Wie wohl jedem Fußballfan bekannt ist, steht mit Manchester United einer der größten Fußballclubs der Welt momentan nicht so da, wie er es gerne... Kommentar | Zur aktuellen Lage von Manchester United

Manchester United Wappen LogoWie wohl jedem Fußballfan bekannt ist, steht mit Manchester United einer der größten Fußballclubs der Welt momentan nicht so da, wie er es gerne hätte. Nett formuliert, manche meinen sogar die glorreichen Zeiten von United seien vorbei.

Doch woran liegt der plötzliche Wandel, warum befindet sich der Klub in der Krise?

Der allgemeine Tenor ist „David Moyes ist schuld.“ Die aktuelle Situation nur am neuen Trainer festzumachen wäre allerdings ignorant und falsch.

Moyes‘ Vorgänger Alex Ferguson machte Manchester United zu dem Klub der er heute ist, nämlich einen der erfolgreichsten, größten und beliebtesten Klubs der Welt. Kein Team hat den britischen Fußball in den letzten zwei Jahrzehnten so geprägt wie die Red Devils.

Ferguson wurde in seiner letzten Saison als Manager 2013 Meister, Moyes übernahm und plötzlich konnte United nicht mehr mit den anderen Topteams mithalten, muss aktuell sogar um die Europa-League-Teilnahme fürchten. Nach außen hin sieht das natürlich so aus als wäre der Trainerwechsel dafür verantwortlich, denn dies war schließlich die einzige Variable die gegenüber der Vorsaison verändert worden ist.

Doch Fußball ist komplexer als jede mathematische Formel und für viele nicht ganz so einfach zu verstehen.

Der Fußball ist ständig im Wandel, es wird permanent nach der perfekten Spielweise gesucht. Sie schien auch schon viele Male gefunden, wie zu Zeiten Guardiolas als Barcelona-Trainer. In den Jahren als Barcelona alles gewann, begannen andere Teams, Barcelonas Stil zu kopieren. Dies war vor allem in Europas Topligen zu beobachten. Doch da eine Kopie selten das Original schlägt, musste eine andere Spielweise her um eben auch gegen Barcelona eine Chance zu haben. Eine Möglichkeit war die Spielweise von Mourinhos Chelsea oder Inter Mailand. Da diese destruktive Spielweise aber eher unattraktiv und unbeliebt bei den Fans war, war sie nicht auf den wöchentlichen Ligabetrieb zu übertragen.

Der Erste, der eindrucksvoll beweisen konnte, dass Barcelona nicht das Nonplusultra für alle Zeiten bleiben wird, war Jupp Heynckes mit seinen Bayern. Mit attraktivem Offensivfußball, hohem Pressing und noch höherer Laufleistung zeigte Bayern Barcelona seine Grenzen auf. Plötzlich setzte Bayern neue Maßstäbe im internationalen Fußball. Das ewige Ballbesitzspiel mit endlos langen Ballstafetten des FC Barcelona kam aus der Mode und das möglichst schnelle Spiel in die Spitze der Bayern wurde immer öfter kopiert.

Diese Veränderungen im Fußball verdanken wir vor allem jungen, innovativen Trainern (wie z.B. Jürgen Klopp), die den Mut haben neue Dinge auszuprobieren und so dafür sorgen, dass der Fußball auch in Zukunft interessant bleibt.

Was hat das alles aber mit der aktuellen Lage Manchester Uniteds zu tun? Wie oben beschrieben, verändern sich die Spielweisen der Klubs oft um auf aktuellem Stand zu bleiben und auf höchstem Niveau mithalten zu können. Wenn man sich aber die letzten zehn Jahre von Manchester United unter Ferguson ansieht, kann man beobachten, dass die Spielweise von United immer die gleiche geblieben ist. Was Manchester United auszeichnete war das exzellente Flügelspiel, doch ist es mittlerweile nicht mehr zeitgemäß. Ferguson hielt trotzdem daran fest – warum sollte er es auch ändern? – der Erfolg gab ihm Recht.

Tatsache ist, dass Ferguson seinem Nachfolger eine Meistermannschaft hinterlassen hat, die jahrelang das gleiche Spiel gespielt hat und zudem überaltert ist. Manchester lebte von der goldenen Generation um Scholes, Giggs und Co., ihre Nachfolger konnten da nicht mithalten. Mit Ferdinand, Vidic und Evra stehen gleich drei Verteidiger im Kader, die unter Ferguson immer gespielt haben, ihren Zenit aber schon überschritten hatten. Dann kam Moyes, der das Problem zwar erkannte; nur ist es nicht so einfach drei Stammspieler der Verteidigung einer Meistermannschaft einfach so auszutauschen, zumal Vidic auch noch Kapitän und Evra Vize-Kapitän waren.

Schon sehr bald in der Saison konnte man sehen, dass die drei Genannten nicht mehr mit dem Tempo mithalten konnten, das in dieser Saison von den Topteams gespielt wird. Es ist ein schlechter Zeitpunkt für einen Umbruch bei United, da die anderen Teams gerade in dieser Saison zu Hochform auflaufen. Bei Liverpool scheint der Umbruch der erst unter Brendan Rodgers begann, vollzogen zu sein und sie können seit dieser Saison ihr volles Potenzial ausschöpfen. Manchester City hat mittlerweile auch ein eingespieltes Team, da sie endlich am Stamm der Mannschaft festhalten. Chelsea hat mit Mourinho ein taktisches Genie als Trainer verpflichtet, der auch gute Transfers tätigte; die Mannschaft ist lediglich aufgrund der fehlenden Konstanz keine richtig „große Truppe“. Aber auch andere Teams spielen bereits moderneren Fußball als Man. United, wie zum Beispiel Arsenal, Everton oder auch Southampton, denen es jedoch an Mitteln fehlt.

Das größte Problem besteht bei United wohl im zentralen Mittelfeld, wo es eindeutig an Klasse fehlt. Moyes hatte mit dem Problem zu kämpfen, dass er nicht die Spieler bekam, die er wollte. Er nahm zwar Fellaini aus Everton mit, doch lebt dieser mehr von seinen Mitspielern als jeder andere. In Everton war er stark weil er um sich herum viele schnelle, wendige Spieler hatte, mit denen er sehr gut funktionierte. Moyes wusste das wohl und wollte noch einen zweiten Neuzugang fürs Zentrum, den er allerdings nicht bekam. Es fehlt ein spielerisch starker „Nadelspieler“ im Zentrum wie etwa Kroos, Gündogan, Thiago, Isco oder Özil. Moyes hat im Winter zwar gehandelt und Mata verpflichtet, doch geht der aufgrund seiner etwas zu offensiven Ausrichtung wieder am eigentlichen Problem vorbei.

Oftmals äußerte sich die Problematik so, dass Rooney im zentralen Mittelfeld spielen musste, was dieser natürlich kann, allerdings als offensiverer Akteur, etwa als hängende Spitze, wertvoller ist. Momentan spielen auf der Sechserposition Fellaini, Carrick, Cleverley, Jones oder zuletzt auch Ryan Giggs. Diese ständige Rotation zeigt auf, dass Moyes speziell auf diesen Positionen unzufrieden ist und im Sommer darauf bedacht sein wird, einen modernen, spielstarken Sechser zu holen, um den herum das „neue“ United aufgebaut werden soll. Ein ähnliches Problem besteht an den Flügeln, wo Spieler wie Valencia oder Young nicht mit der Tatsache zurechtkommen, dass Moyes vom alten Flügelspiel Fergusons weg will und eine Veränderung in Richtung moderneren Fußball anstrebt.

Moyes aufgrund der ernüchternden Ergebnisse pauschal als falsche Wahl zu beurteilen ist zu einfach. Bei Manchester United findet ein totaler Umbruch statt und für United-Fans bleibt sehr wohl zu hoffen, dass man Moyes Zeit gibt und dieser auch weiterhin Mut zur Veränderung beweist, damit der Umbruch erfolgreich vollzogen werden kann.

Das aktuell beste Beispiel wie es funktionieren kann ist ausgerechnet Uniteds größter Rivale, der FC Liverpool. Mit Brendan Rodgers übernahm 2012 ein junger, aufstrebender Trainer, mit klaren Vorstellungen. Er verjüngte die Mannschaft, baute explosive junge Spieler in der ersten Mannschaft auf (Sterling, Sturridge, Coutinho), vorne Superstar Suarez und in der Mitte Gerrard, der die Mannschaft zusammenhält und auch in seinem Alter noch ein unglaubliches Tempo gehen kann und Aggressivität auf dem Platz zeigt, die zum Beispiel Spieler wie Carrick, Evra oder Ferdinand momentan total vermissen lassen. Das einzige Problem Liverpools ist noch die Defensive, die aufgrund großer Verletzungssorgen noch nicht gut genug eingespielt ist. Wenn Liverpool das in den Griff bekommt, müssen sich nächste Saison wohl sämtliche Teams an den Reds orientieren.

Ob Moyes der Richtige für den Job ist, wird sich wohl erst zeigen wenn die Sommertransferperiode vorbei ist und man beurteilen kann ob er das Team richtig verstärkt hat. Momentan heißt es für Manchester United allerdings „durchtauchen“, bis ein tatsächlicher personeller und taktischer Umbruch vollzogen werden kann. Das kann leider nicht von heute auf morgen bewerkstelligt werden…

(Florian Rohm)

Florian Rohm

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