Ständig auf der Suche: Jamie Vardys perfekte Einbindung in Ranieris Spielsystem
England 17.Mai.2016 David Goigitzer 0
“Chat S**t, get banged!” – der bekannte Spruch Vardys, entnommen von einem seiner Jahre alten Tweets, ist zum Kult geworden. Der 29-jährige Stürmer hatte in diesem Jahr eine Leistungsexplosion, die aufgrund seines langjährigen Engagements in Englands unteren Ligen der Geschichte noch mehr Romantik zuschießt, als sie sowieso schon hat. Es gibt viele Geschichten über Vardy, genug kann man im Internet nachlesen, viele erzählt man sich wahrscheinlich in den Pubs von Sheffield und Umgebung. Wir möchten uns jedoch auf den Fußballer konzentrieren, und seine Leistungen auf dem Platz. Deswegen haben wir einen der Überraschungsspieler dieses Jahres in Europa für euch analysiert.
Vardys Statistikradar für diese Premier League Saison
Ständig auf der Suche
Vardy hat einen guten Antritt und erreich im Sprint eine starke Höchstgeschwindigkeit und diese Fähigkeiten bestimmen auch sein Bewegungsspiel. Er sucht Räume hinter der Abwehr, Schnittstellen zwischen Verteidigern und nutzt dabei beschränkte Sichtfelder eben jener gut aus. Vor allem bei Hereingaben zeigt er immer wieder kluge Bewegungen.
Vardy positioniert sich zwischen zwei Verteidigern, Zuordnungsprobleme entstehen. Die gut geschlagene Flanke verwertete er mit dem ersten Kontakt mit dem Fuß.
Für Verteidiger ist es natürlich schwierig gleichzeitig auf Ball, Gegner und Mitspieler zu achten. Vardy ist sich dieser hohen Anforderungen bewusst und sucht ständig Situationen, wo er dies in Tore ummünzen kann. Vor allem bei Konter ist er Leicesters Zielspieler. Bei Schnellangriffen kann er seine Stärken, den Raum hinter der Abwehr zu finden, sowie seine Schnelligkeit, am besten nutzen. Christian Fuchs ist hier ein wichtiger Bestandteil von Vardys Spiel, denn dieser spielt sehr präzise Bälle aus der Abwehr oder dem Halbfeld hinter die Abwehr in die Halbräume, wo der Engländer seine Läufe im Bogen am liebsten ausrichtet. Viele der scheinbaren Befreiungsschläge Leicesters in dieser Saison gingen in diese Räume mit dem Wissen, dass Vardy dort hineinstarten wird.
Vardy läuft im Bogen in den Halbraum, zieht Verteidiger Dejan Lovren mit. Den hohen Ball vom Mahrez verwertet er hier mit einem Volley, seine Bewegungen hätte jedoch auch Raum für Okazaki frei gemacht, zu dem er den Ball ebenfalls hätte ablegen können.
Die Defensive
Jamie Vardys primäre Defensivaufgaben beschränken sich im situativen, bogenartigen Anlaufen der Innenverteidiger, dies geschieht jedoch eher in Mittelfeld Zonen, als früh im Spielaufbau des Gegners. Dieses Anlaufen ist auch nur dann intensiv, wenn er eine reelle Chance auf einen Ballgewinn sieht. Meist verhindert er nur Verlagerungen, oder belauert Rückpasswege. In England ist es immer noch nicht besonders gängig, dass Stürmer an der Defensivarbeit teilnehmen, Vardy ist hier keine Ausnahme, wenngleich er eben die bereits genannten, kleinen Aufgaben hat. Seine Zweikampfführung ist natürlich technisch nicht die sauberste, sieht er jedoch die Chance auf einen Ball, dann kämpft er umtriebig und nutzt seine Wendigkeit, um Gegner zu bedrängen. Diese Situationen kommen jedoch nicht allzu oft vor, Vardy soll sich die Kräfte primär für Konter sparen.
Partners in Crime
Wie bereits erwähnt ist Christian Fuchs nicht unwichtig für Vardys Spiel, jedoch gibt es zwei Spieler, die noch deutlich wichtiger sind für den Stürmer: Shinji Okazaki und Riyad Mahrez.
Erstgenannter konnte zwar nur zwei Assists dieses Jahr verbuchen, arbeitet aber alles auf, was Vardy im Pressing nicht machen muss. Der quirlige Japaner ist zudem deutlich kombinationsfreudiger, ergänzt sich also perfekt mit dem Fähigkeitenprofil Vardys, der sich meist nur auf simple Ablagen im Passspiel konzentriert. Okazaki zieht Gegner auf sich, öffnet Räume für Vardy und ist somit der ideale Sturmpartner.
Riyad Mahrez ist von der individuellen Qualität der stärkste Spieler des englischen Meisters, mit elf Assists ist seine Teilnahme an Vardys 24 Toren offensichtlich. Seine gegnerschlagenden Dribblings ziehen Gegner auf ihn- und somit weg von Vardy, der somit ungünstige Sichtfelder der Verteidiger nutzen und sich davonschleichen kann, um in Abschlusspositionen zu kommen.
Fazit
Vardy hatte eine großartige Saison, die Geschichte um ihn herum ist natürlich wunderbar für Fußball-Romantiker. Er wurde in Ranieris System perfekt eingebunden, das Konterspiel passt ihm wie angegossen. Die Frage ist natürlich, wie Vardy in anderen Systemen agieren kann, oder ob er dies überhaupt muss. Auf seine Entwicklung darf man gespannt sein, mit 29 Jahren gehört er unter den vielen superjungen Talenten im Fußball schon fast zum alten Eisen. Seine wahre Erfahrung auf diesem Niveau ist jedoch begrenzt und vielleicht liegt noch viel Potential brach, das er in den nächsten Jahren aufblühen lassen wird.
David Goigitzer, abseits.at
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David Goigitzer
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