Sinnbild für Corona-Krise: Championship fährt harten Sparkurs
England 4.September.2021 Stefan Karger
Während die Klubs der Premier League auf dem Transfermarkt weiterhin so agieren, als ob das Geld abgeschafft wäre, müssen die Klubs in den unteren Ligen einen harten Sparkurs fahren.
In der Premier League merkte man im abgelaufenen Transferfenster nichts von der Corona-Krise. Aufgrund der exorbitanten TV-Gelder können die Klubs der höchsten Spielklasse Englands tief in die Kasse greifen. Insgesamt gaben die Premier-League-Vereine knapp 1.3 Milliarden Euro für neue Spieler aus. Auch wenn vergangenen Sommer rund 300 Millionen Euro mehr investiert wurden, kann man angesichts dieser Werte dennoch kaum davon sprechen, dass die Klubs einen Sparkurs fahren, insbesondere wenn man im Vergleich dazu die Zahlen der anderen Top-Ligen betrachtet. Die Serie A liegt mit Ausgaben von rund 550 Millionen Euro auf Platz 2, gefolgt von der deutschen Bundesliga, wo die Vereine rund 420 Millionen Euro für neue Spieler ausgaben. Die Ligue 1 liegt mit rund 380 Millionen Euro auf Platz 4, da in Spanien nach dem geplatzten Mbappe-Deal weniger als 300 Millionen investiert wurden. Der Abstand zwischen der Premier League und den anderen internationalen Ligen ist also beträchtlich.
Noch wesentlich größer ist jedoch das Gefälle zu den unteren Ligen. Die Championship war in den letzten Jahren durchaus finanzkräftig und die Klubs riskierten viel um in die lukrative Premier League zu gelangen. In den letzten fünf Jahren gaben die Vereine stets mehr als 160 Millionen Euro für neue Spieler aus, doch diese Zeiten scheinen jetzt für einige Jahre vorbei zu sein. Gerade einmal rund 45 Millionen Euro nahmen die Klubs für neue Kicker in die Hand, wobei es mit Fulham sogar einen großen Ausreißer gab, der fast für die Hälfte der Gesamtausgaben verantwortlich war. Der Absteiger will sofort wieder in die Premier League zurück und verpflichtete Rechtsaußen Harry Wilson von Liverpool um 14 Millionen Euro und brachte weitere acht Millionen für Flamengo-Mittelstürmer Rodrigo Muniz zum Verhandlungstisch mit.
Die anderen 23 Vereine gaben demnach gemeinsam insgesamt nur etwa so viel aus wie Fulham, was von der Lage in Englands zweithöchster Liga ein deutliches Bild zeichnet. Auffallend ist, dass die beiden anderen Absteiger, West Bromwich Albion und Sheffield United, die so wie Fulham ebenfalls rund 46 Millionen Euro Solidaritätszahlungen – sogenannte „parachute payments“ von der Liga erhielten, dieses Geld nicht für Ablösezahlungen verwendeten. Sheffield verpflichtete lediglich vier Leihspieler und auch West Brom lieh sich drei Spieler aus und holte zwei neue Akteure ablösefrei. Insgesamt wurden von den 24 Vereinen 126 Spieler verpflichtet, wobei nur bei 37 Kickern eine Ablöse zu bezahlen war. Acht Vereine nahmen keinen einzigen Pfund für einen Neuzugang in die Hand.
Experten rechnen damit, dass es noch rund drei Jahre dauern wird, bis sich die Klubs in der Championship von den Folgen der Corona-Krise erholen werden. Das hat natürlich auch große Auswirkungen auf viele andere Ligen. Die österreichische Bundesliga verliert immer wieder Fußballer an die zweithöchsten Spielklassen von Top-Nationen, wobei natürlich hier die zweite deutsche Bundesliga dominiert. In den vergangenen Jahren lockte aber auch die Championship mit lukrativen Angeboten. Der Tormann der österreichischen Nationalmannschaft, Daniel Bachmann, stieg vergangene Saison mit Watford von der Championship in die Premier League auf, Offensivspieler Andreas Weimann absolvierte schon weit über 200 Partien in dieser Liga und der LASK verkaufte vergangenen Sommer Dominik Frieser um knappe zwei Millionen Euro an den FC Barnsley.
Auch der SK Rapid hatte im Jahr 2015 ein extrem gutes Angebot von Brentford für Philipp Schobesberger, das die Hütteldorfer damals jedoch ausschlugen. Sportdirektor Andreas Müller lehnte mehrmals Millionenangebote ab, doch die Londoner ließen lange nicht locker. Am Ende hätte man in Hütteldorf rund fünf Millionen Euro für Schobesberger lukrieren können. Diesen Sommer gab es zwar ein Angebot von Swansea für Kara, doch der Klub entschied sich dann doch für die billigere Variante und verpflichtete Joël Piroe um rund eine Million Euro. Müssten die Championship-Klubs nicht sparen, dann würde vielleicht auch der aktuelle Rapid-Kader etwas anders aussehen.
Stefan Karger
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