G’schichterln ums runde Leder (20) – Erfolgreiche Spätzünder (1/4)
England 10.März.2019 Marie Samstag 1
In dieser Episode unserer G’schichterl-Serie wollen wir euch in vier Teilen erfolgreiche Fußballer vorstellen, die es über Umwege ins Profigeschäft geschafft haben. Obwohl es klar ist, dass nicht nur Akademieabsolventen in den Ligen dieser Welt kicken, gibt es nur wenige, die es im reiferen Alter doch noch in den bezahlten Fußball geschafft haben. Hier wollen wir vier solcher Kandidaten näher vorstellen und beginnen gleich mit dem aktuell bekanntesten Herrn dieser Spezies: Ex-England-Teamspieler und Leicester-City-Stürmer Jamie Vardy.
Before the party
Irgendwie wurmt es ihn doch. In einem Interview anlässlich der WM 2018 gab Jamie Vardy zu, dass einer seiner Eine-Fee-sagt,-du-hast-drei-Wünsche-frei-Wünsche folgendermaßen lauten würde: „Ich wäre gerne jünger, sodass meine Karriere länger dauert.“ Vardy, der 2016 mit Leicester City englischer Meister wurde, hat ein turbulentes Leben hinter sich. Profifußball spielt der mittlerweile 32-Jährige erst seit 2012. Vardy wurde am 11. Jänner 1987 in Sheffield geboren. Sein leiblicher Vater verließ die Familie als der spätere Premier-League-Star noch ein Kleinkind war. Der Kontakt brach völlig ab und die yellow press kontaktierte den Senior erst als Jamie jeder Fußballbegeisterte auf der Insel kannte. Richard Gill fiel aus allen Wolken: „Ich bin vollkommen überwältigt herauszufinden, wie berühmt mein Sohn ist.“ Um berühmt zu werden musste sich der Stürmer jedoch ohne Papas Hilfe nach oben kämpfen. Als 15-jähriger wurde Vardy aus der Sheffield Wednesday-Akademie aufgrund seiner geringen Körpergröße aussortiert, daraufhin jobbte der Stürmer in einer Fabrik die Kohlefaser-Prothesen herstellte. Es schien so, als sei der Traum vom Fußballprofi für ihn bereits geplatzt. Jamie machte eine typische „Karriere“ für das Arbeitermilieu aus dem er stammte: Stahlkappenschuharbeit mit schlechtem Monatslohn, exzessive Partynächte, frühe Elternschaft. Er war 22 Jahre alt, als er das erste Mal Vater wurde. Tochter Ella sah er jedoch kaum, denn zu diesem Zeitpunkt sollte Vardys Laufbahn auf dem Spielfeld wieder Schwung aufnehmen. Von Halifax, über Fleetwood kam er zu Leicester City.
Fox of Foxes
Zunächst musste er sich aber als glatzköpfiger Angreifer auf Ackerwiesen bei Amateurwettkämpfen durchschlagen. Und es kam noch dicker: Der junge Mann beteiligte sich an einer Diskoschlägerei und wurde zum Tragen einer Fußfessel sowie Ausgangssperre verurteilt. Das alles schien ihn aber nicht aufzuhalten. Der Stürmer schoss Tore wie am Fließband, in seinen Mannschaften war er immer Topscorer. 2011 wurde er als Angreifer für den F.C. Halifax Town zum Spieler der Northern Premier League gewählt. Über die siebente und fünfte Leistungsstufe wurde für den damals 25-Jährigen bei Leicester City doch noch der Traum vom Profifußball war. Doch plötzlich übermannten den Quereinsteiger Zweifel: „Ich sagte dem Trainer und seinen Assistenten, dass ich dachte, ich sei nicht gut genug für dieses Level.“ Jamie Vardy kam beim Zweitligisten nicht richtig in Tritt, erzielte zunächst nur vier Treffer in vierundzwanzig Spielen. Das Trainerteam glaubte jedoch an ihn und mit harter Arbeit und Selbstvertrauen konnte sich der Blondschopf steigern. Die Saison 2015/16 wurde zu seinem Jahr: Vardy übertraf den Rekord von Ruud Nistelrooy und traf in elf aufeinanderfolgenden Spielen mindestens einmal. Leicester wurde Meister – ein Fehler in der Matrix, der wahrscheinlich alle 30 Jahre vorkommt. Plötzlich war Jamie Vardy, das Arbeiterkind, ein Weltstar. Arsenal streckte seine Fühler nach dem Superstriker aus, doch dieser erklärte: „Ich denke, ich bin hier noch nicht fertig.“ Als er gefragt wurde, ob er sich einen solchen Aufstieg noch hätte träumen lassen, meinte Vardy, schon der Vertrag mit Fleetwood habe sich für ihn wie der Höhepunkt angefühlt. Endlich konnte er seinen bürgerlichen Beruf aufgeben und sich ganz auf den Fußball konzentrieren. Doch die Reise ging weiter, als er in der Saison 2011/12 in 36 Spielen 31 Tore machte und in die Championship zu den blauen Füchsen wechselte. Mit 28 Jahren feierte der Spätzünder sein Debüt in der Nationalmannschaft und erklärte nur drei Jahre danach überraschend seinen Rücktritt. Insgesamt hatte er in 26 Spielen das Trikot der Three Lions getragen. Es scheint so, als wurde Vardy ahnen, dass er eine Doppelbelastung – aufgrund seiner Vorgeschichte und seines Alters – wohl nicht lange durchstehen wird.
V-9
Das Stehaufmännlein aus Sheffield ist heute in der englischen Fußballwelt angekommen: Zusammen mit vier Kindern und seiner auf Instagram höchst aktiven Frau lebt Vardy in einem luxuriösen Haus in der englischen Provinz. Sein ehemaliges Zuhause wurde schlagartig bekannt, als jenes Video, indem die Leicester-Profis dort von dem Meisterschaftsgewinn erfahren, überall auf der Welt angesehen wurde: „Jamie Vardy is having a party, …“. Dass er wilden Feiern und Alkohol nicht gerade abgeneigt ist, kommentiert der stoische Kicker salopp: „Nach einem Spiel ist ein Bier besser als eine Dose Cola.“ Vardy ist Profi aber kein Topsportler. Er macht keinen Hehl aus seiner ungesunden Ernährung: Am Matchtag gibt es Energydrinks, Baked Beans und Espresso. Selten sieht man ihn ohne Kautabak im Mund, das Fitnessstudio meidet er. Vardy ist ein pfeilschneller Instinktspieler, ein harter Arbeiter mit One-Touch-Fähigkeit. Seinen Spielstil hat er nie geändert, behauptet er. Seine schnelle Reise durch die verschiedenen Leistungsstufen machte es nur notwendig Kleinigkeiten anzupassen: „Das notwendige Tempo und die Aggressivität hatte ich schon immer. Schon seit ich Fußball spiele.“ Sein Glück teilt Englands Fußballer des Jahres 2015/16 mit anderen. Er gründete die V9-Academy um älteren Non-league-Kickern die Chance zu geben, im Profibereich Fuß zu fassen und suchte via TV „The next Jamie Vardy“. Seine Geschichte findet also vielleicht eine Fortsetzung.
Marie Samstag, abseits.at
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