Wenn die „Black Cats“ auf die „Magpies“ treffen heißt es wieder Derbytime im Nordosten Englands. Vor allem in dieser Saison könnte die Rivalität zwischen dem AFC Sunderland und Newcastle United auf eine neue Stufe gestellt werden. Denn beide Mannschaften befinden sich tief im englischen Abstiegssumpf und kämpfen gemeinsam mit Norwich um den Verbleib in der Premier League. Leider impliziert dies, dass wir das prestigeträchtige North East oder Tyne-Wear Derby in der nächsten Spielzeit bestenfalls in der Championship bestaunen dürfen. Zumindest einer muss fix runter.
Die Parallelen
Die Geschichte der beiden Rivalen weist überraschenderweise viele Parallelen auf, so wie beispielsweise in dieser Saison. Sowohl Newcastle als auch Sunderland entließen beide schon ihre angestammten Trainer, da diese nie richtig in die Spur fanden. Bei den Black Cats musste Avram Grant, „Big Sam“ Allardyce Platz machen und auf der gegenüber liegenden Seite ersetzte Rafael Benitez den erfolglosen Steve McClaren.
Vor allem die Leistungen der Magpies waren enttäuschend, denn der Kader der „Geordies“ (später mehr dazu) ist auf jeden Fall Premier-League-reif. Interessant zu beobachten ist auch, dass beide Mannschaften erst gegen Ende der Saison ein bisschen besser in Form kommen. In den letzten Jahren fand man beide Klubs zumeist in der hinteren Tabellenregion der höchsten englischen Spielklasse, doch das war nicht immer so. Im Zeitraum von 1892 bis 1902 gelangen Sunderland beispielsweise vier ihrer insgesamt sechs englischen Meistertitel. Drei Jahre später gewann Newcastle seinen ersten von vier Meistertiteln und wiederholte dies noch zweimal bis 1909. Die großen Zeiten beider Vereine liegen aber schon sehr lange zurück, denn der letzte Titelgewinn von einem der beiden Klubs datiert aus dem Jahr 1973 (Sunderland besiegte Leeds United im FA Cup Finale).
Der Beginn der Rivalität
Beide Städte liegen sowohl in einem Industriegebiert, als auch an einem Fluss (Newcastle an der Tyne, Sunderland an der Wear, somit ist der Name des Derbys selbsterklärend) und beziehen ihr Haupteinkommen deshalb aus dem Handel. König Charles der Erste vergibt Ende des 16.Jahrhunderts exklusive Handelsrechte an Newcastle. Dieser wird dann in der Folge exekutiert und König George tritt seine Nachfolge an, dieser prägt die Stadt diverser Quellen zu Folge sehr und ihm zu Ehren betiteln sich die Einwohner von Newcastle als „Geordies“, so die Legende. Die Magpies bezeichnen die Fans ihres Erzrivalen oft als „Dirty Mackems“, was so viel bedeutet wie dreckige Schotten, da sich die Einwohner Sunderlands während des englischen Bürgerkrieges 1642 auf die Seite der schottischen Rebellen schlugen.
Auch im Fußball kreuzen sich erstmals die Wege
Auf der fußballerischen Ebene beginnt die Rivalität beider Teams Anfang des 20.Jahrhunderts Fahrt aufzunehmen. Hier sticht mit Sicherheit die Saison 1908/09 heraus, als Sunderland Newcastle eine herbe 9:1-Klatsche verpasst – die bis heute die höchste Niederlage der Magpies in der Premier League Geschichte.
Die Fans von der Tyne dürften dies aber wohl verschmerzt haben, denn am Ende jener Saison wird man vor den drittplatzierten Black Cats Meister. Das geschichtsträchtigste Derby zwischen den beiden spielte sich mit Sicherheit 1990 ab. Newcastle und Sunderland trafen im Aufstiegsplayoff der Second Division aufeinander und das Hinspiel endete im Roker Park (damalige Heimstätte der Black Cats) mit 0:0.
Als die Gäste im Rückspiel kurz vor Ende mit 2:0 im St. James Park führten, versuchten die Anhänger der Magpies durch einen Platzsturm einen Spielabbruch herbeizuführen. Später wurde die Partie aber wieder fortgesetzt und Sunderland konnte das Aufeinandertreffen für sich entscheiden.
Negativ erinnern werden sich die Geordies auch an das Jahr 1999: Hier bringt eine 1:2-Derbyniederlage die Fans so in Rage, dass der Druck für den damaligen Trainer Ruud Gullit zu groß wird und er nach dem Match seinen Hut nehmen muss. Selbst schuld, wenn man in Newcastle einen gewissen Alan Shearer nur auf die Bank setzt…
Nachdem in den vorigen Dekaden eher Newcastle Oberwasser hatte, scheint sich das Blatt in den letzten paar Jahren gewendet zu haben, denn eine sechs Spiele andauernde Siegesserie wurde vergangenen März nur von einem schmeichelhaften 1:1 für die Magpies unterbrochen. In der nächsten Partie hätte Sunderland sogar die Möglichkeit mit 54:53 Siegen in Führung zu gehen.
International gesehen ist das Tyne-Wear-Derby vielleicht nicht das medienwirksamste, jedoch verbirgt sich dahinter eine lange und interessante Rivalität. Es ist eine Fehde in der sich weder die Akteure auf dem Rasen, noch die Anhänger beider Fan-Lager etwas schuldig bleiben. Der ehemalige Sunderland- und Inter-Mailand-Spieler Yann M´Vila meinte sogar: „Für mich ist das North East Derby größer als das Mailänder Derby.“
Kai Reinisch, abseits.at
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