Schon wieder: Europacuptage ohne England – die möglichen Gründe
England 23.April.2015 Werner Sonnleitner 0
So wie bereits im Frühjahr 2013 fehlte auch diesmal ein englischer Vertreter im elitären Kreis der letzten acht Teams der UEFA Champions League. Generell bleibt an diesen Europacup-Abenden das Flutlicht für die Englänger finster. Dabei kam man vor noch nicht allzu langer Zeit kaum um den Inselkick herum, wenn die Königsklasse in die Zielgerade einbog. Zwischen 2007 und 2009 stellte man jeweils drei der vier Halbfinalisten. Die immer mehr gehypte Premier League machte ihrem Image als beste Liga alle Ehre und das von Investoren auf die Insel geschwemmte Geld schien – vorübergehend – doch Tore zu schießen.
Die letzten Jahre relativierten dann aber wieder vieles. In den letzten sechs Spielzeiten – seit der Saison 2009/10 – stellte das Mutterland des Fußballs nur mehr dreimal jeweils einen Viertelfinalisten! Zum Vergleich: Spanien beanspruchte in diesem Zeitraum gleich 11 Plätze, Deutschland sechs und sogar Frankreich (5) war öfters als England vertreten.
Spätestens mit dem jüngsten Crash wird man auf der Insel nervös. Auch in der zweiten Kategorie – der Europa-League – ist die Premier League heuer nur mehr Zuschauer. Einnahmenseitig wird man es zwar leicht verschmerzen können, der neue TV-Deal spült ja genügend Cash in die Kassen, doch imagetechnisch knabbert man doch sehr am jüngsten Debakel. Viel mehr geht’s um die Marke: der Hype und dadurch in der Folge auch die globale Vermarktung der beliebten englischen Vereine lässt – nicht nur in Übersee – auf Dauer ohne den absoluten Spitzenfußball nach. Bayern’s Paul Breitner hat diese Woche bereits in Servus TV eine Kampfansage dahingehend in Richtung Manchester United und ihrer Fan-Basis in Asien getätigt.
Dazu verliert die Liga in der Fünfjahreswertung Spanien aus den Augen, während von hinten schon Deutschland Jagd auf die Briten macht. Die mit Abstand reichste Liga, plötzlich sportlich nur mehr die Nummer drei in Europa, da hätte man dann doch schwer zu schlucken auf der Insel.
Wo liegen die Gründe für den vermeintlichen Abgesang?
Den einen, einzigen Grund wird es so einfach wohl nicht geben. Jeden der folgenden Punkte kann man einzeln betrachtet auch auf den einen oder anderen Verein bzw. eine andere Liga umlegen. In Summe sind es dann wahrscheinlich schlussendlich doch zu viele Faktoren, die momentan so ein tristes Bild der stolzen Fußballnation auf internationaler Bühne ergeben.
Auf den Trainerbänken zählen oft große Namen mehr als Spielideen und Konzepte, da haben vor allem deutsche Trainer viele ihrer englischen Kollegen zuletzt abgehängt. Selbst ein Jose Mourinho wirkt gegen ein dezimiertes Paris ratlos, Arsene Wenger fehlt meist der Plan B in Europa und auch bei Manuel Pellegrini wird aus den Möglichkeiten zu wenig herausgeholt. Taktisch gibt es dazu öfters Defizite, diese Kleinigkeiten entscheiden an der enger gewordenen Spitze immer öfters über Sieg oder Niederlage. Zusehends verlässt man sich auf die Stars in der Mannschaft, die es dann am Besten im Alleingang richten sollen.
Die Dichte an den ganz großen Superstars nimmt mittlerweile in der Premier League immer mehr ab. Von den weltweiten Top-Spielern findet man immer weniger, die in England ihre Pounds verdienen. Vergleicht man es mit der Liste der reichsten Kicker, wird das Ungleichgewicht dann richtig deutlich. Gleich acht der zwanzig reichsten Spieler kicken auf der Insel. Da viele Verträge verhältnismäßig stark leistungsunabhängig sind, kehrt bei einigen Topstars wohl oft eine gewisse Sattheit ein. Es scheint immer öfters schwerzufallen, die letzten paar Prozent noch heraus zu kitzeln.
Dazu ist die Intensität der Spiele in der Premier League meist doch etwas höher als anderswo. Es gibt auch kaum einen Gegner mehr, der auf „Halbgas“ im Vorbeigehen geschlagenen werden kann. An einem guten Tag kann in England – wie in kaum einer anderen Spitzenliga – quasi jeder jeden schlagen. So sind vor allem die Führungsspieler dauernd gefordert, die letzte Spritzigkeit und geistige Frische fehlt dann oft auf der Zielgeraden einer langen Saison – sowohl mental als auch physisch gerät man da oft ins Hintertreffen.
Dazu werden die Profis immer mehr zu Marketingobjekten gestylt. Im Sommer geht’s regelmäßig auf eine globale Promotion-Tour zur den Fans nach Asien oder Amerika. Jetlag gibt´s dafür inklusive, statt einer gezielten Vorbereitung auf eine lange Saison. Dazu fehlt aber auch eine Winterpause komplett und der Terminplan ist durch die verschiedenen Bewerbe samt Wiederholungsspiele auch sehr straff.
Mit einem Augenzwinkern kann man dann auch Arsene Wengers Arsenal noch erwähnen. Zwar Stammgast in der Königsklasse seit unglaublichen siebzehn Jahren, doch zuletzt immer ein fixes Streichresultat im Achtelfinale. Fünfmal in Folge scheiterten die Gunners zuletzt dort. Nach einem enttäuschenden Hinspiel, folgt meist ein furioses Rückspiel, das aber unterm Strich dann doch wieder nicht für den Viertelfinalaufstieg reicht – so wie heuer gegen den AS Monaco.
Natürlich wird man gerade in England wieder aufrüsten und der internationalen Konkurrenz den Kampf ansagen. Am nötigen Geld wird’s dabei sicher nicht scheitern, ob das alleine dann die wichtigen Europacup-Tore schießt darf bezweifelt werden. Ob langfristig ein Engländer wieder in die Kreis zu den (aktuell) ganz großen drei Barca, Real und Bayern dazustoßen wird können, bleibt spannend.
Werner Sonnleitner, www.abseits.at
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Werner Sonnleitner
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