allerdings war dies nur relativ selten der Fall, da Liverpool ein gutes Mittel dagegen fand. Sie störten den Gegner nach Ballverlusten, die meist im Zentrum vonstattengingen, früh und sorgten so, dass United erst gar nicht auf die Außen spielen und dort gefährlich werden konnte. Insbesondere Flanagan nahm dabei eine wichtige Rolle ein. Im Offensivspiel hielt er sich weitestgehend zurück, attackierte dann einen der beiden Sechser oder gar den Außenverteidiger äußerst früh und dank des günstigen Sichtfelds auch sehr effektiv.
Ideenloses Aufbauspiel bei United
Durch diesen Mechanismus kam United kaum ins offensive Umschaltspiel und war vermehrt auf das Aufbauspiel angewiesen. Dieses zeigte sich aber äußerst ideen- und wirkungslos, da die drei Zentrumsspieler weit auseinander spielten. Michael Carrick ließ sich tief fallen, Rooney ging meist nach links, wo er sich aber kaum in Szene setzen konnte und isoliert wurde. Nur 77% seiner Pässe waren erfolgreich. Marouane Fellaini rückte hingegen vermehrt aus seiner Grundposition in den rechten Halbraum. Dort wurde der physisch starke Belgier oft mit hohen Bällen gesucht.
Die entstandenen zweiten Bälle konnte Manchester United jedoch kaum behaupten. Neben Fellaini rückte auch Mata immer wieder in den Halbraum ein, was Liverpool mit einem starken ballseitigen Verschieben – ähnlich zu jenem von Red Bull Salzburg – beantwortete. Insbesondere Gerrard ist in diesem Zusammenhang herauszustreichen. Er rückte oft aus seiner Grundposition heraus und war im Pressing äußerst aggressiv. Passende Eingriffe vonseiten Moyes‘ blieben aus. Alleine dass der 50-Jährige in der Schlussphase für den offensiven Mata mit Rio Ferdinand einen Innenverteidiger brachte, spricht für Bände.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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